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Mehr als Kunststoffrecycling: Die Regeneration von Kohlenwasserstoffen als ein zentrales Element der Kreislaufwirtschaft

Kohlenwasserstoffe sind die Bausteine allen Lebens auf dieser Erde. Photosynthese und Zellatmung stellen hoch effiziente natürliche Prozesse dar, in denen wir den „Stoffwechsel“ täglich im wahrsten Sinne des Wortes „erleben“. Sie bilden einen Kreislauf, den es zu schützen gilt.

Im Laufe der Erdgeschichte haben sich Kohlenwasserstoff-Reservoirs gebildet, die wir seit 150 Jahren als Energieträger und als Grundstoffe zur Herstellung von Kunststoffen nutzen. Sie sind so auch Bausteine unseres Wohlstandes. Die Nutzung dieser Universalressource endet in der Regel mit der Abgabe von CO2 in die Atmosphäre und trägt zur Veränderung des Klimas bei. Kurz: Die Handhabung fossiler Ressourcen gefährdet unseren Wohlstand und letztlich auch unser Leben.

Die Forderung nach Klimaneutralität dominiert die globale Diskussion über die Zukunft der Industriegesellschaft. Sie findet Niederschlag in strategischen und regulatorischen Konzepten. Neben der Vermeidung des Ausstoßes von CO2 steht dabei die Erschließung nachhaltiger Kohlenstoffquellen im Vordergrund. Auf dem Weg in die Kreislaufwirtschaft kommt daher neuen Technologien eine große Bedeutung zu.

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Linearer Lebenszyklus von Kunststoffen und Alternative der Kreislaufführung durch Carboliq (Grafik: Carboliq GmbH)

Das Carboliq-Verfahren
Die Ingenieure der Recenso GmbH haben ein Verfahren zur industriellen Anwendung und kommerziellen Reife gebracht, das die in Abfallströmen enthaltenen Kohlenwasserstoffe unmittelbar wieder nutzbar macht. Das „Carboliq-Verfahren“ ermöglicht die Umwandlung inhomogener hochkalorischer Abfallfraktionen in flüssige und universell verwendbare Kohlenwasserstoffgemische. Diese sind geeignet, in bestehenden verfahrenstechnischen Anlagen der Petrochemie als Grundstoffe für vielfältige Produkte genutzt zu werden. „Carboliq“ ist dabei explizit als Ergänzung zu mechanischen Recyclingverfahren zu sehen. Das Konversionsverfahren setzt da an, wo mechanisches Recycling nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist. Das Carboliq-Verfahren ist einstufig. Es kommt ohne hohe Drücke und hohe Temperaturen aus. Darüber hinaus ist es durch eine hohe Flüssig-Ausbeute und die fehlende Entstehung von Dioxinen und Furanen gekennzeichnet.

Am Standort des Entsorgungszentrums in Ennigerloh betreibt die Carboliq GmbH gemeinsam mit dem kommunalen Entsorger Ecowest GmbH eine Pilotanlage in großtechnischem Maßstab. Diese wurde für die Verarbeitung von Ersatzbrennstoffen aus Restabfällen konzipiert, wie sie in der Mechanisch-Biologischen-Aufbereitungsanlage (MBA) der Ecowest zur Verwendung in Zementöfen und Heizkraftwerken hergestellt werden. Sie ist als Abfallbehandlungsanlage qualifiziert und für den vollkontinuierlichen Betrieb nach BImSchG genehmigt. Der Prozess ist nach ISCCplus zertifiziert.

Die Anlage läuft seit Anfang 2021 im 24/7-Dauerbetrieb. In mehreren Kampagnen wurden gemischte und kontaminierte Kunststoffabfälle in einen Mix flüssiger Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Die dabei erhobenen Daten erlauben die Aufstellung geschlossener Massen- Stoff- und Energiebilanzen. Diese werden derzeit von unabhängigen Fachleuten verifiziert. Bezogen auf den Lebenszyklus einer Tonne Kunststoff, reduziert die Anwendung von Carboliq im Vergleich zur Verbrennung die CO2-Emmissionen um mindestens 45 Prozent (bei Einsatz regenerativ erzeugter Elektroenergie: 64 Prozent). Als „Carboliq Circular Liquid Resource“ (CLR) wird das Produkt von der Petrochemie nachgefragt und derzeit primär als Ausgangsstoff zur Herstellung von Basischemikalien (Ethylen) eingesetzt. Grundsätzlich ist CLR auch als Energieträger und -speicher nutzbar. Beide Wege sind empirisch belegt. Handhabung und Handel mit CLR unterliegen nicht mehr dem Abfallregime. Bei der energetischen Nutzung des Produkts zählt die Konversion nach geltendem Recht nicht mehr als Recycling.

In einer Kreislaufwirtschaft wird Abfall zur Ressource, und die Eigentümer des Abfalls werden die damit verbundenen Werte für sich reklamieren. Mit der Carboliq-Technologie steht eine Technologie zur Verfügung, die ab einer jährlich verfügbaren Einsatzmenge von 25.000 Tonnen heizwertreicher Fraktionen eine positive Wertschöpfung durch Verflüssigung erlaubt. Es ist daher naheliegend, dass entsprechende Anlagen dezentral betrieben werden. Die Carboliq GmbH wird noch im laufenden Jahr mit dem Bau einer weiteren Anlage zum Eigenbetrieb beginnen. Die erste Ausbaustufe hat ein Output-Vermögen von 10.000 Tonnen pro Jahr. Parallel arbeitet die Petrochemie an Kapazitäten zur Aufbereitung der Universalressource im Hinblick auf ihre Bedarfe. So schließt sich der Kreis: Carboliq gewinnt und regeneriert Kohlenwasserstoffe durch Zerlegung von Reststoffen organischen Ursprungs. Die so gewonnenen chemischen Bausteine erlauben die Verarbeitung in bestehenden Prozessen zu Endprodukten höchster Qualität.

www.carboliq.com [2]
www.recenso.eu [3]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2022, Seite 44, Foto: Carboliq GmbH)