Einsatz von Recyclingbaustoffen: Perspektiven und Hindernisse

Viele Kommunen in Deutschland haben weiterhin Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von Recyclingbaustoffen in öffentlichen Bauprojekten. Auf dem diesjährigen Baustoff-Recycling Forum und bvse-Mineraliktag in Berchtesgaden diskutierten öffentliche Auftraggeber, Vertreter der Bauindustrie, Architekten, Entsorger und Aufbereiter akzeptanzsteigernde Maßnahmen. Dabei zeigte sich: In der Branche schwindet die Hoffnung auf einen bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen. Die Mantelverordnung wird teilweise als gescheitert erachtet. Und man will – so scheint es – nicht noch einmal zehn Jahre darauf warten.

Moderiert wurde die Veranstaltung am 6. und 7. Februar wieder von Jürgen Weber und Michael von Malottky, Vorsitzende des bvse-Fachverbands Mineralik – Recycling und Verwertung. Ein Thema war unter anderem die zunehmende Komplexität von Umweltschutzvorgaben. Wie Matthias Moosleitner (Präsident Baustoff-Recycling Bayern e.V.) in seinem Grußwort erklärte, passt es nicht zusammen, dass trotz steigender Beschaffungskosten für Primärbaustoffe zertifizierte und qualitativ hochwertige Recyclingbaustoffe immer noch zu wenig akzeptiert sind oder nachgefragt werden. Von jährlich zehn Millionen Tonnen Bauschutt in Bayern würden zwar 90 Prozent dem Recycling zugeführt – das heißt in Recyclinganlagen zur Aufbereitung gefahren –, aber nur 20 bis 30 Prozent als Recyclingbaustoffe im Straßen- und Erdbau sowie zum Teil in der Betonherstellung verwendet, so Moosleitner: „Der Rest geht auf Halde, wird verfüllt oder auf einer Deponie beseitigt. Dabei kämpft die Bauwirtschaft mit explodierenden Entsorgungspreisen und immer länger werdenden Transportwegen zu noch aufnahmefähigen Verfüllgruben. Der Entsorgungsnotstand für mineralische Bau- und Abbruchabfälle ist für mich nicht nur absehbar, sondern er ist bereits eingetreten.“

Klares Bekenntnis gefordert

Matthias Simon (Bayerischer Gemeindetag) äußerte in einer Statement-Runde im Programm, dass sich das Bauen durch die strengeren Auflagen und Maßstäbe bei der Beprobung und Behandlung von Bodenaushub und Abbruchabfällen verteuert. So hätten sich in Bayern mit 2.000 Gemeinden, von denen 1.500 weniger als 5.000 Einwohner haben, die Kosten für den Baugruben-Aushub in den letzten Jahren verdreifacht. Ein privater Häuslebauer müsse bis zu 30.000 Euro in die Hand nehmen, um Bodenaushub zu entsorgen. Warum das Thema Baustoffrecycling bei vielen Kommunen nicht ankommt, erklärte Simon damit, dass die Gemeinderäte zumeist Laiengremien seien, denen es diesbezüglich an Sachkenntnis fehle. Und die Landratsämter seien oft überfordert.

Jürgen Weber und Michael von Malottky (Foto: Marc Szombathy)

Andererseits fordern aber immer mehr Kommunen von der Bayerischen Staatsregierung ein klares politisches Bekenntnis zur stofflichen Verwertung von Bauabfällen, die Verfüllung in Gruben, Brüchen und Tagebauen sowie den Wiedereinbau in technische Bauwerke, wie Simon verdeutlichte. So heißt es in einer Resolution des Landkreises Garmisch-Partenkirchen durchaus sachkenntlich: Die Verfüllungsmöglichkeiten für Böden und Bauschutt müssen in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Staatsregierung von 2015 und der Wirtschaftsministerkonferenz der Bundesländer von 2016 beibehalten werden. Es sollten einheitliche Vollzugsregeln greifen. Es sollten regionale Einzelfallregelungen getroffen werden können, die Verfüllungen auch bei Überschreitung der Eluatgrenzwerte ermöglichen – abhängig von den örtlichen geologischen und hydrologischen Bedingungen.

