„Schrott muss man können“

Wieder positive Erwartungen in der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen.

Die Stimmung auf der BDSV Jahrestagung am 29. und 30. November 2017 in Dortmund war entspannt. Das lag nicht nur am neuen Verbandsauftritt, einer neuen Verbandsphilosophie als „DER Stahlschrott-Verband“ und dem neuen Claim „Schrott muss man können“. Sondern vor allem – war auf der Pressekonferenz zu hören – laufe die Konjunktur jetzt „deutlich besser“. Die Zeiten der Preisrückgänge seien vorüber, der Schrotteinsatz habe um 3,2 Prozent zugelegt, und der Markt habe zu Preissteigerungen um rund 70 Euro pro Tonne geführt. BDSV Präsident Andreas Schwenter sprach daher nicht nur von einer guten Stimmung im Verband, sondern bescheinigte dessen Mitgliedsunternehmen „sehr erfolgreiche“ letzte Monate.

Zwischen 2011 und 2016 hatte sich der Markt für Stahlrecycling von 29,3 auf 25,6 Millionen Tonnen reduziert, während die Höchstpreise (BDSV Sorte 2/8) von 354,60 auf 230,40 pro Tonne sanken. Seit Sommer 2015 war auch ein stetiger Schrottpreisverfall zu verzeichnen. Inzwischen hat sich die Rohstahlerzeugung von 42,1 Millionen Tonnen in 2016 auf 22,2 Millionen Tonnen im ersten Halbjahr 2017 belebt. Auch die Stahlschrottversorgung der Stahlwerke und Gießereien legte im ersten Halbjahr 2017 um 4,9 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 zu. Im gleichen Zeitraum verbesserten sich die Stahlschrotteinfuhren nach Deutschland um neun Prozent, die entsprechenden Exporte um zwei Prozent.
Preisvolatilität beruhigt

Als Gründe für den Umschwung führte BDSV Vizepräsident Stephan Karle Maßnahmen gegen Dumpingpreise ins Feld, denen zufolge Billigstahl aus China jetzt nicht mehr ohne weiteres importiert werden darf. Noch bis Oktober 2016 habe es „Riesenprobleme“ bei deutschem Stahlexport gegeben, als die Türkei fertige Stähle in Knüppeln aus China bezog. Die folgenden internationalen Regularien für fairen Wettbewerb hätten zur Entspannung auf dem Markt geführt. Auch hätten sich die Ausschläge der Preisvolatilität beruhigt, wodurch die Preise jetzt vorhersehbarer seien. Größere Auswirkungen durch Chinas angekündigte Importrestriktionen wie beim Kunststoffrecycling sieht der Verband nicht, zumal der chinesische Markt nicht mehr so bedeutend sei wie ehedem. Für deutsche Exporte gelte vielmehr die Türkei als der „große Treiber“: Die Stahlschrottausfuhren legten zwischen dem ersten Halbjahr 2016 und dem ersten Halbjahr 2017 um 108 Prozent zu.

Auch eine mögliche Verringerung der Abnahme-Kapazitäten durch andere Länder wird nicht befürchtet. Es bestehen keinerlei Sorgen, dass die deutschen Stahlrecycler ihr Material nicht verkaufen können. Ob freilich alle Recyclingmengen in Deutschland oder Europa bleiben, müsse sich herausstellen. Die hiesigen Firmen wären jedoch nicht glücklich, mehr Schrotte als nötig nach China zu schicken, da ihnen die deutsche Stahlindustrie seit Jahrzehnten als Partner zur Seite steht: Diese Nähe schütze vor Volatilität, spare Devisen und vermindere Frachträume. Zudem würden die Sekundärrohstoffe in Europa benötigt. Andernfalls sei zu befürchten, „dass die verarbeitende Industrie den Rohstoffen nachzieht“. Dann würde es eng für das Schrottrecyclinggeschäft. Schwendtner: „Regionale Partner sind uns lieber.“

Verbesserte Geschäftslage erwartet

Entspannte Stimmung auch beim BDSV-Präsidenten Andreas Schwenter (Foto: Dr. Jürgen Kroll)

Die Mitgliedsunternehmen der BDSV reagierten auf die jüngste Entwicklung positiv. Eine interne Umfrage ergab, dass 87 Prozent der Befragten für 2018 eine gleichbleibende oder bessere Geschäftslage erwarten. Auch planen deutlich mehr Unternehmen höhere Investitionen als noch im Vorjahr. Und 44 Prozent der Befragten beabsichtigen im nächsten Jahr mehr Personal einzustellen.

