Ökologisch und ökonomisch: Beton aus Hausmüllverbrennungs-Rostasche
Um den Baustoff Beton umweltschonender herzustellen, starteten zwei Kasseler Professoren im September 2021 ein innovatives Projekt. Das Ziel: die Produktion von HMV-Öko-Beton für die „ökologische Optimierung von Betonprodukten durch Nutzung mineralischer Fraktionen von Hausmüllverbrennungs-Rostasche“.
Derartige Rostasche besteht zu großen Teilen aus Mineralphasen, die nicht zur Stromgenerierung beitragen, da sie nicht oder nur unvollständig verbrannt werden. Allein in der MHKW Kassel fallen jährlich rund 50.000 Tonnen Asche an, die bisher nur unzureichend an der Kreislaufwirtschaft teilhaben. Ziel des Projektes ist es daher, das Material in den Massenbaustoff Beton einzubinden. Die Vorstellungen der Initiatoren David Laner, Fachgebietsleiter Ressourcenmanagement und Abfalltechnik, und Bernhard Middendorf, Fachgebiet Werkstoffe des Bauwesens und Bauchemie, gehen aber weiter: Sie möchten nicht nur die Gesteinskörnung ersetzen, sondern die Asche außerdem als Zementersatzstoff nutzen. Dadurch lassen sich Schotter und Sand einsparen, CO2-Emissionen vermeiden und Deponieraum reduzieren.
Im Projekt wurden nach Gewinnung der Hausmüllverbrennungs-Aschen ihre materielle Zusammensetzung sowie ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften untersucht. Für die kleineren Körnungen folgte die Abtrennung von Salzen und Metallen, insbesondere des feinen metallischen Aluminiums, das sehr reaktionsfreudig ist und im Beton Wasserstoffbildung und Risse verursachen würde. Die mineralische Restfraktion galt es dann so rein zu gewinnen, dass die im Grob- und Mittelkornbereich als Ersatzgesteinskörnung im Beton dienen kann. Um das Feinstkorn als Bindemittelersatz nutzen zu können, muss es noch einmal gemahlen werden.
Leistungsfähiger und nachhaltiger Baustoff
Dessen Verwendung ist innovativ, denn „bisher wurde allerdings noch kein Zement ersetzt“, erklärt Professor Middendorf. Durch die Entwicklung eines umweltfreundlicheren Betons soll ein leistungsfähiger und nachhaltiger Baustoff zur Verfügung stehen. Somit könnte die hochwertige Nutzung der mineralischen Feinstfraktion der HMV-Asche in Beton den Anteil von Verbrennungsasche, der auf Deponien landet, von derzeit knapp 60 Prozent auf etwa 20 Prozent reduzieren. „Für Deutschland würde das eine Entlastung der Deponiekapazitäten um zwei Millionen Tonnen pro Jahr bedeuten. Dadurch werden zusätzlich in gleichem Ausmaß natürliche Rohstoffe, insbesondere Sand und Kies, durch die verstärkte Kreislaufführung geschont“, meint Professor Laner. In der laufenden Phase des auf zwei Jahre Förderung durch die der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) terminierten Projekts sollen neue Betonrezepturen entwickelt und daraus Demonstrationsprodukte hergestellt werden. Gelant sind Betonfertigprodukte ohne Stahlbewehrung: „Wir können aus dem Öko-Beton zum Beispiel Stadtmöbel herstellen. Weitere Einsatzmöglichkeiten sehen wir insbesondere bei Lärmschutzwänden, Pflastersteinen und Betonfertigteilprodukten“, prognostiziert Middendorf.
Anschließend ist vorgesehen, die Betonprodukte auf ihre bautechnischen Eigenschaften und auf umwelttechnische Aspekte wie beispielsweise ihr Auslaugverhalten zu untersuchen. Zum Schluß ist eine Ökobilanzierung des Verfahrens geplant. In jedem Fall wird sein größter wirtschaftlicher Vorteil in der Einsparung von Entsorgungskosten für die Asche sowie reduzierten Kosten bei der Betonherstellung durch die Zementeinsparungen liegen. Hinzu kommen Erlöse durch die Abtrennung von Metallen bei der Asche-Aufbereitung.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 11/2022, Seite 20, Foto: Daniele Longo / pixabay.com)