Der Landkreis Garmisch-Partenkirchen erachtet es des Weiteren als dringend erforderlich, praxisgerechte Kleinmengenregelungen und Bagatellgrenzen bei Abfallgemischen einzuführen sowie deren Untersuchungs- und Beprobungspflichten zu vereinfachen. Für die Entsorgung belasteter Böden müssten umweltgerechte und praktikable Lösungen gefunden werden. Im Rahmen von Pilotprojekten sollten in Regionen mit besonders hohen geogenen Bodenbelastungen Erfahrungen mit der Ausweitung von Bodenplanungsgebieten gesammelt werden. Die Schadstoffgrenzwerte müssten mit Blick auf das Niveau der angrenzenden europäischen Nachbarn angepasst werden. Der Gesetzgeber sollte praxisgerecht den naturwissenschaftlichen Nachweis führen, ob spezifische schädliche Belastungen tatsächlich spezifische Grenzwerte überschreiten. Auf Unverständnis stößt dabei, dass Regionen mit geogen-belasteten Böden von einer Bebauung ausgenommen werden sollen. Angesichts der Wohnraumverknappung in Bayern sei das ein Unding, fasste Matthias Simon zusammen.

Thomas Paetzold (Foto: Marc Szombathy)

Was der Gesetzgeber nicht bedenkt

Dipl.-Geol. Thomas Paetzold (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie) sprach sich für einheitliche Rahmenbedingungen aus und kritisierte bezogen auf die Mantelverordnung – wenn sie denn kommt –, dass der Gesetzgeber Initiativen ergreift und dann die Folgen nicht bedenkt. So scheint der „Transport-Tourismus“ in der Debatte keine Rolle zu spielen. Wie und nach welcher Rechtsgrundlage werden auch einzelne Materialien am Anfallort klassifiziert? Nach wie vor seien die Beprobungsverfahren von Bundesland zu Bundesland anders geregelt. Und
Paetzold stellte einen „Teufelskreis der Werte-Verschärfung aus Gesundheits- und Umweltschutzgründen“ fest: „Wir laufen auf eine Z0-Kultur hin und kriminalisieren darüber die natürlichen Baustoffprodukte, die auch Werte haben, die unter Umständen kritisch sind. Für die stärker belasteten Materialien gibt es heute keinen Markt mehr. Kein Mensch will mehr was haben, das nur ein bisschen belastet ist. Und sobald wir ein Material auf der Baustelle haben, ist die Haftung bei uns als Baufirmen. Was machen aber die kleinen Bauunternehmer, die sich kein Prüflabor leisten können? Die haben keine Rechtssicherheit, wenn sie ein Material von ihrem Auftraggeber annehmen und dann eine offizielle Untersuchung ansteht.“

Der Deutsche Abbruchverband (DA), der durch Michael Weiß (Ettengruber GmbH) vertreten war, plädiert für eine gesamtheitliche Betrachtung des Stoffkreislaufes: „Bislang setzt das Denken bei der Entsorgung von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen sowohl im technischen, aber auch rechtlichen Verständnis erst an, wenn die Abfälle angefallen sind und eine Entsorgung ansteht. Das ist zu kurz gedacht.“ Die Qualität einer ordnungsgemäßen Entsorgung hänge nicht nur von der Trennung und dem Anfall von Abbruchabfällen auf der Baustelle ab, sondern auch von den Materialien, die früher verbaut worden sind. Über die Gefährlichkeit von Baustoffen könnten oft erst Jahre später Erkenntnisse gewonnen werden – siehe Asbest, Künstliche Mineralfasern (KMF) oder schwermetallhaltige Anstriche. Tatsächlich würden immer mehr Verbundmaterialien (Ziegel mit Perlit- oder KMF-Füllung zum Beispiel) verbaut, die heute technisch noch nicht trennbar und daher recyclbar sind und die Branche erst in etwa 15 Jahren beschäftigen werden. Im Trend liegen Fertighäuser mit vorgefertigten Komposit-Elementen aus zwölf und mehr verschiedenen Materialien mit Dämmstoffen oder Feuchtigkeitsabdichtungen.

