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Bundespreis Ecodesign 2022: Neue Impulse fürs Recycling

Herausragend gestaltet, umweltverträglich und zukunftsweisend – nach diesen Kriterien wurden die Einsender zum Bundespreis Ecodesign 2022 bewertet. Zu den 14 Gewinnern in verschiedenen Klassen zählten auch diesmal einige Innovationen, die zu spürbaren Auswirkungen auf den Recycling-Kreislauf führen werden.

REX: Stapelstuhl mit Pfand
Zu den Preisträgern in der Kategorie „Service“ gehört REX, ein stapelbarer Stuhl, hergestellt aus recycelten Industrieabfällen wie Bürostuhlteilen, Fischernetzen oder Teppichen. Die Besonderheit dieser Neuauflage eines preisgekrönten Entwurfes aus dem Jahr 2011: Diese Sitzgelegenheit kann als erster niederländischer Pfandstuhl jederzeit bei den örtlichen Circuform-Sammelstellen gegen eine Rückzahlung zurückgegeben werden. Dort prüft und reinigt man ihn, repariert ihn bei Bedarf und verkauft ihn weiter – ebenfalls mit Pfand. Die Designerin Ineke Hans hofft auf weitere Anregungen, um „Produktion, aber auch Konsum neu zu denken“. Den von der Firma Circuform B. V. und dem Studio Ineke Hans vorgestellten Stuhl bezeichnete Juror Werner Aisslinger als den „Inbegriff eines kreislauffähigen Möbelstücks“, bei dem „herausragendes Design auf durchdachtes Pfandsystem trifft“.

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Bild: IDZ | RS Recommerce Technologies GmbH

reverse.supply: Secondhand-Plattform
Als weiterer Preisträger in der Kategorie „Service“ wurde die RS Recommerce Technologies GmbH für ihr Plattform reverse.supply gewürdigt. Das Unternehmen will Modehändlern eine Möglichkeit bieten, ihren eigenen Secondhand-Shop auf- oder auszubauen und sowohl nachhaltig als auch wirtschaftlich sinnvoll mit Retouren, Überhängen oder B-Ware umzugehen. In die jeweilige Webseite eingebaut, übernimmt reverse.supply Sammlung, Aufbereitung, online-Präsentation und Versand von Secondhand-Waren. Für Marketing Lead Elsa Sonntag soll damit eine Lücke geschlossen werden, um Modeunternehmen Einfluss oder Zugriff auf ihre gebrauchten Produkte zu ermöglichen und so Secondhand-Mode zu „einer gleichwertigen Alternative zum Neukauf“ zu machen. Für Jurorin Prof. Friederike von Wedel-Parlow entstehen damit Anreize für Marken, „sich am Wiederverkauf zu beteiligen“, und es werde „eine Kultur der Wertschätzung und Wiederverwendung von Bekleidung“ gefördert.

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Bild: IDZ | Midgard Licht GmbH

AYNO: LED und Trafo austauschbar
Die preisgekrönten Produkte der AYNO Leuchtenfamilie zeichnen sich dadurch aus, dass durch Steckverbindungen der Leuchten LED und Trafo ausgetauscht werden können. Darüber hinaus bestehen die Objekte aus recycelten Werkstoffen, die sich selbst leicht in drei recycelbare Primärwerkstoffe trennen lassen. Nach Darstellung des Design-Studios Diez Office und dem Hersteller Midgard Licht GmbH liegt damit „eine der ersten durch Kund*innen werkzeugfrei reparierbaren LED Leuchten“ vor. Außerdem ermögliche der Ansatz der Reparierbarkeit, des lokalen Sourcings und der Verwendung von Halbzeugen eine ganz andere Form der Globalisierung, als sie bisher praktiziert wurde. Laut Juror Prof. em. Günter Horntrich überzeugt der „sehr ikonische Entwurf“ als Gesamtkonzept, „bei dem durch minimalen Materialeinsatz und das Prinzip der Spannung erheblich Ressourcen eingespart und gleichzeitig vielfältige Einsatzmöglichkeiten erzeugt werden“.

