Israel baut Abfallverwertung massiv aus

Das israelische Umweltschutzministerium treibt ein großangelegtes Programm zur Abfallverwertung voran. Die Deponieentsorgung soll stark eingeschränkt werden – mit Investitionen von geschätzten 1,7 Milliarden US-Dollar.

Gegenwärtig werden in Israel 80 Prozent der städtischen Abfälle auf Mülldeponien entsorgt. Laut dem neuen Programm soll dieser Anteil bis 2030 auf 26 Prozent sinken. Zu diesem Zweck sind Energiegewinnungsanlagen, neue Anlagen für die Behandlung biologisch abbaubarer Materialien und zusätzliche Sortieranlagen vorgesehen. Im Rahmen des Programms wird die Deponieentsorgung von unsortierten Abfällen untersagt. Zudem wird die Deponieabgabe erhöht. Wie der Direktor der Hauptabteilung für Abfallbehandlung im israelischen Umweltschutzministerium, Oded Nezer, gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, sollen die Anlagen im Einklang mit EU-Normen gebaut werden.

Drei Anlagen zur Energiegewinnung

Das teuerste Element des Programms ist der Bau von drei Anlagen zur Energiegewinnung aus Abfällen. Jede Energiegewinnungsanlage soll eine Verarbeitungskapazität von 1.000 bis 1.500 Tonnen pro Tag aufweisen. Nach Schätzung des Umweltschutzministeriums wird jede dieser Anlagen mehr als eine Milliarde Neue Schekel (NIS, rund 280 Millionen US-Dollar) kosten. Die Anlagen sollen in verschiedenen Landesteilen errichtet werden – Nord, Zentrum und Süd –, um die Fahrstrecken zur Anlieferung der zu verwendenden Abfälle möglichst kurz zu halten. Insgesamt sollen die Verbrennungsanlagen nach voller Inbetriebnahme 26 Prozent der städtischen Abfälle verwerten. Verwendet werden brennbare Abfälle, die wegen ihres Zustands – etwa Verschmutzung – nicht für die Wiederaufbereitung zu Rohstoffen geeignet sind.

Zur Förderung der Verbrennungsanlagen stellt das Umweltschutzministerium 2,8 Milliarden NIS (rund 780 Millionen US-Dollar) als Investitionsbeihilfe zur Verfügung. Es wird geschätzt, dass die Regierungssubventionen 70 bis 80 Prozent der für die Verbrennungsanlagen erforderlichen Investitionskosten decken. Der hohe Subventionierungsgrad soll einen wirksamen Anreiz für Investoren und für Kommunen zur Teilnahme an diesem Projekt darstellen, was für Israel ein Novum ist. Sollte der Etat dies zulassen, ist auch der Bau einer vierten Anlage denkbar. Allerdings wäre das Verwertungspotenzial von Abfällen für Energiegewinnung mit den jetzt ins Auge gefassten Anlagen nicht erschöpft.

Ausländisches Know-how erforderlich

Bei der geplanten Ausschreibung der Energiegewinnungsanlagen wird das Umweltschutzministerium die Teilnahme ausländischer Fachunternehmen verlangen, die über entsprechendes, nachgewiesenes Know-how verfügen. In welcher Form eine Teilnahme stattfindet, ist gegenwärtig offen. Grundsätzlich kann es sich sowohl um die Partizipation ausländischer Unternehmen an Bieterkonsortien als auch um Zulieferungen oder um Beratung handeln. Das genaue Modell wird sich beim Ausschreibungsverfahren klären.

Nezer rechnet damit, dass die Vorausschreibung für die erste Energiegewinnungsanlage 2019 oder 2020 veröffentlicht wird und das Auswahlverfahren rund zwei Jahre dauern kann, bevor mit dem Bau begonnen wird. Daraus ergibt sich, dass die erste Anlage 2025 in Betrieb gehen könnte.

