Kreislauffähige flammgeschützte Kunststoffe
Mit den kommenden Vorschriften des Europäischen Green Deals, die spezifische Recyclingquoten festlegen, steht die Kunststoffindustrie vor großen Herausforderungen. Insbesondere flammgeschützte Kunststoffe benötigen innovative Ansätze, da es an bestehenden flammgeschützten PCR-Abfallströmen mangelt.
Das Projekt „HFFR-Up2Cycle“ unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF macht sich zur Aufgabe, die Nachhaltigkeit von Kunststoffen zu erhöhen, deren Formulierungen auf Flammschutzmitteln basieren. Durch die Untersuchung und Optimierung von recycelten und aufbereiteten PCR-Materialien (Post-Consumer-Recycling) wie Polyolefinen (PP, PE), PET, PC/ABS, PA und flexiblem PU-Schaum soll sowohl der Flammschutz verbessert, die langfristigen mechanischen und thermischen Eigenschaften dieser Materialien gesteigert wie auch die Kreislauffähigkeit simuliert werden.
Halogenfreie flammgeschützte (hffr-) Kunststoffe sind eine umweltfreundliche Alternative, wobei die Daten über deren Recyclingfähigkeit immer noch gering sind. Hochwertige Anwendungen benötigen Flammschutzmittel, was zusätzliche Herausforderungen bei der Verwendung von Rezyklaten mit sich bringt. Das Projekt strebt an, dass die entwickelten flammgeschützten Rezyklate ähnliche Eigenschaften wie Neuware aufweisen und in geschlossenen Kreislaufprozessen stabil bleiben. Dies wird durch die gezielte Optimierung der Additive sowie die umfassende Bewertung während des Recyclings erreicht.
Projektziele von hffr-Up2Cycle:
- Kartierung und Charakterisierung von marktverfügbaren PCR-Materialien aus verschiedenen Quellen wie Verpackungen und hochwertigen Anwendungen.
- Identifikation von Strategien zur Erhöhung der Nachhaltigkeit in ausgewählten Anwendungen durch die Verwendung von PCR, einschließlich maßgeschneiderter Formulierungen für den Spritzguss in den Bereichen Elektronik/Elektrotechnik, Automobil, Kabel und Bauanwendungen.
- Entwicklung flammgeschützter Formulierungen, die auf ausgewählten marktverfügbaren PCRs basieren und für die jeweiligen Anwendungen geeignet sind.
- Analytische Bewertung der Wechselwirkungen zwischen Flammschutzmitteln und anderen Additiven in den PCR-Kunststoffen.
- Etablierung einer Strategie für die Restabilsierung und Polymerzugaben über mehrere Recyclingzyklen, um den Flammschutz und mechanische Eigenschaften auf einem anwendbaren Niveau zu halten.
Methoden und Vorgehensweise: Materialauswahl
In diesem Schritt werden Wege zur Erhöhung der Nachhaltigkeit flammgeschützter Kunststoffverbindungen identifiziert. Dies kann durch das Upcycling von Verpackungs-PCRs, das Upcycling von PCRs aus hochwertigen Anwendungen oder die Wiederverwendung von geschlossenen Kreislauf-Rezyklaten erfolgen.
Die Materialauswahl basiert auf der Verfügbarkeit der Materialien und zukünftigen Vorschriften (z. B. Anforderungen an geschlossene Kreisläufe). Es werden marktverfügbare PCRs ausgewählt, die aus Abfallströmen stammen, die aus End-of-Life-Materialien gespeist werden, wie zum Beispiel durch Pfandsysteme, Straßensammlungen (z. B. Gelber Sack in Deutschland) oder Restmüll. Für Anwendungen mit geschlossenen Kreislaufanforderungen werden exemplarische Abfallstrommaterialien, insbesondere Rezyklate aus flammgeschützten Anwendungen, ausgewählt. Ziel ist die Auswahl von 5-7 repräsentativen, marktverfügbaren PCRs.
Analytik und Charakterisierung
Nach der Materialauswahl erfolgt eine detaillierte analytische Untersuchung und Charakterisierung jedes Abfallstroms, einschließlich PP, PE (HDPE, LLDPE), PET (PET/GF), PC/ABS, PA6 und PA66 sowie Mischungen (z. B. PP/PE). Die Charakterisierung basiert auf standardisierten Methoden (OIT, TGA, DSC, IR, NMR) und mechanischen Tests (Bruchdehnung, Zugfestigkeit). Die Flammschutzmittel in den geschlossenen Kreislauf-Rezyklaten werden mithilfe spektroskopischer Methoden bestimmt, und auch der Bromgehalt wird analysiert. Ziel ist eine vollständige Charakterisierung jedes ausgewählten Abfallstroms.
Festlegung der Formulierungen und Compoundieren
Die Auswahl der flammgeschützten Systeme erfolgt in enger Absprache mit projektbeteiligten Unternehmen. Das Compoundieren und Testen des Flammschutzes (z. B. UL-94, LOI, Kegelkalorimetrie, CTI) ist ein zentraler Punkt für die Bewertung der flammgeschützter Rezyklate. Der Einfluss der Abweichung der PCR-Qualität auf den Flammschutz wird ebenfalls berücksichtigt.
Die Zugabe von Neuware wird bewertet, um einen stabilen Flammschutz zu erreichen. Ziel ist eine Aussage zum Flammschutz der Rezyklate, basierend auf den analytischen Ergebnissen in Abhängigkeit von ausgewählten PCRs und deren Qualität. Für jede Anwendung/Polymerabfallstrom werden zwei bis drei Compoundiersessions mit mehreren Formulierungen pro Sitzung durchgeführt.
Haltbarkeit bei Alterung und Recycling
Für die Formulierungen wird die Untersuchung der Prozess- und Langzeiteigenschaften der flammgeschützter Rezyklate durchgeführt. Die Bewertung der Materialoptimierung während der Kunststoffverarbeitung und der beschleunigten Alterung (Ofenalterung bis zu 2.000 Stunden) erfolgt durch analytische Charakterisierung und Zugtests. Die effektive Wechselwirkung aller Additive im Compound wird analysiert, um die Eigenschaften der Rezyklate je nach Abfallstrom und dessen Qualität zu optimieren. Um die Wirksamkeit während geschlossener Kreislaufprozesse zu simulieren, wird die Recyclinghaltbarkeit durch mehrfache Extrusion bewertet. Nach den Extrusionen werden Readditivierungskonzepte getestet. Die Evaluation der Materialeigenschaften umfasst Flammschutztests und mechanische Eigenschaften sowie analytische Methoden zur Darstellung des Polymerabbaus. Ziel ist die Auswahl von Wertstoffströmen, die zu hochwertigen flammgeschützten Kunststoffen führen, die mit Neuware vergleichbar sind. Für die geschlossenen Kreislaufmaterialien sollte ein stabiler Flammschutz über mehrere Extrusionen erreicht werden, einschließlich eines Konzepts für die Readditivierung.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 05/2025, Seite 30, Foto: Fraunhofer LBF)