Der Eisen-Rudi: Auch ein Traditionsunternehmen muss mit der Zeit gehen
Der etablierte Recyclingfachbetrieb „Eisen Rudi“ ist mit der Zeit gegangen und beschäftigt sich mit aktuellen Themen und Problemen wie Fahrverbots-Panik, gut erhaltenen Dieselautos, die auf dem Schrottplatz landen, und dem Recycling von Elektroautos.
Im Jahr 1956 fing alles damit an, dass der Firmengründer Rudolf Nemela in ganz Fürstenfeldbruck, Bayern Schrott einsammelte. Bald war Nemela bei den Bürgern der Stadt nur noch als der „Eisen Rudi“ bekannt. Über 60 Jahre später besteht der Name des traditionellen Recyclingunternehmens fort; ansonsten hat sich jedoch einiges verändert. Alexander Schmid, der 2005 die Leitung des Recycling-Spezialisten in dritter Generation übernommen hat, gestattet einen Blick hinter die Kulissen des alteingesessenen Recyclingbetriebes und macht deutlich, wie sich der Aufgabenbereich im Laufe der Jahre vergrößert hat. Jedoch kommen nicht nur stets neue Aufgabenbereiche hinzu, auch die entsprechenden Regelungen und Verordnungen häufen sich in den letzten Jahren laufend. Außerdem berichtet der Fürstenfeldbrucker, inwiefern sein Betrieb den sogenannten Diesel-Wahnsinn zu spüren bekommt und gewährt einen Blick in die Zukunft des Elektroauto-Recyclings.
Herr Schmid, Sie sind in drei verschiedenen Geschäftsbereichen tätig: Metall- und Schrottgroßhandel, Containerservice und Entsorgung von Abfällen. Welcher dieser Bereiche hat für Ihre Firma den höchsten Stellenwert?
Mengentechnisch haben der Schrottgroßhandel und das Holz den größten Stellenwert. Umsatzmäßig sind es die Metalle, weil diese üblicherweise einen viel höheren Einkaufs- und Verkaufspreis haben.
Den Recyclingfachbetrieb gibt es bereits seit 1956. Inwiefern hat sich das Geschäft im Laufe der Jahre verändert?
Das Geschäft ist mittlerweile deutlich breiter aufgestellt. Wir hatten früher eigentlich eine reine Autoverwertung und einen kleinen Schrottplatz. Jetzt liegen die Schwerpunkte nach wie vor auf Autos, aber auch sehr viel mehr auf Schrott, Holz und Metallen. Auch andere Entsorgungsleistungen, die von den Kunden erwartet werden, wie zum Beispiel Bauschutt, sind gefragt. Das machen wir allerdings nicht selber, sondern kooperieren mit Partnern.
Wie hoch ist die Nachfrage nach Verschrottung von Altautos und wie hat sie sich im Bereich Autoverwertung im Laufe der Jahre verändert?
Der Trend ist definitiv rückläufig, weil wir in diesem Bereich einen Konkurrenznachteil gegenüber dem Export von Schrottfahrzeugen haben. Der Arbeitsaufwand, der hier bei einer Fahrzeugverwertung geleistet werden muss, ist relativ hoch und aufwändig.
Welche Materialien können Sie nach der Verschrottung von Altautos verwerten beziehungsweise an potenzielle Abnehmer vermarkten?
Der größte Faktor ist der Stahlschrott, wobei die Autozerkleinerung beziehungsweise das Autorecycling sich in einem Bereich befindet, in welchem ein „Großshredder“ benötigt wird. Deshalb machen wir das hier nicht selbst; dafür reicht die Anlagentechnik nicht aus. Die Trockenlegung und die Vordemontage finden bei uns statt; danach werden die Karossen an zertifizierte Schredder-Betriebe geliefert.
Die Recycler von Altautos beschweren sich zunehmend über die Schwierigkeiten, die durch die Verwendung von Verbundmaterialien entstehen. Wie begegnen Sie diesem Trend?