Vier Anlagen für organische Abfälle

Eine weitere Komponente des Programms ist der Bau von vier Anlagen zur Behandlung biologisch abbaubarer, organischer Abfälle. Ihre Verarbeitungskapazität soll jeweils bei 600 Tonnen pro Tag liegen; die Errichtungskosten pro Anlage werden auf umgerechnet 55 bis 70 Millionen US-Dollar geschätzt. Damit stellen die für diesen Zweck geplanten Regierungssubventionen von insgesamt umgerechnet 110 Millionen US-Dollar 40 Prozent des für diesen Programmpunkt veranschlagten Investitionsbetrags. Die Anlagen sollen biologisch abbaubare Abfälle wiederaufbereiten, damit sie als Rohstoffe erneut in der Produktion eingesetzt werden können. Dadurch soll die Wiederverwendungsquote dieser Abfallkategorie von 22,5 auf 51 Prozent nach voller Realisierung des Programms steigen. Ein Teil der organischen Abfälle wird – unabhängig von den zu bauenden Verbrennungsanlagen – zur Energiegewinnung dienen.

Ausbau der Sortierkapazitäten

Die Energiegewinnungs- und die Wiederaufbereitungsanlagen sollen mit Abfällen versorgt werden, die aus dem städtischen Abfall heraussortiert werden. Nur Abfälle, die sich weder für Energiegewinnung noch für Wiederaufbereitung eignen, können künftig auf Deponien entsorgt werden. Das verlangt einen kräftigen Ausbau der Sortierkapazitäten, den das Umweltschutzministerium ebenfalls fördern will. So werden laut dem neuen Plan sechs Sortieranlagen gebaut, auch sie in verschiedenen Landesteilen. Die Sortierkapazität jeder Anlage ist mit 1.500 Tonnen pro Tag veranschlagt. Die Regierung stellt dafür Subventionen von umgerechnet 66 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

Abfalltrennung an der Quelle

Gleichzeitig wird die Abfalltrennung an der Quelle ausgebaut; um die Kosten des Abtransports für die Kommunen zu senken, sollen, über das Land verstreut, sieben Cluster von Anlieferungspunkten errichtet werden. Auf das gesamte Programm bezogen, dürfte die staatliche Subventionierung rund zwei Drittel der Investitionskosten decken. Mit diesem hohen Subventionierungsgrad will das Umweltschutzministerium einen funktionierenden und für die teilnehmenden Unternehmen rentablen Markt im Bereich der Abfallwirtschaft schaffen. Rechnet man die voraussichtlichen Investitionen privatwirtschaftlicher Partner hinzu, dürfte der Gesamtinvestitionswert des Programms ungerechnet bei 1,7 Milliarden US-Dollar liegen.

Finanzierung gesichert

Die Finanzierung der staatlichen Förderung – bei Großprojekten oft eine Achillesferse – ist jetzt schon weitestgehend gesichert. Die Mittel sollen aus dem sogenannten Sauberkeitsfonds kommen. Dabei handelt es sich um einen dem Umweltschutzministerium nachgeordneten Fonds, in den die an den Staat entrichteten Deponiegebühren eingezahlt werden und der daher über eigene Mittel verfügt. Wie Oded Nezer gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, hat das Direktorium des Fonds der Bereitstellung von Fördermitteln für das Programm bereits zugestimmt.

Für deutsche Firmen können sich bei der Realisierung des Programms zahlreiche Geschäftschancen ergeben. Deutsche Umwelttechnologie genießt in Israel einen hervorragenden Ruf. Gemäß Zahlen des israelischen Zentralamts für Statistik fielen in Israel im Jahr 2017 feste städtische Abfälle in einem Gesamtgewicht von 5,4 Millionen Tonnen an. Nach Angaben des Umweltschutzministeriums nimmt das Gesamtgewicht dieser Abfälle um rund zwei Prozent pro Jahr zu. Das entspricht weitgehend dem Bevölkerungswachstum, das bei 1,9 Prozent pro Jahr liegt.

Verfasser: Wladimir Struminsk, Quelle: Germany Trade & Invest, Foto: pixabay

(EU-Recycling 01/2019, Seite 24)