Digitalen Wandel praxisnah umsetzen
Die Zukunft der Transport-, Logistik- sowie Entsorgungsbranche ist nicht nur in Bayern geprägt von digitalen Werkzeugen und Prozessen. Wie stark deren Wirkung ist und wie weit die Konsequenzen reichen, zeigte die Frühjahrstagung „Vier machen den Weg frei“ am 27. Februar 2025 in München, die mit den Schwerpunkten Künstliche Intelligenz (KI), Cybersecurity und E-Mobilität jene Themen adressierte, die Unternehmen aller Größen und Fachgebiete derzeit intensiv beschäftigen.
Eingeladen hatten die vier bayerischen Branchenverbände Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen e.V. (LBO), LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure e.V., Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) e.V. sowie Verband der Bayerischen Entsorgungsunternehmen e.V. (VBS). „Mit über 180 Teilnehmenden war die Veranstaltung sehr gut besucht, mit einem durchgängig positiven Feedback“, resümieren die Veranstalter. „Die Gespräche mit den Referentinnen und Referenten während des Tages und beim anschließenden Netzwerken haben deutlich gemacht, wie sehr die Themen der Branche auf den Nägeln brennen und wie groß der Bedarf an Wissen und praktischen Beispielen ist. Das Konzept unserer erstmals gemeinsam gestalteten Tagung hat sich auf Anhieb bewährt.“
Dass Digitalisierung nicht nur Veränderungsbereitschaft und Aufwand bei den Unternehmen bedeutet, sondern auch einen Ausweg aus dem hohen Bürokratieaufwand schaffen kann, machte in seinem Impulsvortrag Bayerns Digitalminister Dr. Fabian Mehring deutlich. Er erklärte, dass amtlicherseits das Prinzip des Digitalen Wandels im Freistaat inzwischen so weit gediehen ist, dass kein neues Gesetz mehr das Kabinett verlässt, bevor nicht von seinem Haus „auf dem Seziertisch der Digitalisierung“ die zeitgemäße Umsetzbarkeit bestätigt wird. Gleichzeit unterstrich er die ökonomische und gestalterische Notwendigkeit der digitalen Transformation für die Unternehmen. Angesichts der demografischen Entwicklung „haben wir gar keine andere Wahl“, als das Zusammenspiel von Prozessen und Fachkräften zu optimieren. Welche wirkungsvollen, praxisgerecht einsetzbaren Werkzeuge dafür inzwischen zur Verfügung stehen, demonstrierten die Vertreter zweier junger Unternehmen aus der Digitalwirtschaft. Timm Rotter, Gründer der KI-Beratung disruptive, machte klare Ansagen zur Anwendung von KI („Vergesst ChatGPT“), gab klare Handlungsempfehlungen zum AI Act („KI-Guidelines für die eigene Organisation schaffen, die Spieregeln zugunsten von Nutzen und Mehrwert sichtbar machen“) und stellte einen Wegweiser auf zur intelligenten und wirtschaftlichen Nutzung der Bildverarbeitung („Der Bäcker, der am Abend seine Restbestände mit bildgestützter KI inventarisiert, reduziert seinen Ausschuss um zwei Drittel“). Wo KI ihren wahren Nutzen entfaltet, zeigte Noa Soft am praktischen Beispiel einer Bus-Reservierung, bei der eine durchdachte Automatisierung den Hebel bei Zeit und Aufwand ansetzt.
Cyber-Kriminalität bedroht jedes Unternehmen
Ein wesentlicher Teil der Tagung befasste sich mit den Sicherheits-Aspekten, die aus der Digitalisierung und Elektrifizierung von Prozessen und Anlagen entsteht. Direkt aus der Praxis berichteten der Versicherer Kravag, die SVG Süd sowie der Leiter Task Force bei der Firma smartSEC über konkrete Fälle von Cyber-Kriminalität, die verursachten Schäden und die teilweise existenziellen Folgen in den Unternehmen. Zusammen wiesen sie nicht nur auf die Bedeutung eines verbindlichen und regelmäßigen Notfallplans hin, sondern warnten auch davor, sich trotz ergriffener Maßnahmen in Sicherheit zu wähnen: „Es ist nicht die Frage, ob es einen trifft, sondern wann.“ Selbst regelmäßige Backups der Firmendaten würden unter Umständen nicht ausreichen, wenn diese ebenfalls exponiert sind.
Vorbeugende Planung benötigt
Wie komplex verschiedene Faktoren von Fortschritt und Sicherheit zusammenwirken, ergab sich aus den Informationen zur Errichtung von Gewerbebauten, der Installation und Nutzung von Photovoltaik, der Anwendung und Lagerung von Lithium-Ionen-Akkus und der richtigen Reaktion bei Zwischenfällen oder Bränden. Sebastian Marquart von der Köster GmbH, einem Spezialisten für Logistikimmobilien, riet zur frühzeitigen Planung und Auslegung von Neubauten sowie der Umrüstung und Anpassung im Bestand von Logistikimmobilien unter Einbeziehung aller Beteiligten. Maik Reimann, Risk Enginieer bei der Oskar Schunck GmbH & Co. KG, verdeutlichte, wie Vorsorge und Versicherung Hand in Hand gehen und wie sich entsprechende Verträge auf den Stand der Technik und der Fortentwicklung anpassen lassen.
In einer Schlussrunde schilderten und diskutierten drei Unternehmer ihr Vorgehen beim Umstieg auf die E-Mobilität und untermauerten mit konkreten Zahlen, dass derzeit ohne gezielte Förderung eine Wirtschaftlichkeit von E-Verkehren kaum darstellbar ist. Benedikt Roßmann von der Spedition Ansorge, Johannes Herold von Heinz Entsorgung und Martin Scharf, Busunternehmer und LBO-Vorstand für Technik & Digitales, sammeln seit Jahren Erfahrungen mit E-Lkw und -Bussen, zum Teil mit in Eigeninitiative umgerüsteten Fahrzeugen.
Ihr gemeinsamer Nenner: „Es gehört zum unternehmerischen Handeln, sich auf die Zukunft vorzubereiten und Risiken anzunehmen, die aus dem Fortschritt entstehen. Es gehört aber genauso dazu, mit der nötigen Vorsicht zu agieren und die Wirtschaftlichkeit jeder Entscheidung zu prüfen. Ein Selbstläufer ist E-Mobilität noch nicht.“
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2025, Seite 25, Foto: Gerd Altmann / pixabay.com)