Abfallwirtschaft in Bulgarien: Fortschritte bei der Bioabfallkompostierung
Bulgarien hat in den letzten zehn Jahren erhebliche Mittel investiert, um die Sammlung, Behandlung, Entsorgung und Verwertung von Abfällen zu verbessern. Die öffentlichen Ausgaben sind gestiegen, und die kommunalen Dienstleistungen erweisen sich als effizienter.
Das ist der „Zielmarktanalyse Bulgarien 2019“*) zu entnehmen. Die Hauptanstrengungen des Landes im Bereich Abfallwirtschaft richten sich derzeit auf die Schaffung von Abfallbehandlungs-Kapazitäten (61 Anlagen sind in der Planung und im Bau), Abdichtung und Sanierung von nicht EU-konformen Deponien, schrittweise Einstellung der Deponierung von recycelbaren oder verwertbaren Abfällen, Verhinderung der illegalen Entsorgung von Abfällen (einschließlich Umweltverschmutzung), Verbesserung und Erweiterung der getrennten Abfallsammlung (einschließlich von Bioabfall) sowie Einführung von Instrumenten zur Verbesserung der Recyclingeffizienz.
Bulgarien hat rund 7,1 Millionen Einwohner. Das Abfallaufkommen pro Kopf und Jahr liegt – Stand 2017 – mit 435 Kilogramm unter dem EU-Durchschnitt (487 kg). 2016 betrug das Gesamtabfallaufkommen (ohne mineralische Abfälle) etwa 183,5 Millionen Tonnen. Gefährliche Abfälle (2016: 128.000 Tonnen) hatten mit 0,9 Prozent den geringsten Anteil. Siedlungsabfälle machten 16,6 Prozent und sonstige nicht-gefährliche Abfälle 84,3 Prozent aus.**) Deponierungsgebühren und die erweiterte Produzentenverantwortung – für die Rücknahme und Trennung von in Verkehr gebrachten Verpackungen – tragen dazu bei, dass die Abfallmengen sinken.
Entsorgungsaktivitäten vielfach ausgelagert
In Bulgarien sind inzwischen nahezu alle Ortschaften an ein Abfall-Holsystem angeschlossen. Die Sammlung liegt in der Verantwortung der Kommunen. Für die Getrenntsammlung von Verpackungsabfällen und die Finanzierung sämtlicher Kosten, die mit der Erfüllung der Rücknahme- und Recyclinganforderungen zur erweiterten Herstellerverantwortung verbunden sind, sind die „Organisationen zur Verwertung von Abfällen“ zuständig. Ein erheblicher Teil der Entsorgungsaktivitäten wird ausgelagert. 2016 haben 145 Gemeinden die Sammlung und Beförderung von Abfällen an externe, privatwirtschaftliche Anbieter vergeben. Die Abfallwirtschaft in Bulgarien und die Zuständigkeiten der Gemeinden sind im bulgarischen Abfallgesetz aus dem Jahr 2012 geregelt. 55 Abfallwirtschaftsverbände sind regional tätig.
Deponierung immer noch gängige Praxis
Kapazitäten zur Entsorgung gefährlicher Abfälle sind kaum vorhanden. Es gibt drei Vorbehandlungs- und Recyclinganlagen für gebrauchte Blei-Säure-Batterien und Akkumulatoren (Monbat AD, KZM AD, El bat AD) und eine Vorbehandlungsanlage für gebrauchte alkalische Batterien und Akkumulatoren (Euro Steel Trade AD). Die sieben „Organisationen zur Verwertung von Elektro- und Elektronikaltgeräten“ in Bulgarien berichten nur, dass die Recyclingziele 2017 erreicht worden seien. Belastbare Zahlen hierzu liefern sie nicht. Schwammig und ungenau sind auch die Angaben zur Altreifenverwertung: Wie viele Reifen werden pro Jahr zu 64 Prozent recycelt oder runderneuert? Dass die gezählten 102.442 Altfahrzeuge in 2017 allesamt in Demontagebetriebe gingen und gelagert wurden, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Der Anteil der deponierten Siedlungsabfälle sank von 48,0 Prozent im Jahr 2016 auf 37,1 Prozent im Jahr 2017, wobei die Angaben des Nationalen Instituts für Statistik strittig sind.
Bis Ende 2018 hatte Bulgarien 113 Deponien, die nicht den EU-Standards entsprachen, geschlossen. Die Fristeinhaltung wurde und wird hier oft erheblich verzögert, weshalb immer wieder Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig sind. Auch ist es nach wie vor gängige Praxis im Land, Bau- und Abbruchabfälle an nicht dafür ausgewiesenen Standorten abzulagern – meist am Rand der jeweiligen Ortschaft.
Getrenntsammlung entwickelt sich schleppend
Während das Recycling allgemein als rückständig zu bezeichnen ist – ausgenommen Metallrecycling –, so sind doch Fortschritte bei der Bioabfallkompostierung feststellbar. 2017 lag die Kompostierungsrate in Bulgarien bei acht Prozent (EU-Durchschnitt: 16,5 Prozent). Die landesweiten Kompostierungsanlagen verwerten hauptsächlich Grünschnitt. Die Getrenntsammlung von Bioabfällen aus Haushalten steckt noch immer in den Kinderschuhen; 2016 waren es knapp 110.000 Tonnen. Klärschlamm findet in der Land- und Forstwirtschaft, in der Sanierung von kontaminierten Flächen und für die Kraftstoffherstellung Verwendung.
Investitionen in Anlagen und Ausrüstungen für die Getrenntsammlung, Sortierung und Behandlung von Bioabfällen sind weiter erforderlich. Bis 2021 sollen 53 Anlagen in Betrieb gehen; der Bau erfolgt mit EU-Mitteln. Derzeit funktionieren in Bulgarien nur drei Einrichtungen zur Behandlung von biologisch abbaubaren Siedlungsabfällen: in Varna, Plovdiv und der Hauptstadt Sofia. Die Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus. Gemäß den nationalen Zielen sollte bis 2020 der Anteil der entsorgten Bioabfälle auf 35 Prozent gesenkt werden.
Insgesamt entwickeln sich Getrenntsammlung und das Recycling von Wertstoffen in Bulgarien schleppend. Ein Grund dafür ist der Wettbewerb zwischen den offiziellen und den informellen Systemen für die Abfallsammlung, der sich negativ auf die Bereitschaft auswirkt, in die Anreizsysteme – im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung – zu investieren. Auch das Trennverhalten der Bürger leidet darunter. Das Ziel, bis zum Jahr 2035 die Menge der recycelten Abfälle auf 50 Prozent zu erhöhen, rückt so in weite Ferne.
*) Leistungsschau für deutsche Unternehmen und Dienstleister im Bereich der Abfall- und Recyclingwirtschaft im Rahmen des BMWi- Markterschließungsprogramms für KMU 2019. Herausgeber ist die Deutsch-Bulgarische Industrie- und Handelskammer.
**) Die Angaben beruhen zum Teil auf ungefähren Schätzungen von Marktexperten.
(EU-Recycling 06/2020, Seite 18, Foto: Reinhard Weikert / abfallbild.de)