Molto Luce X-Change: für Platinenwechsel
Die Molto Luce X-Change Technologie ermöglicht den einfachen Wechsel einer LED-Platine, ohne die gesamte Leuchte tauschen zu müssen. Der Wechsel erfolgt mittels Bajonette-Verschluss und funktioniert komplett werkzeuglos. Bei einem Defekt, einer Anpassung an effizientere Komponenten oder Änderungen der Lichtfarbe, Lichtstrom oder CRI-Werte muss nicht mehr die gesamte Leuchte getauscht werden, sondern nur das serienfertige Chip-on-Bord-LED-Modul. Dies führt zu weniger Materialverschwendung sowie einem geringeren Transportaufwand. Der Hersteller, die österreichische Molto Luce GmbH, rechnet mit einer markanten Stromreduktion und einem erheblichen Beitrag zur Kostenersparnis. Produktmarketing-Experte Michael Aigner geht davon aus, dass sich in fünf Jahren der Austausch der LED-Platine etabliert haben wird. Die Preisvergabe in der Kategorie „Produkt“ begründet Juror Prof. em. Günter Horntrich mit der material- und kostensparenden Umrüstung im Falle einer Bedarfsänderung und der Grundlegung für ein nachhaltigeres Design zukünftiger Leuchten.

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Bild: IDZ | Steelcase AG

Steelcase Flex Perch: neuartige Herstellung
Am Anfang der Entwicklung des Steelcase Flex Perch Stehhockers stand die Mission, einen hochfunktionalen Bürohocker zu entwickeln, der die neuen Arbeitswelten unterstützt und umweltschonend produziert werden kann. Er sollte dem Anspruch an Haltbarkeit, geringes Gewicht und Nachhaltigkeit gerecht werden, erklärt Senior Product Specialist Simona Notarangelo. Die Suche endete mit der Entdeckung des per „ChemCycling“ entwickelten Recycling-Kunststoffs der BASF. Mithilfe dieses Verfahrens entsteht aus einem Abfallstrom der Elektronikproduktion ein neuartiger Rohstoff, der sowohl Abfälle als auch den Einsatz fossiler Ressourcen reduziert. Der mit einem Preis in der Kategorie Produkte honorierte Stehhocker der Steelcase AG überzeugt nach Ansicht von Produktdesigner Werner Aisslinger „durch seinen innovativen Materialherstellungsprozess“ und aufgrund des modularen und stapelbaren archetypischen Designs.

Fertigteil-Fundamente: innovatives Konzept
Fehlendes qualifiziertes Personal, schlechtes Wetter, Arbeitssicherheit, Risiken im Zeitplan sowie die Unmengen von Beton und Logistik erschweren den Bau von Windkraftanlagen. Die Fertigteil-Fundamente der Smart & Green Mukran Concrete GmbH sollen Abhilfe schaffen. Laut Herstellerangaben bestehen sie aus vorgefertigten Rippen- und Ringelementen sowie dem Ankerkorb und benötigen bis zu 70 Prozent weniger Beton. Sie können mit etwa 40 Standard-Lkw zur Baustelle gefahren und dort innerhalb einer Woche installiert werden. „Die Fundamente werden rückstandslos demontiert und können unter gewissen Voraussetzungen wiederverwendet, in jedem Fall aber recycelt werden“, geben die Entwickler an. Das Unternehmen plant und hofft auf potenzielle Partner, um bereits im kommenden Jahr die Serienproduktion aufnehmen zu können. Für die Bundespreisjurorin Dr. Bettina Hoffmann MdB ist das Projekt Fertigteil-Fundamente „ein echter ‚Game-Changer‘, der den Ausbau der Windkraft an Land beschleunigen und vereinfachen kann“.

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Bild: IDZ | Maren Klamser

5 TONS: Bauen ohne Mörtel
Mit dem Nachwuchs-Preis wurde 5 TONS bedacht, entwickelt durch Maren Klamser von der Bauhaus-Universität Weimar. Hergestellt aus Ziegelmehl von Mauerwerksbruch und rezyklierter Gesteinskörnung aus mineralischem Bauschutt, präsentiert sich 5 TONS als recyclingfähiger, mineralischer Feststoff. Bei seinem Einsatz kann auf Mörtel verzichtet werden, der aufgrund des Materials und einem durchdachten System zum Zusammenfügen der Bauteile überflüssig wird. Außerdem stellt das Material eine Entlastung für primäre Rohstoffe und Deponien dar. „Intelligentes Stapeln und Verzahnen ersetzt den Mörtel; dadurch ist auch ein Rückbau möglich“, beschreibt Juror Prof. Matthias Held die Vorteile. Für Maren Klamser hat das Projekt den Status des Proof-of-Concept durchlaufen. Inzwischen sind die Druckfestigkeit überprüft und die Recyclingfähigkeit nachgewiesen; dennoch seien die Potenziale des Materials noch nicht ausgeschöpft.

Weitere Informationen unter www.bundespreis-ecodesign.de/de [5].

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2023, Seite 56, Foto: IDZ | Studio Ineke Hans & Circuform B.V.)