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Die Erwartungen der WtE-Branche: gedämpft

In der Waste-to-Energy-Branche ist ein deutlicher Stimmungseinbruch zu erkennen. Zumindest die Betreiber von Anlagen der thermischen Abfallbehandlung erwarten eine zunehmend schlechtere Geschäftsentwicklung und gehen von einem weiteren Abwärtstrend aus.

Hingegen ist in der WtE-Industrie die Auftragslage noch gut; Sorgen bereiten aber vor allem die steigenden Kosten. Das ist das Ergebnis des aktuellen Waste-to-Energy- (WtE-) Branchenbarometers von CEWEP und ecoproc.

Skepsis bei den Anlagenbetriebern
Bei den Anlagenbetreiber sank das Geschäftsklima von 104 Punkten im Vorjahr auf 88 im Jahr 2022 – der stärkste Rückgang in einem Jahr seit der ersten Befragung im Jahr 2012. So berichten 40 Prozent der WtE-Einrichtungen-Betreiber von einer sinkenden Nachfrage in den vergangenen zwölf Monaten: Lediglich zehn Prozent sehen eine steigende Nachfrage. Die Auslastung ihrer Anlage während des letzten Jahres bezeichneten knapp drei Viertel (71 Prozent) der Befragten als in etwa gleichgeblieben; nur ein knappes Viertel (24 Prozent) sieht sie als gesunken an. Die gegenwärtige Auslastung ihrer Anlage schätzten über die Hälfte der Betreiber (54 Prozent) als ausreichend, ein Viertel (27 Prozent) als „verhältnismäßig groß“ ein.

Dennoch bewerten noch immer 90 Prozent der befragten Betreiber ihre aktuelle Geschäftssituation als gut oder befriedigend. Positiv schlägt die noch vergleichsweise gute Einschätzung der eigenen Geschäftslage zum Teil auch als Folge gestiegener Erlöse im Energiebereich zu Buche. Hinzu kommen Lieferkettenprobleme und hohe Energiekosten, die in der Industrie zu Produktionsausfällen und auch zu einem Einbruch in der Bauwirtschaft geführt haben. Für die kommenden Monate ist die Branche jedoch skeptisch. 36 Prozent der Anlagenbetreiber erwarten einen ungünstigeren Geschäftsverlauf, nur etwa halb so viele eine Erholung.

Aussichten für die Industrie: moderat
Die WtE-Industrie ist weniger skeptisch als die Anlagenbetreiber. Ähnlich wie bei diesen wird die aktuelle Geschäftslage mit 44 Punkten überwiegend als gut oder befriedigend bewertet. Mit 39 Punkten ist hier der zweithöchste Wert der vergangenen zehn Jahre erreicht, nur übertroffen vom Vorjahreswert (54 Punkte). Knapp ein Drittel der Unternehmen (31 Prozent) attestierten sogar eine zunehmende Nachfrage in den vergangenen zwölf Monaten, 27 Prozent einen gestiegenen Auftragsbestand.

Selbst die Aussichten auf die Zukunft sind in der Industrie moderat; Optimisten und Pessimisten halten sich hier in etwa die Waage. Die Ursachen der moderaten Einschätzung sind aus der Sicht von ecoprog die – trotz der sich anbahnenden Schwäche am Abfallmarkt – vergleichsweise positiven Rahmenbedingungen für die Industrie. Diese lassen sich durch einen veralteten europäischen Anlagenpark, Nachrüstungen – auch als Folge zunehmend strengerer Auflagen – sowie die insbesondere in Süd- und Osteuropa noch immer anstehende Transformation der Abfallwirtschaft zu Deponie-freien Lösungen charakterisieren.

Steigende Kosten erwartet
Die gestiegenen Kosten der vergangenen Monate sind ein Hauptproblem der Branche. Die Betreiber betreffen vor allem die gestiegenen Kosten für Betriebsmittel und Instandhaltung, Wartung und Energie. Hinzu kommen sinkende Annahmepreise, wie sie von der Hälfte der Befragten erwartet werden; 27 Prozent gehen allerdings auch davon aus, dass die Preise steigen werden. Zu den aktuellen Schwierigkeiten gehören die Lieferkettenproblematik und der Ukrainekrieg, derentwegen 42 Prozent der Anlagenbetreiber rückläufige Mengen an Gewerbeabfällen erwarten; nur ein knappes Viertel (22 Prozent) glaubt an eine Entspannung im kommenden Jahr. Die gestiegenen Kosten stellen auch für die Industrie das größte Problem dar, gefolgt von der Verfügbarkeit der Vorprodukte. Die Fachkräfteflaute, die sicherlich keine Folge von Corona-Krise und Ukraine-Krieg ist, folgt immerhin knapp dahinter.

Befürchtete Folgen der Taxonomie-Verordnung
Darüber hinaus sieht sich die Branche mit der Taxonomie-Verordnung der EU konfrontiert, da infolge der neuen Gesetzgebung Investitionen in die Abfallverbrennung als nicht-nachhaltige gelten. Infolgedessen befürchten 60 Prozent der Befragten, zukünftig Probleme zu bekommen, etwa im Hinblick auf Finanzierung oder die Akquisition von Fördermitteln. Und elf Prozent vertreten die Ansicht, dass der Beschluss der Taxonomie-Verordnung schon heute – etwa im Hinblick auf laufende Finanzierungen – Auswirkungen hat. Nach den volkswirtschaftlichen Folgen befragt, sehen rund 45 Prozent voraus, dass Investitionen in das Recycling von Schlacken schwieriger werden, da die Anreize hierfür sinken. Erschwernisse erwarten rund 55 Prozent bei der Einbindung von WtE-Anlagen in Fernwärmenetze und damit dem Ersatz fossiler Energieträger. 75 Prozent befürchten eine Verteuerung der Abfallentsorgung, und 85 Prozent vertreten die Ansicht, dass in Ländern, in denen die Deponierung von Abfällen gang und gäbe ist, der Aufbau einer funktionierenden infrastruktur zur Abfallbehandlung auf Schwierigkeiten stoßen wird. Als konkrete Folgen der Taxonomie-Verordnung für die eigene Arbeit erwarten rund 20 Prozent rückläufige Geschäfte, 30 Prozent zunehmende Probleme mit Investoren bzw. Kreditgebern und über 45 Prozent größere Schwierigkeiten bei Projektfinanzierungen. Allerdings ist auch über die Hälfte der Befragten überzeugt, dass mangels Alternativen die Abfallverbrennung wichtig und auch der Markt stark bleiben wird.

Quelle: CEWEP / ecoprog

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2022, Seite 31, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)