Für eine Vorerkundungspflicht

Der DA fordert, den Bauherrn als Veranlasser von Abbruchmaßnahmen in die Pflicht zur Vorerkundung zu nehmen. Nur so könne sichergestellt werden, dass vor Beginn des Abbruchs/Rückbaus die Schadstoffe entfernt und die verbleibende Gebäudesubstanz hochwertig verwertet werden. Dabei sei der selektive Rückbau längst Stand der Technik: Abbruchmaterialien werden auf der Baustelle getrennt und einer Verwertung zugeführt. Nach Auffassung des Verbandes ist aber nicht sichergestellt, dass das rückgewonnene Material wieder dem Kreislauf zur Verfügung steht. Die Herstellung hochwertiger RC-Baustoffe – in Bayern zusätzlich zertifiziert – laufe ins Leere, wenn RC-Baustoffe nicht den gleichen Wert haben wie Primärbaustoffe. Trotz des Vorrangs der stofflichen Verwertung (Recycling) vor der Beseitigung und Deponierung und hier zahlreicher Initiativen zur Akzeptanzsteigerung hätten diese Bemühungen bisher nicht gefruchtet. „Immer wieder wird das Argument laut, dass dies mit der Unsicherheit der ausschreibenden Stellen zur Entwicklung der Mantelverordnung zusammenhängt “, kommentierte Weiß.

Matthias Simon (Foto: Marc Szombathy)

Der DA lehnt die Mantelverordnung ab und geht davon aus, dass mit Inkrafttreten des Regelwerks 50 bis 60 Millionen Tonnen mineralische Abbruchmaterialien und vor allem Bodenaushub, der nach dem Bayerischen Verfüll-Leitfaden bislang verfüllt werden darf, auf Deponien verbracht werden müssen. Das Bundesbauministerium hingegen rechnet mit einer Stoffstromverschiebung von 13 Millionen Tonnen. „Wir begrüßen daher ausdrücklich den Beschluss des Bayerischen Landtags, wonach sich die Bayerische Staatsregierung beim Bund dafür einsetzen soll, dass die derzeit bestehenden Möglichkeiten der Verfüllung von Gruben, Brüchen, Tagebauen mit mineralischen Abbruchmaterialien und Bodenaushub nach bayerischer Praxis beibehalten wird“, erklärte Weiß.

Umklassifizierung erhöht den Aufwand

Die Konsequenz der Mantelverordnung stellte er an einem Beispiel dar: „Nehmen wir ein Haufwerk auf einer innerstädtischen Baustelle mit Z1.2-Material. Normalerweise muss dieses Haufwerk innerhalb eines Tages von der Baustelle weggefahren werden – zur nächsten Z1.2-Grube in einem Radius von vielleicht 50 Kilometer. Dann ist dieses Haufwerk offiziell entsorgt. Nach Einführung der Mantelverordnung ist der Entsorgungsweg Z1.2-Grube ersatzlos gestrichen. Dieses Material wäre klassifiziert als DK-0-Material. Die nächste DK-0-Deponie liegt dann vielleicht 120 Kilometer entfernt. Doppelte Entfernung, doppelter Fahrweg. Bedingt doppelten Fahrzeug-Einsatz, weil ich ja trotzdem das Material an einem Tag wegbringen muss. Die Umklassifizierung des Materials erhöht den Aufwand und zieht einen Rattenschwanz nach sich. Bei dieser Stoffstromverschiebung wird zwangsläufig mehr Deponieraum benötigt.“ Bis 2025 verfüge Bayern zwar über ausreichend Deponiekapazitäten, aber nicht flächendeckend. Engpässe und Bedarf an DK-0-Deponien gebe es bereits in Franken. Berichten zufolge schränken die Deponiebetreiber die Anliefermengen ein. Dieser Trend könnte sich verschärfen.

