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Windel-Recycling durch Abbau der Zellulose in Verbundmaterialien

Jährlich fallen nach Berechnung eines Herstellers allein in Deutschland rund 150.000 Tonnen gebrauchter Windeln an. Ein Recycling gibt es so gut wie nicht: Weltweit sollen weniger als ein Prozent aller Windeln recycelt werden. Ein Reutlinger Forscherteam will das ändern.

Windeln sind Verbundmaterial. Sie bestehen aus Watte-artiger Zellulose für ein angenehmes Tragegefühl und aus einem sogenannten Superabsorber, der aus dem Natriumsalz der Polyacrylsäure besteht und für das Aufsaugen der Flüssigkeit sorgt. Beide Materialien sind separat gut recycelbar. Doch „wenn auf diese Mischung aus Zellulose und Superabsorber eine Flüssigkeit kommt, entsteht daraus eine gelförmige Masse. Eine gute Durchmischung und Behandlung der Masse mit Enzymen wird dadurch unmöglich“, erklärt Dr. Anne Zeck, Projektleiterin am NMI Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut in Reutlingen.

Die Herausforderung bestand also zunächst darin, dem Superabsorber die Flüssigkeit zu entziehen. Das geschah durch Zugabe von Kalziumchlorid. Danach konnte die Windelmasse geschreddert und durchmischt werden. Das nächste Problem ergab sich bei der Suche nach den geeigneten Enzymen für den Zellulose-Abbau. Gesucht wurden Enzyme, die die Zellulose in lösliche Zuckermoleküle umwandeln und die zu einem Preis erhältlich sind, der das spätere Produkt marktfähig macht.

Suche nach Enzymen
Der nächste Schritt war die Suche nach Enzymen, welche den Zellulose-Abbau übernehmen können. „Bei dieser Suche sind vor allem zwei Kriterien wichtig: Aus einem riesigen Angebot an Enzymen mussten wir welche finden, die in dem sehr speziellen Umfeld einer Windel zuverlässig in der Lage sind, die Zellulose in lösliche Zuckermoleküle umzuwandeln. Zugleich durften diese Enzyme aber nicht zu teuer sein, damit die Technik eine realistische Chance hat, später auf dem Markt zu bestehen“, beschreibt Anne Zeck die Herausforderungen. Aus der Mischung von Enzymen und geschreddertem und Wasser-getränktem 5,8 Kilogramm Windelmaterial resultierten schließlich nach mehreren Tagen bei 50 Grad Celsius rund 800 Gramm Zellulose zur Zuckerproduktion und fünf Kilogramm vorwiegend Superabsorber enthaltendes Material.

Das Projekt Encycling wurde mit Kennzeichen BW1_5021/02. gefördert von der Invest BW Innovationsförderung – Green Tech. Im nächsten Schritt will die Firma Arcus Greencycling in Technikumsmaßstab testen, ob das Zellulose-arme Verbundmaterial sich deutlich besser chemisch recyceln lässt und somit die Rückführung der Rohstoffe in den Kreislauf besser gelingt.

nmi.de [1]

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2025, Seite 37, Foto: MSV KI-generiert)