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BG Verkehr sagt Absturzunfällen den Kampf an

Abstürze aus Fahrzeugen verursachen bei den Betroffenen oft schwere, mitunter lebenslang nachwirkende Verletzungen. Im Zeichen der Vision Zero kann und muss mehr dagegen getan werden. Das zeigte eine Branchenkonferenz der BG Verkehr in Hamburg.

Auch ein kleiner Fehltritt kann fatale Konsequenzen haben. Ob man auf einem Frontlader in drei Meter Höhe versucht, ein sperriges Stück Pappe zu entfernen, oder auf abenteuerliche Weise die Arbeitsbereichskamera am Fahrzeugheck eines Abfallsammelfahrzeuges reinigt: Wer als Lkw-Fahrer vom Fahrzeug abstürzt, riskiert schwerste Verletzungen und sogar den Tod. Abstürze aus Fahrzeugen sind nicht selten. Im Jahr 2021 erlitten in Deutschland 5.567 Beschäftigte beim Be- und Entladen von Lkw einen Absturzunfall; 2.370 davon waren Versicherte der BG Verkehr. In 366 Fällen waren die Absturzfolgen so schwer, dass den Verunglückten eine Unfallrente gezahlt wurde. Absturzunfälle sind dementsprechend ein Präventionsschwerpunkt der Berufsgenossenschaft.

Vision Zero ist realisierbar
Mit einer international besetzten Branchenkonferenz in Hamburg sorgte die BG Verkehr für neue Impulse. Mitveranstalterin war die Sektion für Prävention im Transportwesen der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS). Referenten und Referentinnen aus Deutschland, Finnland, Schweden und Frankreich stiegen zusammen mit 120 Teilnehmenden in die Analyse und die Suche nach Lösungen ein.

Die Branchenkonferenz zeigte drei Handlungsfelder auf:

Die BG Verkehr will in allen drei Handlungsfeldern Verbesserungen erreichen. „Das Ziel Vision Zero – eine Welt ohne schwere und tödliche Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen – ist bei den Absturz­unfällen realisierbar. Wir werden weiter mit aller Kraft daran arbeiten“, verspricht Dr. Jörg Hedtmann, Leiter des Geschäftsbereichs Prävention der BG Verkehr.

Vorrang für technische Maßnahmen gefordert
„Die Verhinderung von Absturzunfällen muss vor allem durch technische Maßnahmen umgesetzt werden und nicht allein durch Verhaltensänderungen der Versicherten“, forderte Wolfgang Witzke, Vorsitzender des Präventionsfachausschusses Entsorgung der BG Verkehr. Wer Absturzunfälle wie zum Beispiel beim Abrutschen von der Leiter während des Abplanens oder beim Aussteigen aus dem Lkw nur durch Änderung des Verhaltens verhindern wolle, greife zu kurz. „Es ist menschlich, auch schon mal unaufmerksam zu sein oder einen Fehltritt zu begehen. Vielmehr müssen diese möglichen Fehltritte oder Fehlverhalten durch technische Änderungen vermieden werden“, erläuterte Witzke. „In der Entsorgungswirtschaft werden Absturzunfälle oft durch die Gegebenheiten der Abfallbehandlungsanlagen und durch die Vielfalt der eingesetzten Fahrzeuge und deren herausfordernde Technik verursacht.“ Beispiel für letzteres sind Frontlader in der Abfallsammlung. Dort fällt nicht selten Material aus dem zu leerenden Behälter neben die Einfüllöffnung und muss vor der Weiterfahrt vom Aufbau entfernt werden. Ein riskantes Manöver, zumal Aufstiege sowie Sicherungen nicht bei jedem Fahrzeugtyp gut durchdacht sind und Leitern nicht immer mitgeführt werden können.

Wer nicht hoch muss, fällt nicht runter
Wer sich auf die Suche nach sicherheitsoptimierten Fahrzeugen macht, wird selten fündig. So wurde auf dem Podium mehrfach kritisiert, dass sichere Aufstiege beim Bau von Serienfahrzeugen weniger Priorität haben als Platz, Ladevolumen und Kosten. Andererseits zeigte sich auch, dass auf dem Markt gut durchdachte Lösungen durchaus vorhanden sind.

Beispiele:

Standardisierung forciert
Leider fehlt es derzeit noch an einer fahrzeugspezifischen Normung, welche die Sicherheit von Arbeitsplätzen an und auf Fahrzeugaufbauten sowie Anforderungen an Zugänge regelt. Erster Schritt zur Abhilfe ist die Erstellung eines VDMA-Einheitsblattes, bei der alle beteiligten Parteien (Hersteller, Fahrzeugbetreiber, Organisationen) einbezogen werden. Die BG Verkehr wird hierfür auf die betroffenen Verbände zugehen.

www.bg-verkehr.de [1]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2023, Seite 32, Foto: Landratsamt Kitzingen / studio zudem)