Der DA sieht schon vor 2025 Bedarf an neuen Deponien und befürchtet steigende Entsorgungskosten. Als Lösung wird ein einheitliches Regelwerk vorgeschlagen, das nicht auf dem derzeitigen Entwurf der Mantelverordnung, sondern auf den gegenwärtigen Anforderungen zur Verwertung basiert. RC-Baustoffe würden nachweislich durch die Bauwirtschaft in den letzten 25 Jahren die Umwelt, Böden und das Grundwasser nicht belasten. Das einheitliche, harmonisierte Regelwerk sollte den ganzen Stoffkreislauf umfassen – beginnend bei der Planung der Verantwortlichkeit des Bauherrn als Veranlasser der Maßnahme, der Festlegung für Anforderungen auf der Baustelle und der Aufbereitung mineralischer Bau- und Abbruchabfälle bis hin zu ordnungsgemäßen Beseitigung und Deponierung. Die bisherigen Regelungen seien nicht mehr von den Unternehmen zu überschauen. Stichworte: Regulierungswut oder Bürokratie. Es sollte einfacher werden.

Johannes Gritz (Foto: Marc Szombathy)

Ohne Deponien geht es nicht

Für Johannes Gritz (Die Grünen Engel/Durmin Entsorgung und Logistik GmbH) bringen Regeln gar nichts, wenn sich nicht an sie gehalten wird. Und Regeln gebe es mehr als genug. Gritz: „Jedes Mal werden auf solchen Veranstaltungen wie dieser Regeln erklärt. Und seit über zehn Jahren sprechen wir über eine Regel, die noch keine ist. Viele Recycler können das Thema Ersatzbaustoffordnung/Mantelverordnung nicht mehr hören.“ Entscheidend sei, dass gütegeprüfte RC-Baustoffe in öffentlichen und privaten Baumaßnahmen eingesetzt werden. Im privaten Bereich würde das aufgrund der boomenden Konjunktur schon ganz gut funktionieren. Der kommunale Bereich ziehe insbesondere in Bayern beim Straßenbau allmählich nach. Dass die Gemeinden die Kompetenz nicht mitbringen, wie das Matthias Simon vom Bayerischen Gemeindetag als Interessenvertretung darstellte, will Gritz nicht gelten lassen: „Fakt ist doch, dass gerade im kommunalen Bereich Probleme auftauchen bei der Entsorgung von Abfallstoffen. Also muss man sich doch, wenn man in einem regionalen, lokalen Kontext handelt, darüber Gedanken machen, wie man da Materialien guter Qualität wieder unterbringt. Das kann man sich gar nicht vorstellen, dass Kommunen großflächige Parkplätze bauen – ausschließlich unter dem Einsatz von Primärbaustoffen. Da kommt keiner drauf, RC-Baustoffe einzusetzen. Wir verkippen wertvolle Rohstoffe bei Verfüllmaßnahmen und auf Deponien.“

Je höherwertiger, desto mehr Abfall

Gritz versteht in diesem Zusammenhang nicht das „Gejammer der Kommunen, wohin mit Bodenaushub und Bauabfällen“ und kritisierte die Annahme von Politikern, dass keine Deponien mehr gebraucht würden und dass sich das Entsorgungsproblem mit Recycling lösen ließe: „Das ist ein Ammenmärchen. Recycling ist immer ein Downcycling-Prozess. Je höherwertig der Baustoff sein soll, desto mehr Abfall haben wir. Und dafür brauchen wir Deponien. Wir werden immer das Zusammenspiel zwischen Deponie, Verfüllung, Recycling brauchen. Aber wir können den Stoffstrom, der in die Deponierung und Verfüllung geht, deutlich reduzieren.“ Das wurde in der anschließenden Diskussion, an der neben Matthias Simon, Thomas Paetzold, Michael Weiß, Johannes Gritz auch Dipl.-Ing. Bernhard Gerstmayr (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz) und Prof. Dr. Andrea Versteyl (avr – Andrea Versteyl Rechtsanwälte Partnergesellschaft mbH) teilnahmen, ähnlich gesehen. Recycling sei nicht die Lösung aller Probleme, zumal die Messlatte hier immer höher gesteckt wird. Auch in Zukunft müssten Deponien gebaut werden – wenn weiter gebaut werden soll und es das Ziel ist, benötigten Wohnraum zu schaffen.

In Zukunft noch komplizierter?

