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CO2-Bepreisung von Siedlungsabfällen wäre verkappte Steuererhöhung

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat seine Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) eingereicht. Mit dem Gesetz soll die CO2-Bepreisung ab 2023 insbesondere auf Abfälle ausgeweitet werden. Insgesamt kämen mit der Novelle auf die Verbraucher im nächsten Jahr Zusatzbelastungen von 900 Millionen Euro zu, die im Jahr 2024 die Milliardengrenze überschreiten würden, kritisiert der VKU.

Eine CO2-Bepreisung der Müllverbrennung und damit eine zwangsläufige Erhöhung der Abfallgebühren hätten nach Ansicht des Verbandes keine klimaschützende Lenkungswirkung, „da diese Anlagen einen gesetzlichen Entsorgungsauftrag zu erfüllen haben und nicht auf andere Brennstoffe ausweichen können. Ein CO2-Preis ohne Lenkungswirkung muss aber als verkappte Steuer bewertet werden, und das Bundeswirtschaftsministerium hat sogar mit einer Einnahmeerwartung von 900 Millionen Euro allein für 2023 die Zusatzbelastung für die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst klar benannt. Während Deutschland unter steigenden Energiekosten ächzt und über Entlastungspakete diskutiert, wird mit diesem Gesetzentwurf eine Zusatzbelastung in unvertretbarer Größenordnung durch politische Entscheidungen geschaffen. In der aktuellen Lage sollte dies ausgeschlossen sein.“

Der VKU hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach deutlich gegen eine Ausweitung des nationalen Brennstoff­emissionshandels auf die thermische Siedlungsabfallbehandlung ausgesprochen. Ein solcher Schritt würde als nationaler Alleingang das Preisgefälle bei den Abfallbehandlungskosten in Europa weiter vergrößern und damit erhebliche Anreize für steigende Müllexporte schaffen. VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ist sich sicher: „Deutschland müsste sich den Vorwurf gefallen lassen, durch steigende Müllexporte die eigene Klimabilanz schön zu rechnen. Da in anderen Ländern sogar noch die besonders klimaschädliche Deponierung zulässig ist, würde ein nationaler Alleingang beim CO2-Preis dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen.“

Das Vorpreschen des Bundeswirtschaftsministeriums stößt beim VKU auch deshalb auf großes Unverständnis, weil in Brüssel aktuell im Rahmen des „Fit für 55-Klimapakets“ intensiv über eine mögliche Einbeziehung der Müllverbrennung in den Europäischen Emissionshandel diskutiert wird – dann allerdings erst nach einer gründlichen Folgenabschätzung, bei Wahrung einer mehrjährigen Übergangsfrist und in allen EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig. Liebing: „Über einen Emissionshandel für die energetische Abfallverwertung kann sinnvollerweise nur Brüssel entscheiden, nicht Berlin.“

Als besonders problematisch bewertet der VKU, dass gerade Mieterhaushalte überproportional belastet würden. Denn diese hätten mit ihren Abfallgebühren zum einen den Durchschnitts­emissionsfaktor der Müllverbrennungsanlagen unter Einrechnung der sehr kunststoffhaltigen Gewerbeabfälle zu bezahlen. Zum anderen hätten Mieter in Großwohnanlagen circa ein Drittel mehr Restmüll als Eigentümer von Einfamilienhäusern und würden dementsprechend auch mehr Zertifikatekosten zu tragen haben. Ingbert Liebing hält einen CO2-Preis für die Siedlungsabfallentsorgung daher auch für sozial ungerecht.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2022, Seite 9, Foto: Zweckverband Abfallwirtschaft Raum Würzburg / abfallbild.de)

 

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