Kunststoff-Komitee des BIR: Hoffnungsschimmer für die Märkte

Obwohl die Marktaussichten wegen der weltweiten Pandemie, Importbeschränkungen, geringerem Materialaufkommen und – infolge des aktuellen Ölpreises – niedrigen Preisen für sekundäre Kunststoffe nicht gerade rosig sind, legte der Vorsitzende Henk Alssema (Vita Plastics, Niederlande) Selbstbewusstsein an den Tag.

Die Kunststoff-Recyclingbranche sei das Rückgrat der Kreislaufwirtschaft, sagte er während des Webinars im Rahmen der „BIR World Recycling Convention Week 2020“ im Oktober. Die Kreislaufwirtschaft brauche das Recycling. Getragen wurde diese Äußerung offensichtlich von der Marktentwicklung in Europa, die zu leicht steigenden Preisen für Recyclingmaterial in den zurückliegenden Monaten geführt hatte. Allerdings rechnet Alssema nicht mit weiteren Preissteigerungen bis zum Jahresende.

Nach Ansicht von Sally Houghton (Plastics Recycling Corporation of California, USA) hat Covid-19 die Schwäche gewisser Märkte und die Notwendigkeit zur Modernisierung im Hinblick auf Sammlung und Behandlung hervorgehoben. In ihrem Bericht über den amerikanischen Markt stellte sie fest, dass die Unternehmen nicht nur mit der Pandemie konfrontiert sind, sondern auch mit zunehmender Regulierung sowie „billiger und reichlicher“ Neuware aufgrund des niedrigen Ölpreises. Trotzdem sieht sie in der Selbstverpflichtung von Markenartiklern zu rezyklierten Inhaltsstoffen Hoffnung für eine positivere Zukunft.

Asien: Neue Vorgaben bremsten den Handel
In Asien sei die Verfügbarkeit an Altmaterial um die Hälfte gesunken und die Preise seien höher als vor der Pandemie, schilderte Dr. Steve Wong (Fukutomi Co. Ltd und Präsident der China Sustainable Plastics Association) die Marktlage. Viele Fabriken in Südostasien ständen noch vor ihrem Vollbetrieb und ein Großteil der Recyclingunternehmen habe Liquiditätsprobleme. Die Recyclingkosten lägen höher als die Verkaufspreise für Recyclinggranulat.

Darüber hinaus berichtete Wong, dass neue Vorgaben den Handel mit Altkunststoffen bremsten, weil die Handelsparteien weitere Entwicklungen erwarteten. In diesem Zusammenhang nannte er nicht nur den strengeren chinesischen Vollzug bestehender Vorschriften für Kunststoffimporte durch Strafzahlungen, wenn die Recyclingmaterialien nicht der Forderung nach Einheitlichkeit von Farbe, Größe und Verpackung entsprechen. Seinen Angaben zufolge wird auch das zu China gehörende Hongkong strengere Regeln verabschieden, die ab Januar 2021 gelten sollen und die neuesten Ergänzungen des Basler Übereinkommens reflektieren.

Hinsichtlich des chinesischen Marktes berichtete Max Craipeau (Greencore Resources Ltd, Hongkong), dass viele chinesische Importeure auf zusätzliche Erläuterungen der Importvorschriften warten, bevor sie neue Käufe tätigten. Bestätigt wurde dies durch Andrej Mihai Sofian (Rematholding Co. SRL, Rumänien). Seinen Worten zufolge verzögern Kunden in China Lieferungen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Unsicherheit. „Wir wissen nicht, wann wir wieder exportieren können“, bedauerte er diesen Umstand.

Spielraum für unterschiedliche Interpretationen
Während des Webinars waren auch die Implikationen der neuesten Ergänzungen des Basler Übereinkommens ein wichtiges Thema, die Anfang kommenden Jahres in Kraft treten. Wie Gastrednerin Patricia Whiting (Senior International Policy Analyst, Sims Lifecycle Services, USA) erläuterte, haben die neuen Kriterien – bis auf wenige Ausnahmen – Auswirkungen auf die Altkunststofflieferungen. Ihrer Meinung nach wird diese „Handelsbelastung“ wahrscheinlich „negative Folgen“ für die Kreislaufwirtschaft haben, zumal sie die Verfügbarkeit von Kunststoffabfällen als Input für Recyclinganlagen ebenso begrenzten wie die Verfügbarkeit von rezyklierten Kunststoffen. Außerdem seien die Anforderungen für Lieferungen so formuliert, dass sie interpretationsbedürftig blieben.

Gerade diesen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen bewertet Jan-Hein Stiens (Global Plastics Manager, Sims Lifecycle Services) als herausfordernd, wenn es um die Erfüllung der Ergänzungen geht. Strengere Regeln für Überseelieferungen würden viele Recyclingunternehmen veranlassen, ihre Produktionsbetriebe näher an die Quelle von Kunststoffmaterial zu bringen. Auf der anderen Seite hätten Erstausrüster (OEM – Original Equipment Manufacturer) Recyclingmaterialien in ihre langfristigen Strategien integriert und würden nach wie vor für eine konstante Nachfrage sorgen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2020, Seite 28, Foto: Harald Heinritz / abfallbild.de)