European Recycling Conference: „Es könnte Vieles besser sein“

Rund 200 Teilnehmer aus Europa trafen sich im September zur „European Recycling Conference (ERC)“ in Berlin, um ihre geschäftliche Vernetzung auszubauen und sich über die anstehenden Herausforderungen zu informieren.

Während des Branchentreffens, das vom europäischen Recyclingverband EuRIC (European Recycling Industries‘ Confederation) in Zusammenarbeit mit den deutschen Verbänden BDSV (Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling und Entsorgungsunternehmen e. V.), VDM (Verband Deutscher Metallhändler e. V.) und bvse (Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.) veranstaltet wurde, kamen deshalb Entwicklungen zur Sprache, die den Unternehmen das Leben schwer machen. EuRIC-Präsident Michael Schuy wies in seiner Rede darauf hin, dass die Geschäftstätigkeit im Recyclingbereich zunehmend schwieriger wird und eine kontinuierliche Anpassung an sich ständig ändernde Regeln und Marktbedingungen verlangt. Damit meinte er unter anderem die oft komplizierten Vorgaben in Form von Anweisungen und Verordnungen, die erst nach Stunden zu verstehen sind, sowie die Flut an neuen Vorschriften im Hinblick auf Produkte und ihre chemische Zusammensetzung.

Wichtig: ein funktionierender EU-Binnenmarkt

Diese Bedenken teilen auch Branchenvertreter wie Hans van de Nes (EuRIC Paper Recycling Branch – ERPA), Ettore Musacchi (European Tyre Recycling Association – ETRA) und Susie Burrage (EuRIC Non-Ferrous Metal Recycling Branch – Eurometrec), denn sie beklagten das Fehlen einer sachgerechten Schnittstelle von Rechtsvorschriften im Hinblick auf Abfälle, Produkte und Chemikalien. Außerdem hoben die Referenten den hohen Stellenwert der gesamten Wertschöpfungskette hervor. Ebenso wichtig ist für sie ein gut funktionierender EU-Binnenmarkt für Abfallmanagement und Recycling.

Pouyan Dardashti von der TSR Recycling Group konstatierte in diesem Zusammenhang, dass in Anbetracht des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums mehr Ressourcen verbraucht werden und das Recycling deshalb an Bedeutung gewinne. Die chinesische Politik, bestimmte Abfälle nicht mehr ins Land zu lassen, habe die Abfallströme der Metallindustrie beeinträchtigt. Das gelte unter anderem für Zorba (geschredderte Nichteisenmetalle aus Altfahrzeugen oder –geräten) und messinghaltige Abfälle sowie für E-Motoren und Kupferkabel. Hinzu komme die Situation in der Türkei, die im Jahr 2017 insgesamt 12,6 Millionen Tonnen aus Europa bezogen habe; 60 Prozent des Exportvolumens seien in das Land am Bosporus geflossen. Die Abhängigkeit von der Türkei sei hoch, unterstrich der Redner, und wies auch auf den Wertverlust der Lira (über 40 Prozent in 2018) und die hohe Inflationsrate im Land (18 Prozent im August dieses Jahres) hin. Darüber hinaus nannte er als weitere aktuelle Herausforderungen die Handelskriege der jüngsten Zeit, Währungskursschwankungen und die Tatsache, dass die chinesische Stahlproduktion mittlerweile die Hälfte des globalen Marktes ausmacht.

Was den Einsatz an Stahlschrott angeht, so habe die Volksrepublik China den Verbrauch dieses Sekundärrohstoffs in den zurückliegenden Jahren um 73 Prozent auf 147,9 Millionen Tonnen im Jahr 2017 gesteigert. Die EU-Staaten (EU-28) hätten im gleichen Jahr – bei einer Produktion von rund 140 Millionen Tonnen Rohstahl – etwa 94 Millionen Tonnen Stahlschrott genutzt. In den USA, wo 80 Millionen Tonnen Rohstahl erzeugt wurden, betrug der Schrottverbrauch 58,8 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr. Pouyan Dardashti geht davon aus, dass sich der internationale Schrottmarkt auch in Zukunft weiterentwickeln wird, zumal der Metallrecyclingmarkt auf die zunehmende Industrialisierung, Verstädterung und Einkommensverbesserung zurückgeführt werden kann. Im Mittelpunkt stehen dabei die Volksrepublik China, Indien, Brasilien und die ASEAN-Staaten (zur Association of Southeast Asian Nations gehören zehn Staaten, darunter Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand und Vietnam). Nach den Worten des Fachmanns wird sich der Stahlbedarf der Industrieländer im Zeitraum von 2012 bis 2019 um acht Prozent erhöhen; die Nachfrage in den Schwellenländern soll nach dieser Prognose um 16 Prozent steigen. Gleichzeitig werde sich aufgrund des globalen Wirtschaftswachstums auch die Schrottverfügbarkeit verbessern. Die Vorhersagen für die zu erwartenden Schrottmengen sind sehr positiv: Den Angaben zufolge ist damit zu rechnen, dass die Schrottverfügbarkeit in den Regionen EU, Japan und NAFTA (North American Free Trade Agreement – ein Wirtschaftsabkommen von Kanada, den USA und Mexiko) in den Jahren von 2000 bis 2050 um 134 Prozent steigen wird. In China soll die Schrottmenge im gleichen Zeitraum um 878 Prozent wachsen, während der Rest der Welt nach den Erwartungen 386 Prozent mehr Schrott beisteuern wird. Sollten die Prognosen eintreffen, stände im Jahr 2050 eine Menge von ungefähr 1,3 Milliarden Tonnen Schrott zur Verfügung.

Die Kreislaufwirtschafts-Agenda in Europa

Auch die politischen Rahmenbedingungen waren ein wichtiges Thema der Konferenz. Während Regina Maria Dube vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ankündigte, dass die Bundesrepublik Deutschland das europäische Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft bis 2020 in nationales Recht übertragen wird, erläuterte Julius Langendorff von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Union die Schwerpunkte der EU-Kommission zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. Wie der stellvertretende Leiter der Abteilung „Waste Management & Secondary Materials“ hervorhob, sind 85 Prozent der Maßnahmen umgesetzt. Die künftige Agenda der kommenden Jahre sieht vor, dass im übernächsten Jahr (bis Ende 2020) die wesentlichen Anforderungen an Verpackungen ebenso überprüft werden sollen wie die Altauto-Direktive, die Abfallverbringungsverordnung und die Batterie-Direktive. Bis Ende 2022 soll es Zielvorgaben für die Öl-Rückgewinnung und bis Ende 2023 für die Verringerung von Lebensmittelabfällen geben. Im Jahr 2024 sollen zusätzliche Maßnahmen zur Abfallvermeidung eingeführt und entsprechende Ziele formuliert werden. Außerdem ist geplant, in der EU Vorbereitungen für Wiederverwendungs- und Recyclingziele im Hinblick auf Bau- und Abbruchabfälle, Alttextilien, ungefährliche Industrieabfälle, biologische Siedlungsabfälle sowie andere Abfallströme zu treffen. Des Weiteren will die EU-Kommission Maßnahmen zur Regulierung der Abfallentsorgung ergreifen wie auch die Recyclingziele im Verpackungsbereich überprüfen.

-Brigitte Weber-

Foto: EuRIC aisbl

(EU-Recycling 11/2018, Seite 8)

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