Es erschwert definitiv das stoffliche Recycling beziehungsweise macht es eigentlich sogar unmöglich. Die reine faktische Materialzerlegung des gesamten Fahrzeuges ist eigentlich gar nicht die Aufgabe des Entsorgungsbetriebes, sondern die des Schredderbetriebes. Großflächige Kunststoffteile können entfernt werden, aber die betriebswirtschaftliche Entfernung von Glas ist einfach nicht darstellbar. Wenn ein Auto heute entsorgt werden soll, sodass es vernünftig stofflich recycelt wird, dann wird eine Zuzahlung von ungefähr 1.000 Euro benötigt, und das ist natürlich keiner bereit zu bezahlen. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als die Fahrzeuge zu schreddern und danach im Rahmen der Möglichkeiten aufzubereiten. Wobei es auch hier immer mehr Anlagen gibt, die das immer besser hinbekommen, aber von „perfekt“ sind wir noch weit entfernt.
Wie hoch ist der Wert, der aus einem Fahrzeug herausgeholt werden kann?
Das kommt immer auf das Fahrzeug an. Generell liegt der Materialwert von einem Auto nach der Zerlegung bei ungefähr 100 Euro.
Was zeichnet Ihren Recyclingfachbetrieb gegenüber anderen aus?
Wir sind relativ breit aufgestellt und die Dinge, die wir selber machen, können wir gut. Das heißt, sowohl beim Containerservice als auch beim Schrott- und Holzrecycling haben wir relativ gute Absatzwege und können daher unseren Kunden auch recht interessante Absatzwege bieten. Besonders im Containerdienst sind wir gut aufgestellt, diesen haben wir recht gut optimiert. Außerdem sind wir für unsere Reaktionszeiten relativ preisgünstig.
Auf Ihrer Webseite weisen Sie auf die Einhaltung aller abfall- und umweltrechtlichen Bestimmungen hin. Auf welche Punkte muss besonders Wert gelegt werden?
Momentan ist die schwierigste Vorgabe die neue Gewerbeabfallverordnung. Das ist sehr problematisch, weil sich niemand genau auskennt, wie die Verordnung faktisch genau auszulegen ist. Ansonsten betreffen uns speziell natürlich die Altautoverordnung und die Bundesimmissionsschutzverordnung. Allerdings haben wir einen Spezialisten im Haus, der sich um die zahlreichen Verordnungen und deren Einhaltung kümmert. Generell ist der bürokratische Aufwand in den letzten 20 Jahren wirklich exorbitant gestiegen, und es ist definitiv eine Herausforderung, alle Regelungen einzuhalten. Man wird sehr stark von den Behörden reglementiert.
Die Gewährleistungspflichten für gebrauchte Ersatzteile werden immer strenger, aber auch die Gewerbeabfallverordnung wurde 2017 verschärft. Inwiefern spiegeln sich diese Verschärfungen in Ihrem Betrieb wieder?
Die Gewährleistung für gebrauchte Ersatzteile hat sich im Prinzip dahingehend verändert, dass sich der Gebrauchtersatzteilverkauf, wie er vor zehn bis fünfzehn Jahren gehandhabt wurde, eigentlich nicht mehr rentiert. Man befindet sich soweit in der Haftung, dass wir Gebrauchtersatzteile zum größten Teil nur noch an gewerbliche Händler abgeben, weil die entsprechende Gewährleistung nicht einzuhalten ist. Die Gewährleistungspflicht steht in keinem Verhältnis zu den Möglichkeiten. Wenn wir beispielsweise jemanden eine gebrauchte Lichtmaschine verkaufen würden und derjenige fährt 18 Monate damit, bleibt jedoch dann irgendwo stehen, sind wir in der Pflicht, das Auto wieder zum Laufen zu bringen. Außerdem werden Gebrauchtersatzteile mittlerweile über Onlineportale derartig günstig gehandelt, dass der Verkauf dieser Teile in diesem Geschäft eigentlich gar keine Rolle mehr spielt.
Aufgrund von Fahrverbots-Panik und Abwrackprämien landen zahlreiche gut funktionierende Dieselautos auf dem Schrottplatz. Wie äußert sich der sogenannte „Diesel-Wahnsinn“ bei Ihnen?
Vor ungefähr einem Jahr ging es relativ schnell los, und jetzt merken wir es sehr, sehr deutlich. Ich möchte fast behaupten, dass das mittlerweile sogar bei jedem zweiten Auto der Fall ist. Man wundert sich tatsächlich: Den Leuten wird gesagt, dass Sie eine Prämie bekommen, und dann wollen sie das Auto verschrottet haben, selbst wenn sie den Gegenwert oder sogar mehr für ihr Auto geboten bekommen. Aber die Kunden entscheiden sich trotzdem für die Verschrottung von noch gut erhaltenen Dieselfahrzeugen aufgrund von Zuschüssen beim Autoverkauf.
