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Fachbeitrag: Muss es immer eine Sprinkleranlage sein?

Recycling- und Entsorgungsunternehmen haben seit vielen Jahren Probleme, im Bereich der Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung einen adäquaten Versicherungsschutz zu wirtschaftlichen Bedingungen zu erhalten. Dabei fallen in Gesprächen zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer Sätze wie dieser immer häufiger: „Bei Ihnen brauchen wir eine flächendeckende Sprinkleranlage“.

Die gestiegenen Anforderungen, die sich nicht nur in anlagetechnischen Brandschutz und in organisatorischen Maßnahmen niederschlagen, sondern die meist auch noch mit deutlichen Prämienerhöhungen und Anstiegen der Selbstbeteiligungen einhergehen, haben allerdings auch ihren Grund. Nach einer Statistik des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) liegen Recyclingunternehmen mittlerweile beim Schadensaufkommen an der Spitze. Dieser Platz war früher der holzverarbeitenden Industrie (inkl. Sägewerke) vorbehalten, wurde aber mittlerweile von der Recyclingwirtschaft „erobert“.

Muss es immer eine Sprinkleranlage sein? Die Elmar Sittner Risikomanagement und Versicherungsberatung in Leipzig ist zu der Überzeugung gelangt, dass dies nicht der Fall ist. Flächendeckende Sprinkler- oder Sprühflutlöschanlagen sind bei keinem Unternehmen, die – und die meisten schon seit mehr als 15 Jahren – in sämtlichen Fragen rund um den betrieblichen Versicherungsschutz beraten werden, vorhanden. Aber natürlich hat es auch im Kreise dieser Unternehmen eine stetige Entwicklung im anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutz gegeben. Seit einigen Jahren ist auch eine andere Technik aus dem Zusammenwirken von Wärmebildkameras und Wasser-/Schaumwerfern von vielen Versicherern anerkannt. Beim Einsatz dieser Technik wird natürlich häufig durch die spezifischen Gegebenheiten eine Grenze gesetzt. In einer Ersatzbrennstoffanlage wird man diese technischen Maßnahmen nicht umsetzen können, in einer Annahmehalle (zur Überwachung des Bunkers) aber schon. Wie schützt man dann aber eine solche Ersatzbrennstoffanlage (oder jedwede andere Recyclinganlage)? Die Antwort der Versicherer fällt – wie schon gezeigt – leider im Moment relativ einfach aus.

Möglichkeiten der Risikominderung
In einem Verband von öffentlichen Abfallentsorgungs- und Recyclingunternehmen wird seit vielen Jahren ein reger Erfahrungsaustausch über Gefahrenquellen und den Möglichkeiten der Risikominderung geführt. Verschiedene Risikoquellen werden regelmäßig identifiziert, und es werden Lösungen zur Gefahrenbeseitigung oder deren Beherrschung ausprobiert. Natürlich ist dieses Vorgehen sehr viel zeitraubender als die Installation einer flächendeckenden Sprinkleranlage. Und es geht auch mit der Unsicherheit einher, vielleicht etwas zu übersehen und daher eventuelle weitere Gefahrenbereiche ungeschützt zu lassen.

Da es aber auch zunehmend innovative Unternehmen gibt, die neue Techniken und Systeme der Branddetektion und -bekämpfung anbieten, kann man auf diese Art und Weise die Risiken beherrschbar und für Versicherungsgesellschaften profitabel versicherbar gestalten. Immerhin liegt der letzte Großschaden über eine Million Euro in diesem Kreise (ASA Versicherungspool) über fünf Jahre zurück, und die Rentabilität der Verträge (in diesem Verband gibt es Poolverträge für die Feuer- und EC-Versicherungen sowie die Betriebsunterbrechungsversicherungen) liegt für die an den Poolverträgen beteiligten Versicherer bei einer Schadensquote (über einen Zeitraum von zehn Jahren) von unter 30 Prozent. Dieser Referenzzeitraum ist lang genug und die Zahl der Anlagen ist mit mehr als 20 auch hoch genug, um nicht per se als Zufallsbetrachtung abgetan werden zu können.

Zufällig ist das Ganze nämlich nicht zustande gekommen, sondern es hat auch etwas mit einer Steigerung des Wissens um das Risiko beim Betriebspersonal zu tun. Sowohl Geschäftsführer öffentlicher Unternehmen als auch die Inhaber von privaten Recyclingunternehmen fürchten in der Regel den Schadenfall, da einerseits die Entsorgungssicherheit für den kommunalen Siedlungsabfall nicht mehr gewährleistet ist, andererseits die Kunden sich andere Geschäftspartner suchen.

Die Mitarbeiter von vielen Anlagen wissen, dass ein Großschaden letztendlich ihren Arbeitsplatz bedrohen könnte, da vielfach von einem Totalschaden betroffene Anlagen nicht mehr wieder aufgebaut werden. Viele Mitarbeiter sind im Übrigen in den freiwilligen Feuerwehren der umliegenden Gemeinden aktiv. Wenn man diese Umstände nutzt und regelmäßig Schulungen veranstaltet (meistens auch mindestens einmal pro Jahr zusammen mit der zuständigen Feuerwehr), so erreicht man auf diese Weise schon ein höheres Maß an Betriebssicherheit. Letztendlich gilt immer noch: Brandschutz beginnt mit dem Besen in der Hand!

