Fachbeitrag: Zerkleinerer – Schwerpunkt für Brandentstehung
Veolia entwickelt zusammen mit T&B ein präventives Schutzkonzept zur signifikanten Reduzierung von Bränden in Zerkleinerern.
Brände in der Recyclingindustrie sind ein immer noch häufig diskutiertes Thema. Regelmäßig liest man von verheerenden Brandereignissen, die einen gesamten Betrieb zerstören und somit die weitere Existenz des Unternehmens bedrohen. Führende Recyclingunternehmen verfügen daher seit einigen Jahren über ein internes Schadensmanagement. Ein Ziel hierbei ist es, die Ursachen von Brandereignissen zu ermitteln und geeignete Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Die Auswertungen bei Veolia, dem weltweiten Marktführer in den Bereichen Entsorgung, Energie und Wasser, haben ergeben, dass die Zerkleinerer in den einzelnen Betrieben einen Risikoschwerpunkt für die Entstehung von Bränden darstellen. In Deutschland betreibt die Veolia Umweltservice Gruppe rund 80 Abfallsortier- und Verwertungsanlagen. An diesen Standorten kommen insgesamt über 150 Vor- und Nachzerkleinerer zum Einsatz. Die Schlussfolgerung von Veolia war eindeutig: Es muss dringend ein Schutzkonzept her, dass den Bränden in und an Zerkleinerern präventiv vorbeugt, ohne dabei den betrieblichen Ablauf allzu sehr zu beeinträchtigen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Federführend beteiligt war Dr. Mattias von Harten aus dem operativen Projektmanagement von Veolia, der zusammen mit der Firma T&B electronic GmbH, einem Brandschutzspezialisten aus Alfeld in Niedersachsen, ein wirkungsvolles Konzept erarbeitet hat. „Unsere Daten und Erfahrungen aus mehrjähriger Beobachtung haben gezeigt, dass der mechanische Energieeintrag an Zerkleinerern für die Mehrzahl von Brandereignissen verantwortlich ist. Dieser Effekt tritt sowohl an Vor- als auch Nachzerkleinerern auf.“ Für Dr. von Harten war klar: „Um hier wirkungsvoll gegenzusteuern, müssen wir schnell handeln und ein pragmatisches Konzept zum Schutz unserer Zerkleinerer erarbeiten.“
Dr. von Harten ist sich sicher, mit T&B den idealen Partner gefunden zu haben. „Bereits nach den ersten Gesprächen wurden uns die hohe Beratungskompetenz und das umfangreiche Brandschutz Know-how von T&B bewusst. Aufgrund dieser Punkte haben wir uns dazu entschieden, unsere Ideen zusammen mit T&B zu verwirklichen.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ein komplexes und wirkungsvolles Schutzkonzept, das die Auswirkung von Brandereignissen an Zerkleinerern signifikant reduziert. Das bestätigen bereits die Erfahrungen mit den ersten installierten Systemen.
Wenn Batterien falsch entsorgt werden
Ursächlich für das Auftreten von Bränden an und in Zerkleinerern sind vor allem die Störstoffe und Fehlwürfe in den angelieferten Abfällen. Auffallend sind insbesondere Druckbehälter, leicht entzündliche Flüssigkeiten und Pyrotechnik. Die größten Probleme bereiten allerdings Lithium-Ionen-Batterien und -Akkus, die mittlerweile in nahezu jedem elektronischen Gerät verbaut sind und durch Verbraucherinnen und Verbraucher oftmals nicht richtig entsorgt werden. Wenn diese Stoffe in die mechanische Bearbeitung/Zerkleinerung geraten, sind heftige exotherme Reaktionen zu erwarten, die in Kombination mit den übrigen, meist hochkalorischen Materialien im Stoffstrom eine ernstzunehmende Brandgefahr darstellen.
