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Chemisches Recycling: Massenbilanzierung von Dual-Use-Stoffen – künstliche Erhöhung des ausgewiesenen Rezyklatanteils

Die Verbände BDE, bvse und VOEB sprechen sich entschieden gegen den neuen EU-Kommissionsvorschlag für die fuel-use-exempt-Methode mit sogenannten „Dual-Use“-Stoffen aus.

Dieser Vorschlag, der im Februar 2025 vorgelegt wurde und Teil des Durchführungsrechtsakts zur Einwegkunststoffrichtlinie (EU) 2019/904 (Single-Use Plastic Directive, SUPD) ist, birgt nach Ansicht der Verbände erhebliche Risiken für eine korrekte Massenbilanzierung im chemischen Recycling und das Level-Playing-Field des Rezyklatmarkts.

Der Durchführungsrechtsakt soll die Methode zur Massenbilanzierung im chemischen Recycling festlegen und damit die Berechnung des Rezyklatanteils in chemisch recyceltem Kunststoff definieren. Ursprünglich war geplant, die „polymers-only“-Methode einzuführen, die strenge Regeln für die Berechnung des Rezyklatanteils vorsieht und ein Level-Playing-Field garantieren würde. Nach intensiven Gesprächen mit den Mitgliedstaaten wurde jedoch die fuel-use-exempt-Methode vereinbart. Diese Methode ermöglicht es, den Rezyklatanteil von Nebenprodukten, die nicht als Brennstoffe verwendet werden, dem Kunststoff anzurechnen – was zu einer künstlichen Erhöhung des ausgewiesenen Rezyklatanteils führt.

Der neue Vorschlag vom Februar 2025 führt die Kategorie der Dual-Use-Stoffe in die fuel-use-exempt Methode ein. Darunter fallen Stoffe, die im weiteren Prozess sowohl zu Kunststoffpolymeren und Basischemikalien als auch zu Brennstoffen verarbeitet werden können. Bislang wurden diese als Brennstoffe gewertet, sodass der auf sie entfallende Rezyklatinput nicht bei den Kunststoffen berücksichtigt werden konnte. Die neuen Regelungen führen dazu, dass Dual-Use-Stoffe in größerem Umfang als Kunststoffe gewertet werden und der berechnete Rezyklatanteil der Kunststoffe noch stärker künstlich erhöht werden kann.

Greenwashing begünstigt
VOEB-Geschäftsführerin Veronika Wüster kritisiert: „Die vorgelegten Regelungen zur Massenbilanzierung von Dual-Use-Stoffen stellen eine aufgeweichte fuel-use-exempt-Massenbilanzierung dar. Dadurch können Anteile als Kunststoffrezyklate ausgewiesen werden, die faktisch zu Fuels umgewandelt wurden.“ bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock fügt hinzu: „Die Regelungen basieren auf maximalen Ausbeuten in der Polymergewinnung, wodurch wesentlich höhere Rezyklatanteile auf Dual-Use-Stoffe alloziert werden können, als tatsächlich aus den Dual-Use-Stoffen gewonnene Polymere vorliegen. Dies begünstigt Greenwashing und ist daher abzulehnen. Anstelle dessen sollten sich die Mitgliedstaaten zur polymers-only-Methode bekennen.“ Dr. Andreas Bruckschen, stellv. Hauptgeschäftsführer des BDE, fordert: „Um Missbrauch zu verhindern, muss die Einbeziehung von Dual-Use-Stoffen in die Rezyklatanrechnung abgelehnt und die Berechnungsmethode grundsätzlich überarbeitet werden. Zudem sind die genauen Massenbilanzen aller Prozessschritte – insbesondere bei Kaskadenverfahren – offenzulegen, um die Massenbilanzierung in der PPWR entsprechend zu korrigieren.“

Die Verbände kritisieren zudem, dass der Vorschlag zu Dual-Use-Stoffen lediglich einen Teil der gesamten Prozesskette (insbesondere das Steam-Cracking) abdeckt – und dies in einer Weise, die die Komplexität und Vielfalt der unterschiedlichen Betriebsmodi sowie die variierenden Ausbeuten unzureichend berücksichtigt. Gefordert wird, dass die Massenbilanzierung die Ausbeuten aller einzelnen Prozessschritte korrekt berücksichtigt und die entsprechenden Konversionsfaktoren transparent darlegt. Aus dem Durchführungsbeschluss müsse eine eindeutige Berechnung der anrechenbaren Mengen hervorgehen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2025, Seite 5, Foto: kwanchaift / stock.adobe.com)