Sorgenfalten entstehen bei den Stahlrecyclern aus anderen Gründen. Den Höchstwert 4,2 auf dem fünfstufigen Sorgenbarometer des Verbandes erreicht die „Überbürokratisierung der Geschäftsabläufe“. Daran hat offensichtlich auch die „Entbürokratisierungs-Initiative“ der Bundesregierung im laufenden Jahr nichts geändert. Für bedenklich werden auch immer höhere Umweltauflagen gehalten, ebenso wie die drohende Einstufung von immer mehr Schrottarten als gefährlicher Abfall und die unerlaubte Konkurrenz durch „schwarze Schafe“.

Zu wenig Personal, zu wenig Transportwaggons

Zunehmend Kopfzerbrechen bereitet den Stahlrecyclern auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt: Während 2016 noch 71 Prozent der Firmen Schwierigkeiten hatten, geeignetes Personal zu finden, waren es in diesem Jahr schon knapp 80 Prozent. Der Verband sieht daher eine seiner Hauptaufgaben darin, ein attraktives Branchenumfeld zu schaffen und mehr Aus-/Weiterbildung anzubieten. Und zwar nicht nur für Verwaltungsmitarbeiter, sondern auch für gewerbliche Mitarbeiter; Andreas Schwenter hält einen „diplomierten Baggerfahrer“ für keine Unmöglichkeit.

Lichtinstallation (Foto: Dr. Jürgen Kroll)

Aktuell beschäftigt die Verbandsmitglieder die mangelnde Verfügbarkeit von Transportwaggons. Eine interne Umfrage unter den Stahlrecyclingfirmen ergab, dass nur 40 Prozent der von DB Cargo georderten Waggons geliefert wurden. Es sind sogar Fälle bekannt, in denen von zehn bestellten Wagen lediglich einer zur Verfügung stand. Die Folgen dieses unzulänglichen Services zeigen sich in Lieferschwierigkeiten, zusätzlicher Organisation und unter Umständen auch behördlichen Schließungen von Betrieben, die ihre Lagerkapazitäten überschreiten mussten. 77 Prozent der BDSV-Mitgliedsfirmen sind daher mit Service, Preis und Leistung von Deutschlands größtem Schienengüterverkehrsunternehmen unzufrieden. Als Alternative bleibt meist nur die Verladung auf Lkw, wodurch noch mehr Mengen und Verkehr auf die Straße verlagert werden. Nach Aussage von BDSV Präsident Schwenter würde die Branche jedoch gerne weiterhin den Schienentransport favorisieren, weshalb er anbietet: „Die Bahn soll den Preis zehn Prozent günstiger machen und gute Leistung zeigen – dann bringen wir 20 Prozent mehr Material von der Straße auf die Schiene.“ Doch zurzeit fühlt sich die Branche „im Stich gelassen“.

Umweltschutz braucht vollziehbare Regeln

Mehr Verkehr auf die Schiene: Der Umweltschutz besitzt eine hohe Bedeutung für die Stahlrecyclingfirmen. Bei der genannten Umfrage erreichte dieser 4,2 von 5 Punkten. Allerdings wünscht sich die BDSV, dass die Politik diese Orientierung auch erkennt und in Form eines „Umweltbonus`“ anerkennt. Wenn die umweltschonende Wirkung des Stahlrecyclings unbestritten ist, so Schwenter, sei es doch sinnvoll, den Einsatz von Stahlschrott bei der Stahlherstellung noch weiter zu fördern. Vorstellbar seien Steuervorteile etwa bei der Mehrwertbesteuerung oder auch eine Entlastung bei den hohen Umweltauflagen. „Wir wehren uns ja nicht gegen sinnvolle Umweltvorschriften. Unser Geschäft ist, Recycling auf ein anderes Level zu bringen. Aber dazu brauchen wir gute, vollziehbare und vollzogene Regeln“, fordert Stephan Karle.

Foto: EU-R Archiv

(EU-Recycling 01/2018, Seite 30)

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