Altpapierverwertung: Keine bunten Punkte mehr im Recyclingpapier

Auf dem Ingede-Symposium am 13. Februar in München wurde eine neue Druckfarbe vorgestellt, die gleichermaßen für den LED- und Niedrigenergie-UV-Druck als auch den konventionellen UV-Druck geeignet ist und sich entfernen lässt.

Foto: Siegwerk Druckfarben AG & Co. KGaA

Drucke mit UV-härtenden Farben bereiten den Papierrecyclern bislang große Schwierigkeiten und können die Deinkbarkeit ganzer Altpapierchargen beeinträchtigen: Die Farben vernetzen durch die vom UV-Licht induzierte Polymerisation. Sie bilden nach dem Aushärten eine solide, chemisch und mechanisch beständige Schicht – vergleichbar mit einem Plastikklebefilm – und lassen sich dann beim Deinking nur schwer entfernen. Bunte Punkte verbleiben auch nach der Flotation deutlich sichtbar im Recyclingpapier. Die häufig großen Partikel sind nicht so hydrophob (wasserscheu) wie klassische Druckfarben. Es ist somit wichtig, dass die gehärtete Farbschicht in kleinstmögliche, hydrophobe Partikel fragmentiert wird, um von der Papierfaser losgelöst und getrennt werden zu können.

Thomas Glaser (Foto: Ingede)

Ähnlich vernetzt wie UV-gehärtete Farben sind Flüssigtoner aus Polyethylen (HP Indigo), mit denen vor allem Fotobücher gedruckt werden. Diese Farben sind keine Druckfarben im herkömmlichen Sinne; es entsteht vielmehr eine hauchdünne Plastikfolie, die beim Recycling in kleine Schnipsel zerreißt, welche sich im Deinkingprozess nicht vollständig entfernen lassen. Diese bunten Schnipsel haben schon zu einem Schaden in einer Papierfabrik geführt. Seitdem sind Fotobuchabfälle aus Druckereien im grafischen Altpapier nicht gern gesehen und können allenfalls zu Wellpappe verarbeitet werden. Auch manche auf Pflanzenöl basierende Farben polymerisieren beim Trocknen und klammern sich dabei fest an die Fasern. Nach dem Deinking weist das Recyclingpapier ebenfalls Schmutzpunkte auf.

Bereits auf dem Markt

Auf dem diesjährigen Symposium der Ingede – Internationale Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik e.V., die heuer ihr 30-jähriges Bestehen feiert, zeigten Thomas Glaser von der Siegwerk Druckfarben AG & Co. KGaA und Peter Hengesbach vom finnisch-schwedischen Papier- und Verpackungsmittelhersteller Stora Enso erste Erfolge bei deinkbaren UV-Farben. Vorgestellt wurde eine neue Druckfarbe, die gleichermaßen für den LED- und Niedrigenergie-UV-Druck (H-UV, LE-UV etc.) als auch den konventionellen UV-Druck geeignet ist und sich laut Glaser und Hengesbach hervorragend aus Papiererzeugnissen entfernen lässt. Das hätten umfangreiche Untersuchungen bestätigt.

Die deinkbare LED-UV-Farbe ist bereits auf dem Markt. Basierend auf grundlegenden Untersuchungen der Deink­barkeit von UV-/LED-gehärteten Druckerzeugnissen und in Kooperation mit dem Ingede-Mitglied Stora Enso, hat Siegwerk ein verbessertes UV-/LED-Offsetfarbsystem für gestrichene und ungestrichene Papiersorten entwickelt, das sich mit seinen Deinking-Eigenschaften sogar mit konventionellen Sheetfed-Offsetfarben auf Ölbasis messen kann.

