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IERC 2023: „Zirkularität kann nicht auf linearem Denken aufgebaut werden“

Welchen Weg nimmt die EU-Abfallverbringungsverordnung? Das war mitunter Diskussionsthema des Internationalen Elektronikrecycling-Kongresses (IERC 2023) vom 18. bis 20. Januar in Salzburg. Dabei wurden Widersprüche zur Basler Konvention deutlich. Die Klassifizierung von gefährlichem und nicht-gefährlichem E-Schrott und deren Umsetzung erweist sich als extrem schwierig. Probleme bereiten zudem E-Textilien, die immer mehr in den WEEE-Verwertungsmarkt strömen.

Der IERC mit rund 400 Teilnehmenden vor Ort und online startete mit einer Gesprächsrunde, die von Jean Cox-Kearns, der Vorsitzenden des Kongress-Komitees, moderiert wurde. Titel: „Celebrating the Circular Economy“. Doch was gibt es angesichts der vielen Probleme und Krisen in der Welt zu feiern? Diese Frage aus dem Publikum konnten die Diskutanten Caroline Kennedy (Logitech, Irland), Kunal Sinha (Glencore, USA), Olivier François (Galloo Group, Frankreich), Pranshu Singhal (Karo Sambhav, Indien) und Timm Lux (BCG – Boston Consulting Group, Deutschland) nicht beantworten.

Die Probleme überwiegen
Tatsächlich überwiegen derzeit die Probleme die Erfolge der Branchenunternehmen. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die darauf verhängten Sanktionen – mit der Folge von Materialverknappungen, Lieferengpässen und nicht zuletzt der Verteuerung von Energie – stellen auch die Kreislaufwirtschaft vor enorme Herausforderungen. Auf insbesondere Kunststoffrecyclern lasten außerdem die hochgeschraubten Qualitätsansprüche der Automobilindustrie, wie Olivier François berichtete. Ohnehin sind die Akzeptanzprobleme nicht weniger geworden, werden Rezyklate gegenüber Neuware immer noch als von minderer Qualität angesehen. Das wird auch am Farbverlust ausgemacht, der beim Kunststoffrecycling eintritt. „Wenn man Rezyklate verkaufen will, kommt man an den Designern nicht vorbei“, brachte es François auf den Punkt. Die Designer in einem Unternehmen entscheiden, wie zum Beispiel ein Auto gebaut wird und welche Materialien dafür eingesetzt werden. Diskutiert wurden des Weiteren die Abfallverbringungsverordnung der Europäischen Union und die anstehenden Änderungen im Regelwerk. Was bezweckt die EU-Kommission mit verschärften Exportrestriktionen? Und warum wird nicht zwischen Abfällen und Rohstoffen unterschieden?

Auf drei Ebenen
Auf dieses Thema ging später Chris Slijkhuis (MGG-Polymers, Österreich) ausführlich ein. Sein Vortrag im Nachmittagsprogramm des ersten Kongresstages befasste sich mit Entwicklungen beim grenzüberschreitenden Transport von E-Schrott. Vorher wurde der Experte im (Un-)Ruhestand mit dem IERC Honorary Award für seine Verdienste für die Recyclingwirtschaft ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Jean Cox-Kearns.

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Chris Slijkhuis wurde mit dem IERC Honorary Award für seine Verdienste für die Recyclingwirtschaft ausgezeichnet. Jean Cox-Kearns hielt die Laudatio (Foto: Marc Szombathy)

Anhand des „The Global Transboundary E-waste Flows Monitor 2022“ zeigte Slijkhuis dann einleitend auf, dass im Datenerhebungsjahr 2019 weltweit 53,6 Millionen Tonnen WEEE anfielen. 44,3 Millionen Tonnen (83 Prozent) davon verschwanden in dunklen Kanälen – zu 65 Prozent durch grenzüberschreitende Abfalltransporte. Nur 9,3 Millionen Tonnen (17 Prozent) E-Schrott wurden nach Umweltstandards behandelt und 5,1 Millionen Tonnen (55 Prozent) dazu über Ländergrenzen verbracht – rund 1,8 Millionen Tonnen (20 Prozent) davon über Notifizierungsverfahren. Der größte Teil der sachgerechten Behandlung fand im globalen Norden statt. An der Spitze stand hier Westeuropa mit 42,5 Prozent. Die beiden Amerikas kamen zusammen auf 9,4 Prozent. In Asien wurde 2019 WEEE zu 11,7 Prozent, in Afrika zu 0,9 und in Ozeanien zu 8,8 Prozent gesammelt und einer Verwertung zugeführt.

