ICBR 2018: Batterierecycling – eine Schlüsseltechnologie?
Auch für Batterien werden Produktdesign und die Bereitstellung und Zugänglichkeit von Sekundärrohstoffen wichtiger. Batterierecycling mindert Versorgungsrisiken.
Vor kurzem fand in Berlin der 23. Internationale Kongress für Batterierecycling (ICBR) statt. Dr. Alain Vassart war dessen Ausschussmitglied. Hätte er als Generalsekretär der European Battery Recycling Association drei Wünsche frei gehabt, wären es folgende gewesen: „Als erstes würde ich mir eine Steigerung der Sammelquoten wünschen, insbesondere bei aufladbaren Sekundärbatterien. Zweitens würde ich gerne eine pragmatische Regelung für die Erweiterte Produzenten-Verantwortlichkeit sehen, wenn Batterien für Elektrofahrzeuge ein zweites Leben bekommen – hauptsächlich im Hinblick auf den finanziellen Aspekt. Mein dritter Wunsch wäre eine wirkliche Wettbewerbsgleichheit für Sortierung und Recycling.“
Vassart befürchtete allerdings auch, dass die bestehenden Recyclingkapazitäten die Menge der gesammelten Batterien übersteigen und in einem heftigen Wettbewerb unter den Batterie-Recyclern münden, der die Gewinnspannen unter Druck setzt. Außerdem würde, falls sich die Anforderungen an die Recyclingeffizienz verändern, dies einen gewissen Grad an Investment und Betriebskosten sowie die Notwendigkeit einer Übergangsphase erfordern. Inwieweit die europäische Gesetzgebung schon jetzt Konsequenzen für die Branche zeitigen wird, erläuterte Prof. Kerstin Kuchta von der Universität Hamburg, Institut für Umwelttechnologie und Energiewirtschaft, in einem Interview.
Professor Kuchta, welche Impulse erwarten Sie sich vom verabschiedeten Kreislaufwirtschaftspaket der EU für das Batterierecycling?
Das Kreislaufwirtschaftspaket hat eine Menge Debatten in ganz Europa ausgelöst. Die deutsche Hauptkritik am Paket besteht darin, dass es nicht genügend ambitioniert oder spezifisch ist, um die angestrebte Umsetzung in die Wirtschaft zu schaffen. Ohne Zweifel wurden Impulse ausgesandt für die fundamentale Annahme, dass sogar komplexe Produkte nach der Nutzungsphase kein Abfall werden können, sondern Ressourcen sind, die entweder für die Wiederbenutzung verfügbar sein oder für die Nutzung in der Produktion recycelt werden müssen. Daraus resultiert, dass Produktdesign und die Bereitstellung und Zugänglichkeit von Sekundärrohstoffen für die Batterien wichtiger werden.
Änderungen in Transportsektor und Energieversorgung sowie der Trend zu einem grundsätzlich mobileren Lebensstil lenken zunehmend die Betonung auf die Produktion und weitere Entwicklung von Batterien und damit auf das Angebot von Rohstoffen.
Aus Sicht der EU ist es die Aufgabe der Kreislaufwirtschaft, die Industrie mit Rohstoffen zu versorgen. Welche Rolle kann Batterierecycling zur Erreichung dieser Ziele spielen?
Rohstoffe zur Herstellung von Batterien – beispielsweise Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan – sind knapp oder kritisch, und die Nachfrage nach ihnen kann nicht durch Minen in Europa gedeckt werden. Die Primärgewinnung findet hauptsächlich in ein paar Regionen weltweit und unter politisch instabilen Umständen statt. Das Recycling von Batterien hilft, die Versorgungsrisiken zu vermindern. Gleichzeitig minimiert Recycling die Energieintensität in der Herstellungskette, da Metallrecycling bis zu 80 Prozent weniger Energie als Primärproduktion benötigt. Das schont die Umwelt und das Klima.
Vor einiger Zeit sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür aus, dass Europa seine eigene Produktion von Batteriezellen aufbaut, um die Importabhängigkeit von Asien zu vermindern. Halten Sie das für eine gute Idee?
Batterie- und Lagersysteme unterstützen Schlüsseltechnologien, indem sie Europa als Produktionsstandort durch ausreichende, effiziente und innovative Verfügbarkeit stärken. Recycling und Wiederbenutzung von Batterien und den Materialien, aus denen sie gemacht sind, als Mittel zur Rohstoffversorgung wird die Technologieproduktion beeinflussen und die Etablierung einer innovativen Fertigung innerhalb Europas befördern.
Bis zu welchem Umfang könnten Batterierecycler von der Batteriefertigung in Europa profitieren?
Die Schaffung eines weitgehend geschlossenen, zusätzlichen Wertes in Kreislaufsystemen stärkt nicht nur die gegenseitige Wertschätzung aller Interessenvertreter, sondern auch die Innovationen im System als Ganzes. Das schließt Recycling, Wiederbenutzung, Weiterverarbeitung und nicht zuletzt Produktdesign ein. Geographische Nachbarschaft befördert gegenseitiges Verständnis, größeres Interesse und die Entwicklung von Geschäftsmodellen. Flankierende gesetzliche oder wirtschaftliche Maßnahmen, um die Wiederbenutzung von Materialien und beispielsweise den Ausschluss von belasteten Stoffen zu fördern, können in Europa eingeführt werden.
Weitere Informationen zum Kongress sind unter www.icm.ch/icbr-2018 erhältlich.
Foto: pixabay
(EU-Recycling 10/2018, Seite 24)