Intelligente Abfallwirtschaft 4.0: Wie Branchenunternehmen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen

Zur Intelligenten Abfallwirtschaft 4.0 zählt zum Beispiel bei der Saubermacher Dienstleistungs AG: Die „Smart Waste Collection Plattform“ des österreichischen Unternehmens organisiert die bedarfsgerechte Entsorgung von Abfällen. Wertstoffscanner in Müllfahrzeugen und Sensoren in Sammeltonnen schaffen dazu die Datengrundlage.

In Zeiten von Klimawandel, Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden Unternehmen der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft vor neue Herausforderungen gestellt. So müssen sie stärker darauf achten, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotte durch effizientere, flexiblere Abholrouten und weniger Leerfahrten zu reduzieren. Feste Strecken und Zeitpläne gehören aber bei vielen Abfallmanagementsystemen weiterhin zum Alltag. Auch soll die Recyclingquote beim Abfallaufkommen wesentlich erhöht werden. Dies wird jedoch durch die teils sehr unterschiedliche Trennmoral im Gewerbe- und Industriebereich sowie bei Privathaushalten erschwert, weshalb in vielen Tonnen der falsche Abfall landet. Dadurch entstehen hohe Folgekosten für das Recycling, und viele Wertstoffe, die im Restmüll entsorgt werden, gehen verloren.

Die österreichische Saubermacher Dienstleistungs AG tritt diesen Herausforderungen mit den Möglichkeiten der Digitalisierung entgegen. Das Konzept des Unternehmens besteht zum einen aus einer „Smart Waste Collection Plattform“ und dem Einsatz von Wertstoffscannern in Abfallsammelfahrzeugen. Die Plattform stellt eine Kombination dar: aus „smarten“ Abfallsammelbehältern, die mit Sensoren bestückt den Füllstand in Echtzeit übermitteln, und einer digitalen Plattform, die die Abholtouren der Müllwagen bedarfsgerechter gestaltet. Zum anderen wird der „Smart Waste“-Ansatz durch Sensoren und Scanner in den Abfallsammelfahrzeugen selbst unterstützt, die visuell erfassen, wenn etwas Falsches in der Wagenpresse landet. Dabei erhalten erstmals auch Bürger ein direktes Feedback über das eigene Trennverhalten auf ihr Endgerät.

Ein Ansatz allein reicht nicht

„Fachgerechte Abfalltrennung ist Voraussetzung für eine effiziente Kreislaufwirtschaft. Damit diese auch gelingen kann, ist es notwendig, eine bessere Datengrundlage zu haben, um sowohl Optimierungsquellen bei der Abfalltrennung als auch in der Logistik der Abholung ausmachen zu können“, erklärt Andreas Opelt, Vorstand Markt bei der Saubermacher AG. „So werden allein in Österreich über 600.000 Tonnen Abfall im Jahr falsch im Restmüll entsorgt und nicht wiederverwertet. Eine Technologie oder ein Ansatz allein reicht aber nicht aus, um die Recyclingquote signifikant zu erhöhen und die Klimaschutzziele der EU zu erreichen.“ Dafür müsse auch die Abfalllogistik effizienter gestaltet werden; denn trotz der Forderung, weniger CO2 im Verkehr zu produzieren, setzen viele Abfallmanagementsysteme immer noch auf feste Zeitpläne und regelmäßige Routen. Dadurch entstehen häufig Leerfahrten, da Tonnen, die beispielsweise erst einen Füllstand von 40 Prozent aufweisen, trotzdem angefahren werden.

Ein anderer wichtiger Hebel für die Reduktion der CO2-Emissionen ist das Recycling, wofür wiederum die richtige Abfalltrennung entscheidend ist. Hinzu kommt, dass sich ein wachsendes Interesse nach mehr Aufklärung und Nachhaltigkeit beim Bürger feststellen lässt. Deshalb setzt Saubermacher auf einen kombinierten Ansatz aus smarter Abfallwirtschaft durch digitale Vernetzung und aktiver Einbindung der Kunden und Bürger durch mehr Transparenz und direktes Feedback über die Qualität der (Haus-)Abfallentsorgung.

Keine unnötigen Fahrten zu halbvollen Tonnen

Erste Voraussetzung für ein intelligentes Entsorgungskonzept ist, dass speziell an Sammelstellen im Bereich Glas oder Altkleider die Behälter mit einem speziell auf die Tonnenart ausgelegten Sensor ausgestattet werden, um den tatsächlichen Füllstand zu erfassen. Per Ultraschall wird dieser – vom Deckel aus – gemessen. Das Ergebnis sendet der Sensor automatisch an eine von Saubermacher entwickelte Plattform. Dabei erfolgt die Übertragung nur zu einer bestimmten Zeit, sodass Energie gespart und die Lebensdauer der Sensoren nicht unnötig verkürzt wird.