Wie viele Teile können Sie nach der Verschrottung eines Dieselautos verwenden? Rentiert sich die Verschrottung eines solchen Autos für Sie?
Da wir nicht groß auf den Gebrauchtteilhandel spezialisiert sind, rentiert sich die Verwertung von einem Fahrzeug zwar immer, ist jedoch kein „Wahnsinns-Geschäft“.
Können Sie die zunehmende Angst vor Wertverlust von Dieselautos nachvollziehen?
So ganz genau weiß keiner, wann die ersten Städte Fahrverbote verhängen und ob dann die Feinstaubwerte wirklich runtergehen wird man sehen. Ein faktischer Wertverlust von Dieselfahrzeugen ist bereits definitiv da, und zwar recht drastisch.
Auf Ihrer Webseite werben Sie mit Ihren zukunftsweisenden Recyclingkonzepten; können Sie diese näher erläutern?
Wir haben zum Beispiel mit der Firma Arjes zusammen eine Maschine nicht unbedingt entwickelt, aber zumindest verfeinert, sodass sie zum Verkleinern von Schrott besser geeignet ist als die üblichen Verfahren. Es gibt traditionell zwei verschiedene Methoden, Schrott „stahlwerkfähig“ zu bekommen. Es gibt zum einen die ganz normale Schrottschere, dadurch werden jedoch Fremdanhaftungen in den Stahlschrott mitreingepresst. Zum anderen gibt es noch den „Großshredder“, das ist die eleganteste Methode, Schrott aufzubereiten. Allerdings sind solche Anlagen unfassbar teuer, brauchen wahnsinnig viel Platz und sind deshalb für einen Schrotthändler in unserer Größenordnung eigentlich nicht geeignet.
Deshalb haben wir ein gemeinsames Konzept mit der Firma Arjes entwickelt. Wir bereiten Schrott in Stahlwerksqualität auf und arbeiten dadurch mit einer Mischung aus beiden Methoden. Das heißt, der Schrott wird zerkleinert und geht dann noch einmal über eine Anlage, die dann den reinen Fe-Metall-Anteil herausnimmt. Dadurch fällt ein gewisser Teil an, der nicht eisenhaltig ist, und dieser wird dann von uns an einen anderen Betrieb weitergegeben, der dann noch die Wertmetalle herausholt, das heißt Messing, Kupfer oder Aluminium. Diese würden beim Scherenverfahren einfach im Stahlwerk landen und dann dort in der Schlacke verloren gehen.
Können Sie sich vorstellen, in Zukunft auch Elektroautos zu recyceln?
Das wird selbstverständlich kommen.
Mit welchen zusätzlichen Schwierigkeiten rechnen Sie?
Spezielle Vorschriften wie beispielsweise in der Altautoverordnung gibt es derzeit nicht. Das wird aber noch kommen. Und das wird definitiv ein großes Problem darstellen. Denn es werden Elektrofachkräfte für das Recycling von Elektroautos benötigt. Das heißt, entsprechendes Personal muss geschult und eingelernt werden. Das wird sicherlich eine recht interessante Herausforderung, insbesondere bezüglich der Lagerung der Batterien. Solche Batterien bergen ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial, besonders wenn diese bei der Lagerung beschädigt werden. Es handelt sich dabei eben nicht um eine „normale“ Autobatterie. Wir haben es aber auf alle Fälle im Hinterkopf, obwohl die Nachfrage momentan nicht so groß ist. Allerdings halte ich es auch durchaus für denkbar, dass die Hersteller aufgrund der erhöhten Anteile an Rohstoffen, die auch in den Batterien enthalten sind, ein Netzwerk aufbauen werden, um die Autos dann selbst zurückzunehmen.
Herr Schmid, vielen Dank für das Gespräch!
(Das Interview führte Julia Huß, EU-Recycling)
www.eisen-rudi.de, www.youtube.com/watch?v=gPVf5anJGHg
Fotos: Diana Betz
(EU-Recycling 05/2018, Seite 50)