Kunststoffabfälle: Der Mengen-Rückgang hat Gründe

Die niedrigen Mengen an getrenntem Kunststoff beeinflussen die Tätigkeiten der Kunststoffrecycler quer durch Europa und behindern, dass die EU-Ziele erreicht werden.

„Diese Situation könnte den Übergang in eine vollständige Kunststoff-Zirkularität verlangsamen“, bemerkte Tom Emans, Präsident von Plastics Recyclers Europe. „Die momentane EU-Politik und weltweite Entwicklungen haben massive Investitionen in die Kapazitäten des Kunststoffrecyclings auf dem Kontinent angekurbelt. So investierte 2020 die Kunststoffrecycling-Industrie 1,5 Milliarden Euro, was im Vergleich zum Vorjahr zu 1,1 Million Tonnen an zusätzlich installierter Kapazität führte. Insgesamt waren es 4,9 Milliarden Euro seit 2017.“ Und er fügte hinzu: „Dennoch würden ohne stabiles und hochwertiges Input-Material die Bemühungen behindert, die neuen Recyclingziele zu erreichen. Eine starke Sortier – und Sammelinfrastruktur ist ein Muss, um den dauerhaften Rohstoff für Europas Recycler zu steigern.“

Keine zusätzlichen Abfallmengen
Der Rückgang sei unerwartet gekommen, denn vor einigen Jahren habe die EU einen Exportrückgang für Abfälle registriert, während die Recycler weiterhin die installierten Kapazitäten mit einem großen, 60-prozentigen Wachstum innerhalb von vier Jahren erhöhten. Das chinesische Einfuhrverbot – die „National Sword“-Politik – und die verstärkten Kontrollen im Zusammenhang mit der Basel Convention und dem OECD-Beschluss zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung ermöglichten die kontinuierliche Verringerung von Abfallexporten von drei auf eine Million Tonnen zwischen 2014 und 2021.

Doch ungeachtet dieser Entwicklungen und trotz Preisanstieg für sortiertes Material, bedingt durch anziehende Preise für Recyclingmaterial, würden Recycler heute keine zusätzlichen substanziellen Abfallmengen erhalten. Angesichts von neun Millionen Tonnen an für die Sortierung gesammelten Kunststoffabfällen – von 30 Millionen Tonnen insgesamt – bleibe es eine der wichtigsten Maßnahmen in Europa, die für das Recycling bestimmte Abfallsammlung zu steigern. Die restlichen 21 Millionen Tonnen an erfassten Abfällen würden entweder verbrannt oder deponiert. Außerdem weise die Statistik eine 20-Millionen-Tonnen-Lücke auf zwischen hergestellten und in den Markt gebrachten Kunststoffabfällen. Insofern sei es maßgeblich, recycelbaren Kunststoff vor Deponien und Verbrennungsanlagen zu bewahren, um Recyclingpolymere wirtschaftlich herzustellen.

Ungeachtet der Konvention
Fast zeitgleich zur Pressemeldung der Plastics Recyclers Europe ging Jim Puckett, Geschäftsführer von Basel Action Network, an die Öffentlichkeit. Seiner Meinung nach würden – ein Jahr nach Inkrafttreten der Basel Convention – weiterhin Kunststoffabfälle in erster Linie von den reicheren zu den wirtschaftlich schwächer entwickelten Ländern exportiert.

Die Europäische Union habe sich entschlossen, die Basel-Regeln für den Handel zwischen Mitgliedstaaten einfach nicht in Kraft treten zu lassen. Die Niederlande stellten die Verbindung her, um europäische Kunststoffe nach Asien zu exportieren. Das Vereinigte Königreich verschiebe seine Abfälle von der Türkei nach Asien über die Niederlande. EU und die USA hätten im letzten Jahr annähernd 20.500 PVC-Abfall-Container illegal ausgeführt. Und die USA seien der zweitgrößte Exporteur und hätten erst kürzlich die Lieferungen nach Mexiko drastisch erhöht. Puckett wörtlich: „Ein Jahr nach dem Änderungsvertrag rennen die wichtigen und importierenden Länder wie Japan, die Niederlande, Deutschland und das Vereinigte Königreich weg von den Auflagen, denen sie vertraglich zugestimmt haben. Es ist einfach Business as usual, aber diesmal ist der Handel illegal.“

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2022, Seite 8, Foto: Andi Karg)