Stefan Schmidmeyer (Foto: Marc Szombathy)

Dabei zeigte sich in der Gesprächsrunde: In der Branche schwindet die Hoffnung auf einen bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen. Die Mantelverordnung wird teilweise als gescheitert erachtet und sie lässt ohnehin befürchten, dass in Zukunft alles noch komplizierter und aufwändiger wird. Auch will man – so scheint es – nicht noch einmal zehn Jahre darauf warten. Dass der Erfüllungsaufwand der Mantelverordnung erheblich ist, bestätigte der Normenkontrollrat im April 2017 in einer Stellungnahme. Wie Andrea Versteyl, die Mitglied im Normenkontrollrat und Richterin am Sächsischen Verwaltungsgericht in Leipzig ist, betonte, sei der Erfüllungsaufwand durch Anhörung verschiedener Interessenvertretungen und insbesondere durch das stattgefundene Planspiel nachvollziehbar ermittelt worden.

Auf die Frage von Moderator Michael von Malottky, warum RC-Baustoffe nicht vorrangig und gemäß der fünfstufigen Abfallhierarchie eingesetzt werden, wiederholte Matthias Simon seinen Standpunkt, dass es in den Kommunen an Wissen fehle und hier mehr Aufklärung zu leisten sei. So herrsche in den „Laiengremien“ die Angst vor, dass RC-Baustoffe trotz Zertifizierung und Qualitätskontrolle nach dem Einbau in einer späteren Zukunft Probleme bereiten könnten. Jeder politisch und umweltbewusst Handelnde sei einem Zielkonflikt ausgesetzt. Die Zertifizierung sei aber der richtige Weg.

Güteüberwacht hin oder her

Bernhard Gerstmayr kann die Sorgen nachvollziehen und berichtete von Fällen in Bayern, wo Waldwege zurückgebaut werden mussten: „Da hatten sich die zuständigen Behörden auf fehlerhafte Prüfzeugnisse verlassen. Für die Mitarbeiter, die eine Entscheidung treffen müssen, ist das nicht einfach. Es gibt außerdem rechtliche Unsicherheiten.“ Der bayerische Verfüll-Leitfaden und die Zusammenarbeit der Branchenakteure mit den Kommunen würden allerdings gut funktionieren. Der Freistaat sei hier gut aufgestellt, Bundesgesetze könnten jedoch Gegenteiliges bewirken. „Mit oder ohne Mantelverordnung werden wir die Aufgaben aber bewältigen“, meinte Gerstmayr und wich der Frage von Moderator Jürgen Weber aus, wie es mit dem Bedarf an Deponieraum in den nächsten Jahren und über 2025 hinaus aussieht – wenn es bei den bisherigen Regelungen bleibt und wenn die Mantelverordnung kommt. Thomas Paetzold pflichtete Bernhard Gerstmayr bei und äußerte Verständnis, dass zum Beispiel die Stadt Hannover den Einsatz von RC-Materialien bei innerstädtischen Tiefbaumaßnahmen kategorisch ausschließt: „Wer sagt denn, dass nicht morgen der Gesetzgeber die Untersuchung eines neuen Schadstoffs ankündigt oder einen Schadstoff verschärft, sodass im nächsten Schritt, wenn die Kommune Material in die Hand nimmt – güteüberwacht hin oder her – die Kommune damit konfrontiert wird. Das ist das Kernproblem.“

Die Qualität muss stimmen

Michael Weiß sprach sich in der Diskussion für eine Fortschreibung des Verfüll-Leitfadens dahingehend aus, dass mehr und weiterhin Materialien größer Z0 und Z0* (bis Z1.1 und Z1.2) verfüllt werden können. Die Bayerische Staatsregierung könne nicht behaupten, es sei über 2025 hinaus im Freistaat ausreichend Deponieraum vorhanden. Das stimmt nach Auffassung des Deutschen Abbruchverbandes einfach nicht. Was soll auch eine Mantelverordnung bringen, die die LAGA-Konvention nicht berücksichtigt? Die Qualität muss stimmen, dann gibt es auch keine Absatzprobleme. Zudem müssen die Risiken, RC-Baustoffe einzusetzen, verteilt werden, so Weiß.