Slijkhuis überblickte daraufhin die komplexen nationalen und internationalen gesetzlichen Regelungen und Rahmenbedingungen von WEEE-Exporten, die auf dem Basler Übereinkommen von 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung beruhen und aufbauen – laut dem Referenten die „Mutter aller Regularien“ und „erste Ebene“. Das auch als Basel Convention bekannte internationale Umweltabkommen trat 1992 in Kraft und ist seitdem von über 180 Staaten ratifiziert worden. Parallel wurde für die OECD-Staaten die „zweite Ebene“ geschaffen: ein Identifizierungs-, Notifizierungs- und Kontrollsystem – über „grüne“ und „gelbe“ Listen – für die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen zur Verwertung. Das holte auch die USA ins Boot, die der Basler Konvention bis heute nicht beigetreten sind.

Die EU-Abfallverbringungsverordnung, die 2006 eine entsprechende Richtlinie von 1984 ablöste und gegenwärtig eine Revision und Novellierung erfährt, stellt Slijkhuis zufolge die „dritte Ebene“ zu Basel Convention und OECD Waste Shipment Framework dar. Nach den geltenden Bestimmungen ist für die Verbringung von nicht-gefährlichen Abfällen der „grünen“ Abfallliste zur Verwertung innerhalb der Europäischen Union sowie in die EU grundsätzlich kein Notifizierungsverfahren erforderlich. Abfälle der „gelben“ Abfallliste unterliegen dem Verfahren der vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung. Das Procedere wurde zudem um eine „rote“ Liste für gefährliche Abfälle erweitert.

Im Zusammenhang der Novellierung der EU-Abfallverbringungsverordnung stehen auch die Basel-Codes zur Klassifizierung in „grün“, „gelb“ und „rot“ gelistete Abfälle zur Debatte; dazu das Verfahren früherer Einverständniserklärungen (Prior Informed Consent, kurz: PIC) der Basler Konvention, das sich in der Praxis als schwerfällig und bürokratisch – mit viel Papierkram verbunden – erweist, da die Abfallverbringung der vorherigen Zustimmung aller Transitländer bedarf.

Y49 statt B1110 und B4030?
Slijkhuis streifte dann kurz den sogenannten und auf der UN-Klimakonferenz 2017 in Bonn diskutierten Vorschlag Norwegens zur Neuklassifizierung von Kunststoffabfällen, um den grenzüberschreitenden Transport von verunreinigten Kunststoffabfällen besser begrenzen und kontrollieren zu können. Die Implementierung von eigenen EU-Klassifizierungs-Codes in Zuge dessen wird aber wieder in Frage gestellt: Am 17. Januar 2023 sprach sich das Europäische Parlament mehrheitlich für eine Rückkehr zu den Basel-Codes aus. „Tatsächlich würde es in Europa komplizierter werden, Kunststoffabfälle zu verbringen“, kommentierte Slijkhuis.

Der Vortrag konzentrierte sich auf den sogenannten Schweiz-Ghana-Vorschlag zur Neuklassifizierung von Elektroschrott von 2021, der auf der UN-Klimakonferenz im November letzten Jahres im ägyptischen Sharm El Sheikh aufgegriffen und von Slijkhuis kritisch seziert wurde. Alle Elektro(nik)-Altgeräte sollen einer umweltgerechten Entsorgung zugeführt und nach modernstem Stand der Technik aufbereitet werden. „Das ist doch genau das, was wir wollen“, merkte der Experte ironisch an. Ein neuer Y49-Eintrag soll die Basel-Codes B1110 und B4030 sowie der neu gefasste A1181 den bisherigen Eintrag A1180 ersetzen. Auch nicht-gefährlicher E-Schrott zur grenzüberschreitenden Verbringung müsste in Zukunft notifiziert werden.

