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Produktverantwortung 2.0 für Verpackungen

Jeder muss sich registrieren und seiner Produktverantwortung nachkommen: Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes zum 1. Juli 2022 reagiert der Gesetzgeber auf massive Veränderungen im Markt mit Auswirkungen auf die Verpackungen.

Vor allem der Onlinehandel und der To-Go-Konsum stehen im Fokus der Neuerungen, die auf mehr Transparenz und Fairness im Verpackungsrecycling-Markt abzielen. Zehntausende von Registrierungen allein aus China zeigen, dass der Abbau der Wettbewerbsverzerrungen durchgestartet ist.

Markt für Konsumgüter hat sich geändert
Insbesondere die Corona-Pandemie hat zu einem sprunghaften Wachstum des Onlinehandels und des To-Go-Konsums geführt. Die Verbraucher nutzen die digitalen Möglichkeiten und kaufen zunehmend online ein. Jedes Jahr werden im deutschen Markt mehr Pakete verschickt – die Pandemie hat diese Entwicklung deutlich beschleunigt. So kletterte die Zahl der Sendungen 2020 erstmals über die Marke von vier Milliarden pro Jahr.

Diese Steigerung im Sendungsvolumen geht einher mit wachsenden Umsatzzahlen im E-Commerce. Elektronische Marktplätze spielen dabei eine immer größere Rolle. Eine Trendwende ist nicht zu erwarten – ganz im Gegenteil. Onlinehandel und To-Go-Konsum zeigen einen gesellschaftlichen Wandel an. Gleichzeitig entwickeln sich Verpackungen für die verschiedenen Waren ungünstig weiter. Im Zuge der Plastikdiskussion werden vermeintliche Papierverpackungen entwickelt, die aber aus Recycling-Sicht wenig sinnvoll sind. Die irreversiblen Änderungen im Verpackungskonsum haben den Gesetzgeber vor neue Herausforderungen gestellt.

„Der Markt für Konsumgüter und deren Verpackungen haben sich in den vergangenen Jahren signifikant geändert. Von der Anzahl der Produktverantwortlichen über die Anzahl der verkauften Einheiten bis zum Versand – alles ist gewachsen, die Verpackungen sind aus neuen Materialien. Das bedeutet, dass die Produktverantwortung mitwachsen muss“, erklärte Gunda Rachut, Vorstand der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR), auf einer Pressekonferenz.

Mehr Transparenz dank Vollregistrierung
Keine Ausnahmen mehr: Um die Ziele der Abfallhierarchie zu erreichen, benötigt der Verpackungsrecycling-Markt im ersten Schritt mehr Transparenz, Fairness und Wettbewerbsgleichheit. Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes und der damit verbundenen, erweiterten Registrierungspflicht hat der Gesetzgeber einen guten Teil des Weges bereits geschafft. Jedes Unternehmen, das in Deutschland verpackte Ware in Verkehr bringt, musste sich bis zum 1. Juli 2022 im öffentlichen Verpackungsregister „Lucid“ unter Angabe seiner Verpackungsarten registrieren. Ansonsten darf es die jeweilige Ware nicht mehr vertreiben. Zudem berücksichtigen die neuen Regelungen die zentrale Bedeutung, die der Onlinehandel im Konsumverhalten der Verbraucher hat und auch weiterhin haben wird.

Rachut: „Viele Versandhändler haben bislang ignoriert, dass sie für das Recycling ihrer Verpackungen bezahlen müssen. Mit der neuen Registrierungspflicht erhöht sich der Druck, ihrer Produktverantwortung nachzukommen.“ Elektronische Marktplätze müssen künftig kontrollieren, ob sich die Onlinehändler, die auf ihren Plattformen ihre Waren verkaufen, an die Pflichten halten. Verstoßen die Händler gegen die gesetzlichen Bestimmungen, dürfen die Marktplätze ihnen das Vertreiben der Waren nicht mehr ermöglichen.

Eine ähnliche Regelung gilt für Fulfillment-Dienstleister. Auch für den To-Go-Bereich gibt es Nachjustierungen: Für die Inverkehrbringer von Pizzakartons, Coffee-To-Go-Bechern, Brötchentüten, Metzgerfolien und allen anderen Verpackungen, die an der Verkaufsstätte oder auf Märkten mit Ware befüllt werden (Serviceverpackungen), muss eine Registrierung im Verpackungsregister „Lucid“ vorliegen. Damit hat der Gesetzgeber auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre reagiert und dem Boom der To-Go-Verpackungen Rechnung getragen.

Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes ist der Weg noch nicht zu Ende. Vor allem auf europäischer Ebene sind in nächster Zeit maßgebliche Neuerungen zu erwarten. Die EU entwickelt ihre Verpackungsrichtlinie weiter. Es werden Mehrwegquoten, definierte Standards für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und der Ausbau des Rezyklateinsatzes erwartet. Damit sind Herausforderungen für Industrie und Handel verbunden, die sich unter anderem auch auf neue Berichtspflichten einstellen müssen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2022, Seite 18, Foto: jacqueline macou / pixabay.com)