Andrea Versteyl plädierte dafür, dass – wie in einigen Bundesländern schon der Fall – die öffentliche Hand verpflichtet wird, bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen auf RC-Material hin auszuschreiben. „Das bist doch der Punkt“, erklärte die Juristin: „Diejenigen, die erzeugen oder besitzen, haben doch nur die Möglichkeit, über ein Straßenbauunternehmen zum Beispiel das Material anzubieten. Entscheidend ist: Lässt die Ausschreibung das zu? Ich kann doch nicht den Vorrang der Verwertung in der Abfallhierarchie statuieren und gleichzeitig zulassen, dass es bei den wesentlichen Einsatzgebieten nicht geschieht und auch nicht geschehen muss. Ich würde da nicht mehr weiter auf Akzeptanz vertrauen. Die Gerichte sagen, der Erzeuger hat kein Rechtsschutzbedürfnis. Wir sind somit schon an der Zulässigkeit gescheitert. Verwertungsvorrang bedeutet, dass die öffentliche Hand RC-Baustoffe mit in die Ausschreibung aufnehmen und mit zulassen muss. Ob sie dann im Einzelfall geeignet sind und wie sie sich im Wettbewerb darstellen, ist eine andere Frage. Aber der Erzeuger hat null Chancen, selbst zu klagen, sich dafür einzusetzen, wie das Material nun tatsächlich wieder rückgeführt wird in den Kreislauf.“

„Es gibt keinen Recyclingbonus“

Dr.-Ing. Kyriakos Vassiliou (Foto: Marc Szombathy)

Die Referenten des Baustoff-Recycling Forum und 5. bvse-Mineraliktag 2018 stellten auch fest, dass es in Deutschland schwieriger werden wird, RC-Baustoffe mit mehr als zehn Prozent Ziegelgehalt im Straßenoberbau mit hohen Anforderungen an Frostschutzmaterialien unterzubringen. Ziegelhaltige Materialien werden vor allem außerhalb des Frosteinwirkungsbereichs zum Einsatz kommen, so die Einschätzung. Stefan Schmidmeyer (Geschäftsführer Baustoff Recycling Bayern/bvse) informierte dazu über die bauphysikalischen Anforderungen für Ersatzbaustoffe – Übersicht über das Regelwerk – und dass RC-Baustoffe eine europäische Kennzeichnung erhalten. Sein Urteil: „RC-Baustoffe obliegen den gleichen Anforderungen wie Primärbaustoffe. Es gibt keinen Recyclingbonus.“

Dem Vortrag von Stefan Schmidmeyer schlossen sich Erfahrungsberichte von Dr.-Ing. Kyriakos Vassiliou (Institut für Materialprüfung Dr. Schellenberg GmbH & Co. KG) zum Einsatz von Recyclingbaustoffen im Straßen- und Wegebau und von Stefan Huber (Technische Universität München) zur Anwendung im Erdbau an. Mit einer Praxisanleitung für RC-Beton richtete sich Steffen Jacob (Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik, BTU Cottbus) an die Recycler. Thema von Uli Morgenstern (Bauer Resources GmbH) war die Einstufung von pech- und teerhaltigen Materialien. Heinz Backers (Backers Maschinenbau GmbH) stellte Aufbereitungstechnologien für Bodenaushub und Baustoffgemische aus seinem Haus vor und Martin Zimmerman (Otto Dörner Entsorgung GmbH) eine neue App, die Anwendern eine Gewerbeabfallverordnung konforme Dokumentation ermöglicht. Auf die Bedeutung einer Ersatzbaustoffverordnung für RC-Material ging Prof. Dr. Michael Siemann (Bundesumweltministerium) ein, und wie die Zukunft des bayerischen Verfüll-Leitfadens aussehen könnte, beleuchtete Ministerialrat Michael Haug (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz). Die aktuelle rechtliche Situation bei der Genehmigung von Deponien erläuterte Prof. Dr. Andrea Versteyl.

Foto: O. Kürth

(EU-Recycling 04/2018, Seite 38)

Anzeige