Slijkhuis schlüsselte auf, dass nach den Vorstellungen der Schweiz und Ghana, die auf der Basel Conference of the Parties (COP) im Juni 2022 angenommen wurden und bis zum 1. Januar 2025 implementiert werden sollen, letztlich alle Elektronikaltgeräte, E-Schrotte und ihre Komponenten, wie zum Beispiel Leiterplatten, als gefährlich eingestuft werden müssten – auch wenn sie gar keine bedenklichen Chemikalien und Gefahrstoffe wie Asbest, Blei, Cadmium, Quecksilber oder bromierte Flammschutzmittel enthielten: „Haben Sie schon mal Elektronikgeräte ohne Leiterplatten gesehen“, fragte Slijkhuis rhetorisch ins Publikum. Unverständlich und widersprüchlich ist für ihn, dass bromierte Flammhemmer in Gebrauchsprodukten in der Regel kein Problem darstellen, jedoch im Abfallstatus als gefährlich eingestuft werden. Für die Flammhemmer PBDE und HBCDD in Elektro(nik)geräten, Kunststoffen und Dämmplatten liegen nach Kenntnis noch keine geeigneten Messmethoden vor, die eine Änderung oder Aufhebung der Basel-Codes rechtfertigen würden. Gleiches gilt für POP-Abfälle und damit persistente organische Schadstoffe, deren Grenzwerte in der EU ohnehin schon stark herabgesetzt worden sind.

Hinzu komme, dass Messungen im verunreinigten Input-Strom wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen seien als im sauberen Output-Strom. Zumal damit zu rechnen sei, dass die Schadstoffbelastung durch neue Flammhemmer, die erst im Nachhinein als schädlich erkannt werden, nicht abnehmen werde. Die ständigen Revisionen der REACH-, RoHS- und POP-Verordnung mit immer weiteren Grenzwertsenkungen hält Slijkhuis nicht förderlich für mehr Recycling. Kapazitätserweiterungen und Technologieinvestitionen würden so ausgebremst. Kunststoffrezyklate, die bereits erfolgreich in Elektroneugeräten eingesetzt werden, könnten vom Markt genommen werden.

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Foto: Marc Szombathy

Was bezwecken die Schweiz und Ghana?
Die von der Schweiz und Ghana vorgeschlagene Streichung und Ersetzung des Eintrages B1110 wird auch von der Metallrecyclingbranche abgelehnt. Stattdessen müsste zwischen gefährlichen Elektroaltgeräten und nicht-gefährlichen Bauteilen differenziert werden. Bauteile aus Elektroaltgeräten wie Kupfer-Eisen-Anker, Elektromotoren, Drosseln und auch Leiterplatten stellen gemäß Eintrag B1110 keine gefährlichen Abfallfraktionen dar. Ebenfalls zur Kategorie B1110 gehören aufbereitete sowie vorangereicherte Siebfraktionen, zum Beispiel Edelmetallfraktionen. Diese werden in Europa von Elektroaltgeräte-Aufbereitungsanlagen direkt für den Hütten-/Schmelzprozess in und außerhalb der EU zur Verfügung gestellt und sind damit ein wichtiger Rohstofflieferant für Recyclingprozesse. Durch eine Notifizierungspflicht würde der Import dieser Bauteile und Siebfraktionen erheblich erschwert werden. Der damit einhergehende bürokratische Aufwand erscheint dabei Marktakteuren als zu umfangreich. Befürchtet wird, dass Recyclinganlagen die Rohstoffversorgung und die Möglichkeit, Material aus Regionen zu importieren, die keine Beste-Verfügbaren-Techniken vorweisen können, wegbrechen könnten.

Da Bauteile von Elektro(nik)geräten und Siebfraktionen metallhaltig sind, ist deren Marktpreis börsenabhängig. Ihre Wirtschaftlichkeit ist beeinflusst durch die Markt-/Börsenlage, weshalb ein schnelles Handeln unerlässlich ist. Eine Planbarkeit für diese Abfallfraktionen (z. B. Jahresverträge) gebe es nicht. Die Mengen ergeben sich aus der Aufbereitung der Elektroaltgeräte und werden unter 100 Tonnen gehandelt. Ein Notifizierungsverfahren würde nach Auffassung von Metallrecyclern eher einen preissenkenden Effekt mit sich bringen und die freie Marktwirtschaft beeinflussen.

