Schadstoffe im Baubestand – erkennen und richtig reagieren

Wer Gebäude erweitert, umbaut oder instandhalten möchte, stößt früher oder später unweigerlich auf Schadstoffe. Sie unterliegen verschiedensten Verordnungen, schaffen Verantwortlichkeiten und verlangen detaillierte Sachkenntnis.

Doch wer kennt schon die Unterschiede zwischen verunreinigt, kontaminiert, belastet oder gefährlich? Wer vermag Schadstoff oder Gefahrstoff von gefährlichem Abfall zu trennen? „Schadstoffe im Baubestand“ aus dem Rudolf Müller Verlag bietet eine allgemeinverständliche, umfassende und doch prägnante Orientierungshilfe für alle Bauherren, Planer, Handwerker oder Behördenmitarbeiter, die sich mit Schadstoffen im Baubestand auseinandersetzen müssen.

Die ersten Seiten des 270-seitigen Handbuchs erläutern im Überblick die gesetzlichen Rahmenbedingungen, denen der Umgang mit Schadstoffen unterliegt: im wesentlichen Bauordnungen, Arbeitsschutzrechte und Abfallgesetzgebung. Das darauf folgende Kapitel zeigt im Detail, welche einzelnen Verpflichtungen aus dieser Gesetzeslage für die beteiligten Bauherren, Bauunternehmer, Planer, Baustellen- sowie Gefahrstoffkoordinatoren erwachsen. Die Zuständigkeit der Beteiligten bei Umbau, Modernisierung und Rückbau werden übersichtlich in Tabellenform aufgeführt – aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Phase von Grundlagenermittlung und Planung über Ausschreibung und Vergabe bis hin zur Bauausführung.

Bei jeder Veränderung eines Bestandsgebäudes besteht ein Risiko, auf Schadstoffe zu treffen. Solche Risiken sind kaum vorherzusehen, wurden doch die meistverwendeten Materialien Asbest, polychlorierte Biphenyle (PCB), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Pentachlorphenol (PCP) und Blei zu unterschiedlichen Zeiträumen hergestellt und eingesetzt. „Schadstoffe im Baubestand“ erklärt daher Schritt für Schritt, wie bei der Erfassung der Bausubstanz systematisch und vorsichtig vorgegangen werden sollte, um Komplikationen zu minimieren. Zudem benennt ein ausführlicher Katalog die Qualifikationen, über die hinzugezogene Sachverständige, Gutachter und Sanierungsunternehmen notwendigerweise verfügen müssen.

Ein Kompendium an Fachwissen

Die folgenden 75 Seiten sind den Datenblättern der Schadstoffe gewidmet. Sie enthalten alle Informationen, die zu den erwähnten Risiko-Materialien wichtig sind. Dazu gehören spezifische chemische Eigenschaften, praktische Verwendungen und absehbare Schadwirkungen der Stoffe. Gesundheitsrisiken, Richt- und Grenzwerte sowie mögliche Schutzmaßnahmen zählen zu den weiteren Kategorien. Hinzu kommen eine gesonderte Risikobewertung und eine Auflistung von Kriterien, die den Stoff zu einem sanierungsdringlichen machen. Es wird gesondert auf die Verbote hingewiesen, die den Umgang mit und die Behandlung der jeweiligen Materialien definieren. Und die Datenblätter, zu denen auch das für künstliche Mineralfasern (KMF) gehört, enden jeweils mit Vorgaben, anhand derer eine Erfolgskontrolle möglich ist, und Hinweisen samt Abfallschlüssel, unter dem das Material einer Entsorgung zugeführt werden kann.

Foto: Dr. Jürgen Kroll

Das vierte Kapitel befasst sich mit Schadstoffen in Bauteilen, Konstruktionsabschnitten und technischen Anlagen. Auf über 100 Seiten werden hier mögliche Schadstoff-Vorkommen detailliert in Bild und Wort katalogisiert – jeweils mit einer aussagekräftigen Fotografie und einem erklärenden Text illustriert. Elf Unterkapitel zeigen systematisch, wo überall zwischen dem Fundament eines Gebäudes bis zu seinem Dach Risiko-Materialien verbaut sein können. Diese Gliederung kommt Gewerken entgegen, die mögliche Schadstoff-Fundorte in ihrem Beritt – beispielsweise an elektrischen Anlagen oder bei Sanitär-, Heizungs- und raumlufttechnischen Geräten – somit schneller und gezielter finden können. Den Anhang des Buches bildet eine Liste von Normen, Rechtsvorschriften und Datenblättern sowie Hinweisen auf weiterführende Literatur. Ein abschließendes Stichwortverzeichnis ermöglicht ein einfaches Auffinden des gesuchten Themas.

Insgesamt hält der Leser mit „Schadstoffe im Baubestand“ ein Kompendium in Händen, in das das Fachwissen zahlreicher Mitglieder des Gesamtverbands Schadstoffsanierung e.V. eingeflossen ist. Das aber dennoch als praxisgerechte Entscheidungshilfe und Handlungsanleitung einen einfachen und übersichtlichen Einstieg in die Materie ermöglicht. Es geht auf die einschlägigen Regelwerke und die verschiedenen Zuständigkeiten beim Auftreten von Schadstoffen ein, zeigt aber auch mögliche Vorgehensweisen und Risiken bei der Umsetzung von Baumaßnahmen. Die Frage, wo im Gebäude Schadstoffe auftreten können, beantwortet das abschließende Kapitel umfassend mit bestens beschriebenen praktischen Hinweisen. Somit empfiehlt sich das Buch nicht nur unmittelbar betroffenen Immobilienbesitzern, sondern auch Projektentwicklern, Bauträgern oder Planern. Und nicht zuletzt richtet es sich an Handwerksbetriebe, die die Bauvorhaben in die Praxis umsetzen müssen.

„Schadstoffe im Baubestand. Erkennen und richtig reagieren – mit Katalog nach Bauteilen und Gewerken“, Hrsg. Hans-Dieter Bossemeyer, ist erschienen bei der Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, ISBN 978-3-481-03242-5

Foto: Dr. Jürgen Kroll

(EU-Recycling 09/2017, Seite 14)