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Wenn Güterschiffe autonom fahren

Am 3. März 2023 wurde im Duisburger Freihafen das Forschungsschiff „Ella“ getauft. Taufpatin war Susanne Henckel, Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Ella ist mit knapp 15 Metern Länge eine verkleinerte, aber vollwertige Ausführung eines Güterschiffes im Maßstab 1:6 und wurde gezielt für die Erforschung des autonomen Fahrens auf Binnengewässern konzipiert.

Das innovative Wasserfahrzeug wurde vom DST – Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e. V. im Rahmen eines vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr geförderten Forschungsvorhabens entwickelt und gebaut. Ella soll im Rhein-Ruhr-Testfeld im Dortmund-Ems-Kanal für die Entwicklung von Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) für das autonome Fahren Einsatz finden. Die KI lernt Schritt für Schritt anhand menschlicher Fahrweisen und eigener Fahrversuche, die geforderten Manöver zu planen und auszuführen. Am Ende der Entwicklung wird das Steuerungssystem des Schiffes in der Lage sein, ein vorgegebenes Ziel eigenständig und sicher zu erreichen.

Eine besondere Herausforderung
Hierbei steht eine besondere Herausforderung für autonom navigierende Schiffe im Mittelpunkt der Forschung: komplexe Manöver in sehr engen Fahrwassern. Während bei der Fahrt im Kanal oder auf Flüssen die Planungsvorgaben für den Kurs und die Geschwindigkeit des Schiffes noch verhältnismäßig gut beschreibbar sind, gilt dies für Hafen- und Schleusenmanöver nicht mehr. Eine Zielposition, beispielsweise eine Liegestelle am Hafenterminal, kann in der Regel auf unterschiedliche Weise angefahren werden. Die beste Strategie hängt nicht nur vom Schiff und seinem momentanen Beladungszustand ab, sondern auch von vielen anderen Faktoren wie den Strömungsverhältnissen.

Prof. Dr.-Ing. Bettar O. el Moctar, Direktor des DST, ordnet das Projekt in einen größeren Zusammenhang ein: „Nicht nur die immer wiederkehrenden Niedrigwasserperioden machen der Binnenschifffahrt zu schaffen – auch der Fachkräftemangel stellt eine große Herausforderung dar. Hier kann die Automatisierung der Navigation und der weiteren Aufgaben an Bord Abhilfe schaffen. An dieser Stelle wird das Vorhaben Ella einen wichtigen Beitrag leisten. Es fügt sich damit in eine Reihe aufeinander aufbauender Forschungsprojekte zum autonomen Fahren von Binnenschiffen ein, die das DST initiiert und koordiniert. Am Ende der geplanten Entwicklungen im Projekt Ella werden wir einen großen Schritt weiter sein auf dem Weg zum vollständig autonomen Binnenschiff.“

Prof. Dr.-Ing. Dieter Bathen, Vorstandsvorsitzender der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft, ergänzt hierzu: „Die Binnenschifffahrt hat eine große Bedeutung für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen, gerade im Hinblick auf die großen Industriestandorte. Schwerpunkte zukünftiger Entwicklungen sind neben der Digitalisierung und Automatisierung insbesondere die Entwicklung emissionsfreier Antriebssysteme, die umweltschonende Verkehrsverlagerung von der Straße auf das Wasser sowie die Anpassung der Schifffahrt an künftige Niedrigwasserstände. Durch seine vielfältigen Forschungstätigkeiten gibt das DST der Binnenschifffahrt wichtige Impulse zu den großen Zukunftsthemen und ist ein wertvoller Partner für Forschungsprojekte mit anderen JRF-Instituten und darüber hinaus.“

www.dst-org.de [1]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2023, Seite 44, Foto: DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e. V.)