Offenbar bezwecken die Schweiz und Ghana mit ihrem Änderungsvorschlag, den zweifelhaften Export kompletter Elektroaltgeräte mit geringem Wert in Schwellenländer zu stoppen und dadurch eben nicht den freien Handel von in Recyclinganlagen gewonnenen und angereicherten Rohstofffraktionen zu unterbinden. Gerade wegen ihres Rohstoffinhaltes würden diese Materialarten in keine zweifelhaften Recyclingwege gelangen. Denn nur entsprechende Industrieanlagen seien in der Lage, die enthaltenen Rohstoffe optimal rückzugewinnen und zu vermarkten. Entsprechend muss aus Sicht der Metallrecyclingbranche der Änderungsvorschlag angepasst werden, um das eigentliche Ziel für die Kreislaufwirtschaft schadlos erreichen zu können.

Die Listen werden jedes Jahr länger
Slijkhuis veranschaulichte den enormen Aufwand, den Unternehmen haben, die WEEE zur Behandlung und Verwertung in andere Länder ausführen. Ganz gleich, ob Verbringungen innerhalb oder außerhalb der EU: Zugrunde liegen der Klassifizierung und Notifizierung von E-Schrott die Basel-Liste (Annex VIII oder IX, wenn anwendbar), die OECD-Liste, die sich von Basel unterscheidet, und die EU-Liste, die ebenfalls abweicht. Viele Staaten führen zusätzlich Klassifizierungen und Notifizierungen nach eigenen Abfallschlüsseln für das jeweilige Export- und Importland durch, die das Procedere weiter verkomplizieren. In diesem Zusammenhang kommen dann auch noch Y-Code, H-Code, UN-Code, UN-Class, UN-Number, UN-Shipping Name und Customs-Code(s) ins Spiel.

Als extrem schwierig und geradezu unmöglich erachtet Slijkhuis die Klassifizierung von gefährlichen und nicht-gefährlichen Abfällen. Die SVHC-Liste (Substances of Very High Concern/besonders besorgniserregende Stoffe) zählt nunmehr 233 Chemikalien, die REACH-Liste sogar über 1.000 Substanzen in 59 Kategorien und die POP-Liste über 30 Substanzgruppen. Und diese Listen werden jedes Jahr länger, für die dann immer mehr Entsorgungslösungen gefunden werden müssen. „Analysen von gemischtem E-Schrott auf Gefährlichkeit sind in der Praxis nicht mehr möglich“, stellte Slijkhuis fest. Erschwerend kommt hinzu, dass die Listen nicht harmonisiert sind. Das heißt, dass bestimmte Schadstoffe auf der einen oder anderen Liste gar nicht auftauchen oder unterschiedlich eingestuft werden. „Die Klassifizierung bedarf einheitlicher, harmonisierter Regeln. Wir sollten dabei akzeptieren, dass alle Abfälle gefährliche Substanzen enthalten können“, plädierte Slijkhuis. Für deren Entfernung gibt es ausgereifte Technologie. So könnten allein bromierte Flammhemmer in Kunststoffen von der Recyclingindustrie zu 98 Prozent abgetrennt werden.

Wenn Behörden ihr eigenes Ding machen
Der Experte schilderte des Weiteren, was für notifizierungspflichtige Abfallverbringungen alles benötigt wird – insgesamt ein äußerst komplexer und zeitintensiver Vorgang, der MGG-Polymers schon einmal vier Jahre kostete. Viele Unternehmen verweigerten mittlerweile, sich an Notifizierungsanträgen zu beteiligen, weiß Slijkhuis. Die überbordende Bürokratie begünstige den illegalen Handel mit WEEE.

Ein Notifizierungsantrag mit Angaben zu Transportgut, Abfallerzeugern, Empfängern, Verwertungsanlagen, Transporteuren und vielem mehr füllt leicht 100 Seiten. Er kann zwar auch in E-Form gestellt werden, jedoch nicht überall in Europa. Die Antragsbearbeitung dauert dann mindestens 30 Tage. Oft müssen noch zusätzliche Fragen der zuständigen Behörde im Versandland beantwortet werden, was die Antragsweiterleitung auf 60, 90 und noch mehr Tage hinauszögern kann. Gleiches geschieht bei der zuständigen Behörde im Empfangsland. In vielen EU-Ländern werden dabei Vorabzustimmungen nicht anerkannt, und Behörden machen ohnehin gerne ihr eigenes Ding.
„Der Prozess muss einfacher werden“

