Elektroaltgeräte: Das Sammelziel von 65 Prozent ist noch weit entfernt

Nach einer aktuellen Auswertung des Umweltbundesamts (UBA) wurden 2019 in Deutschland 947.067 Tonnen Elektroaltgeräte von den Kommunen sowie Händlern und Herstellern gesammelt. Dies entspricht einer Sammelquote von 44,3 Prozent. Das seit 2019 in allen EU-Ländern geltende Mindestsammelziel von 65 Prozent wurde demnach deutlich verfehlt: um rund 443.000 Tonnen.

Das novellierte Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) sieht ab 2022 neue Pflichten zur Rücknahme von Elektroaltgeräten sowie besseren Information der Verbraucher seitens des Handels vor, um die Sammelmenge zu erhöhen. Alle Sammel- und Rücknahmestellen müssen einheitlich gekennzeichnet werden. Ab Juli nächsten Jahres sollen auch Supermärkte und Discounter mit einer Verkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern Altgeräte kostenfrei zurücknehmen, wenn sie mehrmals im Jahr oder dauerhaft Neugeräte anbieten.

Bis sich die Novellierungen allerdings in Zahlen niederschlagen, wird weitere Zeit vergehen. UBA-Präsident Dirk Messner fordert derweil, dass sich auch Handel, Hersteller und die Kommunen stärker einbringen und Sammel- und Rücknahmemöglichkeiten weiter verbessern – beispielsweise durch leichter erreichbare Wertstoffhöfe oder flexiblere Annahmezeiten. Immer noch würden zu viele Altgeräte abseits der korrekten Pfade entsorgt.

Das Umweltbundesamt arbeitet den Angaben nach bereits an konkreten Strategien zur erweiterten Herstellerverantwortung, um die Sammelquote zu steigern und langfristig zu sichern. Messner hält in diesem Zusammenhang eine Bepreisung von Primärrohstoffen für denkbar. Ziel sei es, den Produktstrom insgesamt – von der Rohstoffherstellung über das Produktdesign, das Konsumverhalten und die Entsorgung bis hin zur Bereitstellung von Sekundärrohstoffen – in Richtung einer echten zirkulären Ökonomie zu entwickeln.

Unzureichende Informationen
Untersuchungen zeigen, dass viele Bürger nicht ausreichend über Entsorgungsmöglichkeiten und -pflichten informiert sind. Immer noch werden zu viele Altgeräte nicht korrekt entsorgt. So landen kleine Altgeräte wie elektrische Zahnbürsten oder Wecker weiter im Restmüll oder werden bei den Verpackungsabfällen entsorgt. Oder sie bleiben in Schubläden und Kellern liegen. Große Altgeräte wie Waschmaschinen und gewerblich genutzte Elektrogeräte werden oft von nicht-zertifizierten Schrottplätzen und (Schrott-)Sammlern entgegengenommen. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens lässt das UBA aktuell diese illegalen Wege untersuchen, um Maßnahmen dagegen entwickeln zu können.

Menge an neuen Geräten nimmt stetig zu
2019 wurden 2,9 Millionen Tonnen neue Geräte gezählt; das ist ein Anstieg um gut 60 Prozent gegenüber 2013. Der enorme Anstieg ist teilweise durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs des ElektroG begründet. So fallen seit Februar 2016 auch Photovoltaikmodule, die eine sehr lange Lebensdauer haben, unter das Gesetz und seit August 2018 im Rahmen des neu eingeführten offenen Anwendungsbereichs (Open Scope) auch Produkte mit fest verbauter elektrischer Funktion wie Textilien (z. B. beleuchtete bzw. „blinkende“ Schuhe oder Kleidung) oder Möbel (z. B. elektrische Massagesessel, Gaming-Sessel mit integrierten Lautsprechern oder LED-Beleuchtung).

Seit Mai 2019 werden außerdem passive Produkte wie Kabel, Steckdosen oder Lichtschalter vom Anwendungsbereich erfasst. Aber auch kürzere Nutzungsdauern, eine steigende Anzahl von Privathaushalten, mehr Geräte pro Haushalt oder durchschnittlich höhere Gewichte pro Gerät sowie generell größere Geräte, zum Beispiel bei Kühlschränken oder Fernsehern, tragen dazu bei, dass die Gesamtmasse der Geräte jährlich steigt, stellt das Umweltbundesamt fest.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2021, Seite 8, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)