Mit Hilfe der Ingede-Methode 11

Barbara Scheuer (Foto: Ingede)

Geprüft wurde das Verhalten verschiedener Farben bei einer Aushärtung mit standardmäßigen UV-, LED-UV- sowie eisendotierten UV-Trocknungsverfahren (LE-UV, H-UV, HR-UV und LEC-UV). „Unser Ziel war die Entwicklung von UV-/LED-Lösungen für alle UV-Technologien, die sehr gute Deinking-Eigenschaften, ähnlich der traditionellen Offset- und Tiefdruckfarben, aufweisen, aber dabei weder Druckperformance noch Druckqualität einbüßen“, erläuterte Thomas Glaser. Die Deinkbarkeit wurde mithilfe der Ingede-Methode 11 (01/2018) und der EPRC-Scorecard getestet – beides offiziell anerkannte Industriestandards für die Bestimmung und Bewertung der Deinkbarkeit.

Im Ergebnis ist ein optimiertes UV-/LED-Offsetfarbsystem entwickelt worden, das gute Deinking-Eigenschaften sowohl bei schwer- und leichtgewichtigen gestrichenen Papieren als auch bei ungestrichenen, aufgebesserten Zeitungspapieren (iNP) bietet. Hierfür wurden bestimmte Siegwerk-Farben im Handel im Hinblick auf eine problemlose Druckfarbenentfernung weiter verfeinert. Im Rahmen des Forschungsprojektes konnte auch nachgewiesen werden, dass sich das neue UV-/LED-Offset-Farbsystem für den Akzidenz- und einfachen Verpackungsdruck eignet. Es ist frei von den reklassifizierten Photoinitiatoren 369, EDB, EHA und PBZ und bietet – neben Druckstabilität und hohem Glanzgrad – eine hervorragende Punktschärfe, ein ausgezeichnetes Fließverhalten, kurze Trocknungszeiten und eine gute mechanische Festigkeit.

Trend zu mehr Verpackungen

Peter Hengesbach (Foto: Ingede)

Die Entwicklung der Unternehmen Siegwerk und Stora Enso lässt auf einen Entwicklungsschub hoffen, damit schon bald mehr UV-härtende Druckfarben die Kriterien für eine gute Rezyklierbarkeit erfüllen. Denn unterschiedliche Druckfarben lassen sich unterschiedlich gut deinken. Das Ingede-Symposium beschäftigte des Weiteren der sogenannte „Amazon-Effekt“ auf das Papierrecycling: Online-Shoppen liegt im Trend. Eine Flut von Verpackungen füllt heute die Container, während die Menschen gleichzeitig immer weniger Zeitungen und Zeitschriften lesen. Das verändert die Zusammensetzung der Papiermischung erheblich und hat damit Konsequenzen für die gesamte Papierkette – von der Sammlung und Sortierung bis zur Aufbereitung und Qualitätskontrolle.

Verpackungen werden auch im Buchmarkt immer wichtiger. Nur mit Design könnten die Verlage heute noch punkten und sich gegenüber digitalen Formaten behaupten, ist Barbara Scheuer überzeugt. Im letzten Jahr ist der Buchmarkt massiv eingebrochen, berichtete die Gesamtherstellungsleiterin bei Random House. Die Verlagsgruppe selbst schrieb noch eine schwarze Null, druckt angeblich nur noch auf umweltfreundlichem Papier und investiert in eine andere Buchgestaltung, um sich von Wettbewerbsprodukten abzusetzen. Für Unverständnis sorgte im Publikum die Ankündigung, dass die Bücher von Random House künftig mit einer Plastikfolie versehen in den Handel kommen. Das sei der „beste Umweltschutz“. „Wir glauben daran, dass unsere Bücher weitergegeben werden und nicht im Altpapier und im Recycling landen“, rechtfertigte Scheuer, ohne auf die schlechte Recyclingfähigkeit von dünnen Kunststofffolien einzugehen. Axel Fischer von der Ingede konnte das in der Diskussion nicht gutheißen.

Foto: Marc Szombathy

(EU-Recycling 04/2019, Seite 28)

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