MGG-Polymers hat Vorschläge erarbeitet, wie das Genehmigungsverfahren für EU-Abfallverbringungen in Verwertungsanlagen auf eine Woche verkürzt werden kann. Ein Pilotprojekt schaffte eine sogenannte Fast-Track-Notifizierung schon in 19 Tagen. Die EU-Abfallverbringungsverordnung bietet nach den Erläuterungen von Slijkhuis eine hinreichende Grundlage für das Konzept. Basis ist eine Vorabzustimmung im Empfangsland für bestimmte Abfälle und ein Verbringer im Versandland mit Genehmigungen für diese Abfälle. Wenn die Abfallart für die gewünschte Verbringung mit der Abfallart in der Vorabzustimmung der Anlage im Empfangsland übereinstimmt, sollten keine weiteren Verifizierungen mehr notwendig sein. Fast-Track-Notifizierungen würden die legalen Abfallverbringungen in Europa vereinfachen. Auch sollte das ganze Verfahren harmonisiert, eine digitale Plattform dafür entwickelt und das finanzielle Sicherheitsleistungskonzept standardisiert werden. „Die Basel-Codes würden hier als Grundlage völlig ausreichen“, meint Slijkhuis. Vorabzustimmungen sollten europaweit für Behandlungseinrichtungen etabliert werden. Länder, die mit Notifizierungen keine Erfahrungen haben, sollten entsprechend geschult werden. Nötig sei auch eine Regelung, die besagt, dass Hafenstopps kein Transit sind. „Der Prozess muss einfacher werden“, schloss Chris Slijkhuis seine Ausführungen und fügte auch an die Adresse der Schweiz und Ghana hinzu: „Zirkularität kann nicht auf linearem Denken aufgebaut werden.“

Eine neue Klasse von Materialien
Wie planen und erlassen wir Gesetze, um zu verhindern, dass E-Textilien auf Mülldeponien landen? Dieser Frage ging Jessica Saunders (London College of Fashion, UK) auf dem IERC nach. Bei wachsenden Stoffmengen, die in den WEEE-Verwertungsmarkt strömen, werden für das Recycling von E-Textilien Lösungen gesucht. Elektronische Textilien bringen eine neue Klasse von eigenständigen Materialien hervor. Es sind interaktive Textilien, die mit Mikrocomputern, Sensoren und Aktoren ausgestattet sind. Anstelle von Kabeln werden leitfähige Fäden und Stoffe, die sich aus einer Vielzahl an Nanomaterialien zusammensetzen können, verwendet. Für die sichere Entsorgung von Nanomaterialien in Textilien gibt es noch keine Standards.

Wie Saunders in ihrer Präsentation aufzeigte, nimmt Großbritannien eine Spitzenposition in Europa ein, was den Verbrauch von neuer Kleidung angeht. Die Pro-Kopf-Nutzung liegt hier bei 26,7 Kilogramm. In Deutschland sind es zum Vergleich 16,7 Kilogramm, gefolgt von Dänemark mit 16 Kilogramm, Italien mit 14,5 Kilogramm, den Niederlanden mit 14 Kilogramm und Schweden mit 12,6 Kilogramm. Die Zahlen hat das London College of Fashion ermittelt. Es wird geschätzt, dass bis zum Jahr 2030 im Vereinigten Königreich die Deponierung von Textilabfällen um 60 Prozent auf 148 Millionen Tonnen steigt (Pulse Report 2017).

Der Internationale Elektronikrecycling-Kongresses (IERC 2023) vom 18. bis 20. Januar in Salzburg hatte auch das „Recht auf Reparatur“ zum Thema, wie es derzeit auf EU-Ebene und auch in Deutschland in der Diskussion ist. Die „Lebensdauer“ und die Reparierbarkeit eines Produktes sollen zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft werden – so steht es auch im Koalitionsvertrag 2021-2025 der Bundesregierung. Fanni Mészáros (Applia Hungary) stellte Handbücher für das Reparieren und Runderneuern von Haushaltsgeräten vor.

www.icm.ch [3]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 03/2023, Seite 14, Foto: stokkete / stock.adobe.com)