Bei Lithium-Ionen-Batterien und -Akkus muss allerdings noch ein weiteres Szenario betrachtet werden: Durch den typischen Aufbau dieser Akkus – die Aneinanderreihung von vielen einzelnen Zellen – ergibt sich die Gefahr, dass die Batterie oder der Akku durch eine partielle Beschädigung nicht den „thermal runaway“ erreicht und dadurch nur eine mäßige Oberflächentemperatur im Austrag des Zerkleinerers aufweist. Damit ist der Akku aber nicht minder gefährlich für den nachgeschalteten Prozess, da dieser bei geringsten weiteren Belastungen seine volle exotherme Reaktion in Form des „thermal runaway“ hervorrufen kann.
Bestandteile des Schutzkonzepts
Durch das Schutzkonzept von Veolia und T&B soll genau solchen Ereignissen vorgebeugt werden und direkt hinter dem Zerkleinerer, durch geeignete Detektionstechnologie, alle kritischen Zündpotentiale frühzeitig erkannt und gelöscht werden. Performancestarke Glutnest- und Hot Particle-Detektoren erfassen an mehreren Stellen des Austragsbands die gesamte Fläche des Stoffstroms und können bereits geringste Zündpotentiale wie kleine, vorgeschädigte Lithium-Ionen-Batterien oder -Akkus in Form von Knopfzellen aufdecken. Ergänzt wird diese hochtechnologische Detektion durch Flammenmelder im Eintrag des Zerkleineres und am Ende des Austragsbands, um so sicherzustellen, dass Brandereignisse mit offener Flammenbildung ebenfalls sicher detektiert werden können. Ergänzend zu diesen Detektoren werden auch mehrere Handtaster im Schutzkonzept berücksichtigt, sodass Betreiber für den Fall der Fälle auch die Möglichkeit einer manuellen Auslösung haben.
Als zweiter wesentlicher Bestandteil des Schutzkonzepts ist die hocheffiziente Löschanlage zu nennen. Diese besteht aus einer individuellen Pumpenanlage mit entsprechender Wasserbevorratung und einem Löschdüsennetz, das eine flächendeckende Löschung des gesamten Zerkleinerungsarreals gewährleistet. Kombiniert werden die Detektions- und Löscheinrichtungen über die intelligente Zentralentechnologie vom Typ BM6. Diese kann über die gemeldeten Signale der Detektoren autonom entscheiden, wie lange die Löschzeit aufrechterhalten werden muss. Stehen nach einer parametrierten Löschzeit noch Signale der Detektoren an, wird die Löschzeit automatisch angepasst.
Des Weiteren ist im Konzept zwischen Veolia und T&B eine individuelle Abschaltmatrix ausgearbeitet worden, die als wesentlicher Bestandteil von beiden Seiten betrachtet wird. Key Account Manager Jannis Lange von T&B dazu: „Einen thermisch durchgehenden Lithium-Ionen-Akku können Sie auch unter Verwendung großer Mengen an Wasser nicht löschen. Sie können den Akku nur dahingehend kühlen, dass er weiteres im Stoffstrom befindliches Material nicht ebenfalls entzündet. Es ist daher elementar, den Prozess zu stoppen und geschultes Personal vom Anlagenbetreiber zu alarmieren, sodass ein Ausräumen des betroffenen Materials eingeleitet werden kann.“
Veolia und T&B sind sich dieser Problematik bewusst und haben daher auf die Abschaltmatrix und auch die Schulung des Personals gesteigerten Wert gelegt. „Nur durch entsprechende Sensibilisierung des örtlichen Personals in Form von regelmäßigen Schulungen sowohl im allgemeinen Brandschutz als auch speziell auf die verbaute Anlagentechnik werden Sie auf Dauer die entwickelten Konzepte erfolgreich integrieren.“ Darüber sind sich Veolia und T&B einig. Die ersten Anlagen wurden bereits erfolgreich mit dem Schutzkonzept ausgerüstet. Dabei hat sich die Investition an einigen Standorten bereits mehrfach ausgezahlt. Zukünftig soll die Ausrüstung weiterer Zerkleinerer an den Standorten von Veolia in Deutschland erfolgen.
Autor: René Schwertfeger, Vertriebsleiter bei T&B electronic, www.tbelectronic.eu
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2022, Seite 32, Foto: T&B electronic GmbH)