Pragmatische Lösungen zulassen
Aber was ist nun, wenn man zum Beispiel noch einen relativ alten Zerkleinerer hat, der über keine Objektlöschanlage verfügt? Zerkleinerer stellen nur dann eine Gefahr dar, solange sie in Betrieb sind. Wenn Sie komplett materialfrei und abgeschaltet sind, brechen in der Regel keine Brände aus. Pragmatische Versicherer akzeptieren hier Lösungen wie einen Sandhaufen neben dem Zerkleinerer. Der Radladerfahrer, der den Zerkleinerer beschickt, ist dann sehr schnell in der Lage, einen Entstehungsbrand mittels einer Radladerschaufel voll Sand zu löschen. Wenn kein Radlader, sondern ein Kran den Zerkleinerer beschickt, so gibt es Quader, in die ein Kubikmeter Wasser passt und die vom Kran über dem Zerkleinerer geleert werden können. Dies sind natürlich keine VdS-anerkannten Lösungen, aber sie funktionieren!

Das Problem ist, dass die Brandschutzingenieure und Underwriter, die entgegen den VdS-Richtlinien solche Lösungen akzeptieren, ein gewisses persönliches Risiko eingehen, wenn trotz alledem ein Brand ausbricht. Wenn man aber von vornherein eine VdS-anerkannte Sprinkler- oder Sprühflutlöschanlage fordert, dann ist man immer auf der sicheren Seite.

Darf es ein wenig mehr sein?
Diese Devise gilt bei Versicherern im gesamten Industrieversicherungsmarkt, aber im Speziellen natürlich bei den sogenannten schweren Risiken, zu denen leider Recycling- und Abfallentsorgungsunternehmen in besonderem Maße zu zählen sind. Es gibt ja nur noch eine Hand voll Versicherer, die sich mit diesen Betriebsarten überhaupt noch beschäftigen. Wer will es Versicherern verdenken, wenn sie Jahr für Jahr mehr Prämie erhalten, die Selbstbehalte steigern können sowie zusätzlich noch Auflagen hinsichtlich des anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutzes machen können, dies alles auch zu fordern.

Zu Beginn der Tätigkeit von Elmar Sittner in diesem speziellen Marktsegment lag die normale Feuerversicherungsprämie zwischen 1 ‰ und 2 ‰. Heute liegen sie in der Regel oberhalb von 4 ‰, manchmal sogar noch höher. Gleichzeitig sind die Selbstbeteiligungen von Euro 0,00 (das war tatsächlich am Anfang der gängige Selbstbehalt!) auf mittlerweile im Durchschnitt über 150.000 Euro pro Schaden (für Feuer- und Betriebsunterbrechungsschäden) gestiegen.
Bei vielen kleineren Recyclingunternehmen, denen nur noch ein Versicherer in Deutschland überhaupt Versicherungsschutz anbietet (in der Regel, weil der Brandschutz den anderen Versicherern als zu gering erscheint), liegen die Prämiensätze sogar schon weit im zweistelligen Bereich. Ob diese Prämiensätze notwendig sind, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Glaubt man den Statistiken der Versicherer (andere gibt es nicht), dann ist dies so. Die Erfahrungen der Elmar Sittner Risikomanagement und Versicherungsberatung (die sich nur auf einen kleinen Teil des Marktes beziehen) vermögen dies allerdings nicht zu stützen.

Ist ein Ende dieser Entwicklung abzusehen?
Diese Frage wird zunehmend häufiger von Kunden gestellt. Die Antwort: Niemand weiß genau, wie lange diese, für die Versicherungswirtschaft sehr günstige Marktphase anhalten wird. Solange es tatsächlich nur ganz wenige Versicherer gibt, die solche Risiken zeichnen, ist zu befürchten, dass sich nicht viel ändern wird. Ein guter Teil des Risikos des von Elmar Sittner verwalteten Versicherungspools ist schon außerhalb des deutschen Marktes platziert worden.

Aufgrund der horrenden Preise verzichten Unternehmen – Tendenz steigend – gänzlich auf Versicherungsschutz oder versichern die Anlagen nicht mehr zum Neuwert, sondern zum Zeitwert. Dies kann im Fall eines Schadens sehr schnell existenzbedrohend werden. Öffentliche Unternehmen gehen diesen Weg noch nicht. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch dort zukünftig vermehrt Risiken selbst getragen werden. Dies wäre dann wohl nicht existenzbedrohend, denn im Zweifel müsste der Gebührenzahler einspringen.

Eine deutliche Entspannung des versichererfreundlichen Marktumfeldes in der Feuer- und Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung (und damit der gesamten Sachversicherung) von Recycling- und Entsorgungsunternehmen ist im Moment nicht in Sicht. Es ist aber in Verhandlungen immer noch möglich, Versicherungsschutz zu einigermaßen vertretbaren Konditionen zu erhalten, ohne (oft nur aus Sicht von Versicherern sinnvoller) kostentreibende Investitionen in den anlagentechnischen Brandschutz zu unternehmen.

Sparen bei Versicherungsprämien können viele Unternehmer aber in anderen Bereichen wie zum Beispiel den Maschinenversicherungen, den Elektronikversicherungen oder aber auch der Haftpflichtversicherung. Dies wird die Preiserhöhungen bei der Feuerversicherung nicht aufwiegen; aber eine gewisse Kompensation ist dort häufig möglich.

Autor: Elmar Sittner Risikomanagement und Versicherungsberatung, www.sittner-versicherungsberatung.de [1]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2022, Seite 34, Foto: Ossie / stock.adobe.com)

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