Dieser Sensor wurde in den letzten zwei Jahren von einem steirischen Startup der Firma SLOC in Kooperation mit Saubermacher entwickelt. Der Echtzeit-Füllstand bildet auch die Grundlage, die Routen der Abholer bedarfsgerecht anpassen zu können. „Wenn der Fahrer des Müllwagens seine Schicht beginnt, hat er auf seinem Tablet bereits eine definierte Route, die so gelegt ist, dass ausschließlich Sammelbehälter angefahren werden, die bereits voll genug sind, dass eine Leerung Sinn macht“, erläutert Opelt. „So können unnötige Fahrten zu halbvollen Tonnen vermieden werden. Als Nebeneffekt reduzieren sich auch die CO2-Werte des Entsorgers. Dieser Ansatz kann auch für Kleinbehälter zum Standard werden. Wenn unsere Technologien noch günstiger werden und die Regulierung und Bürger sich weiterentwickeln, dann ist das sicher möglich.“

Rückschlüsse auf Fehlwürfe

Die Füllstände sind aber nicht die einzigen Daten, die erfasst werden. In den Lkw befinden sich Wertstoffscanner, die den Abfall während der Schüttung visuell erfassen. Auf dem Weg in die Presse werden Bildaufnahmen mit Multispektral- und Infrarotkameras gemacht, die wiederum an eine digitale Plattform gesendet werden. Die Plattform, die auf selbstlernenden Algorithmen basiert, wertet die Daten fortlaufend aus und lernt kontinuierlich, den Inhalt der Tonne noch genauer einschätzen zu können. Dadurch lässt sich neben dem Abfallaufkommen auch dessen Qualität für jede einzelne Straße sowie jeden einzelnen Haushalt genau definieren. Opelt: „So sieht der Entsorger beispielsweise, wenn über eine längere Zeit in einem bestimmten Gebiet 30 Prozent Falschmüll in die Restmülltonne gelangt ist.“

Die Abfallsammelfahrzeuge sind neben moderner Wertstoff-Sensorik auch mit
Hybridantrieben ausgestattet (Foto: Saubermacher Dienstleistungs AG)

All diese Daten werden zentral beim Entsorger oder dem kommunalen Partner auf einer Plattform digital gebündelt und durch Künstliche Intelligenz (KI) ausgewertet und aufbereitet. Dabei legt Saubermacher besonderen Wert darauf, den Entsorgern, Partnern und Bürgern bessere Kommunikationsmöglichkeiten und Zugriff auf die „Smart Waste“-Daten zu geben. „Der moderne Auftraggeber will eine schnelle, unbürokratische Abwicklung“, bestätigt Opelt.

Daher werden beispielsweise über ein spezielles Kommunikationstool der Plattform individuelle Reports für die kommunale Verwaltung/den Entsorgungspartner bereit gestellt, in denen das Abfallaufkommen, die Materialverteilung oder die Trennquote auf einzelne Viertel, Zonen und Straßen genau heruntergebrochen und in verschiedenen Diagrammen aufgearbeitet ist. So lassen sich schnell die primären Fehlwürfe ausmachen. „Dabei bieten wir unseren Partnern flexible Service-Level an. Sie entscheiden, wie viel technisches Know-how und Vernetzung für sie tatsächlich sinnvoll ist, und bekommen dann ein darauf abgestimmtes Gesamtkonzept“, berichtet Opelt.

Das eigene Trennverhalten nachvollziehen

Das Unternehmen geht dabei noch einen Schritt weiter und bietet auch dem Privathaushalt die Möglichkeit, von diesen Daten zu profitieren. Auf Wunsch der Kommune und nach Zustimmung des Bürgers kann über eine App oder per SMS das eigene Trennverhalten im Stadtviertel und sogar auf Haushaltsebene nachvollzogen werden. So erhält der Bürger Feedback, wieviel Falschmüll in seiner Tonne landet oder wann welche Abfallart ein höheres Aufkommen verzeichnet. Die App informiert einen auch, wenn die eigene Trennquote besser geworden ist – so entsteht sogar ein sportlicher Anreiz. „Langfristig lassen sich durch diesen gemeinsamen Ansatz und die bessere Aufklärung wiederverwendbare Materialien vor dem Wurf in den Restmüll bewahren. So kommen wir der Vision einer Zero-Waste-Wirtschaft und den Zielen des EU-Kreislaufwirtschaftspaketes einen großen Schritt näher. Denn Projekte in Österreich zeigen, dass durch das Direktfeedback die Fehlwürfe durchschnittlich um rund 50 Prozent, im Maximum sogar um bis zu 80 Prozent reduziert werden können“ resümiert Opelt. Zusätzlich sorgt eine weitere von Saubermacher entwickelte Plattform für mehr Effizienz und höheren Umweltschutz. Sie bündelt alle relevanten Daten über die Fahrzeugflotte und Abholstationen, aber auch Kalenderdaten für Lastspitzen aufgrund von Feiertagen. Diese Werte und Angaben werden mit den Live-Sensordaten der Abfallsammelbehälter abgeglichen und gemeinsam verarbeitet. Basierend darauf erstellt die Plattform eine effiziente Route mit geringerem CO2-Aufkommen. „Diese ist aber primär als Empfehlung zu verstehen, denn final obliegt es dem entsprechenden Supervisor, diese bei Bedarf zu ändern“, verdeutlicht Opelt.

Im Ganzen effizienter organisiert

In der Folge können zum Beispiel Gebiete, bei denen an Feiertagen stärkeres Abfallaufkommen herrscht, öfters angefahren werden und „ruhigere“ Gebiete dafür weniger, um Leerfahrten zu vermeiden. Dem Prinzip der selbstlernenden KI zufolge wird die Plattform mit der Zeit aufgrund der besseren Datenlage immer flexibler und genauer, sodass die Abfallwirtschaft im Ganzen effizienter organisiert wird.

Auf der IFAT 2020 informiert das Unternehmen interessierte Besucher am Stand der Österreichischen Gruppenausstellung in Halle A4 über die verschiedenen Konzepte rund um „Smart Waste“ sowie die wastebox, einer Plattform für die einfache und sichere Entsorgung von Bauabfällen.

www.saubermacher.at

(EU-Recycling 03/2020, Seite 18, Foto: Pixelmaker.at)

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