Feuerfeststeine: Besser recyceln als importieren
Feuerfeststeine müssen Temperaturen über 1.500 Grad Celsius aushalten; ihr Einsatzgebiet sind die Stahl-, Zement- und Glasindustrien. Sie werden aus verschiedenen hochwertigen, begrenzt verfügbaren und daher teuren Grundstoffen – vor allem Magnesit, Bauxit und Graphit – hergestellt, die zum größten Teil aus China stammen und erhebliche Importabhängigkeit bewirken. Diese Gründe machen das Recycling dieser Materialien sinnvoll.
Feuerfestwerkstoffen finden hauptsächlich in den metallurgischen Gefäßen der Stahlindustrie Verwendung. Ein Teil eines jeden Feuerfeststeins wird während des Einsatzes im Ofen verbraucht; der größte Teil bleibt intakt und wird nach Gebrauch beispielsweise aus einer feuerfesten Verschleißfutterausmauerung eines Konverters (Feuerfeststeine aus Magnesit) oder aus Stahlpfannen (Feuerfeststeine aus Dolomit) mechanisch ausgebrochen. Das gebrauchte Material wird nach Darstellung von Klaus-J. Arlt, Leiter Umweltschutz/Umweltschutztechnik der AG der Dillinger Hüttenwerke, anschließend nach Werkstoff und Größe selektiert und entweder an die Feuerfestindustrie verkauft oder im eigenen metallurgischen Produktionsprozess als sogenannter Dolokalk in der Sinteranlage wieder eingesetzt. So würden etwa 92 Prozent des in den Dillinger Hüttenwerken gewonnenen Feuerfestausbruchs unmittelbar wieder eingesetzt. Für die restlichen acht Prozent – hauptsächlich hochtonerdehaltige Feuerfestmaterialien – würden neue Einsatz- oder Wiederverwertungsmöglichkeiten untersucht.
Begrenzt recyclingfähig und meist downgecycelt?
Das sahen 2014 die Leobener Forscher S. Strubel, H. Flachberger und R. Nilica anders: Deponierung sei die Hauptentsorgungsmethode für Feuerfestmaterialien, gebrauchte Steine seien nur begrenzt recyclingfähig und würden meist downgecycelt, und neues Sekundärmaterial könnte nur im Verschnitt mit Primärmaterialien hergestellt werden. Und noch 2016 schätzte auch Liesbeth Horckmans vom belgischen Cleantech-Forschungsunternehmen VITO die Verwendbarkeit sekundärer Stoffe als schwierig ein. Gegenwärtig würden die meisten feuerfesten Abbruchmaterialien für geringwertige Anwendungen wie etwa im Straßenunterbau eingesetzt oder auf Deponien entsorgt: „Nur fünf bis sieben Prozent der Rohstoffnachfrage werden durch wiederaufbereitete Materialien gedeckt, und das auch nur bei wenigen Anwendungen, sodass viel Material verloren geht.“
Das sehen Henning Knapp, Hermann Wotruba und Sven Connemann (RWTH Aachen/Fraunhofer Institute for Laser Technology ILT) darin begründet, dass die ausgebrochenen Steine materiell zwar den Qualitätsanforderungen entsprächen, aber meist mit vielen verschiedenen Feuerfeststeinen aufgehäuft sowie mit Stahl oder Schlacke verunreinigt seien. Eine direkte Wiederverwendung sei daher nicht möglich.
Analysieren per LIBS
Das Sortieren von gebrauchten Feuerfestmaterialien, was gegenwärtig von Hand erfolgt, ist aufwändig. Denn die Identifizierung der Stein-Bestandteile wird durch extreme Temperaturen, wechselnde Materialien und Staubablagerungen erschwert, die Schichten von Verunreinigungen auf den Oberflächen aufbauen. Solche Kontaminationen ließen bislang den Einsatz von Sensoren zur Untersuchung der Materialeigenschaften nicht zu. Im Forschungsprojekt Refrasort wurde daher eine spezielle Methode der Laser-Emissionsspektroskopie entwickelt (Laser-induced breakdown spectroscopy, kurz LIBS). Dabei fokussieren sich mehrere Linsen auf einen Punkt auf der Materialoberfläche, damit bei jedem Abfallbruchstück, das auf dem Förderband vorbeikommt, zwei Laserimpulse ausgelöst werden. Der erste Impuls dringt in eine Tiefe von 100 μm, damit der zweite Impuls aus dem Material ein Plasma zur störungsfreien Analyse erzeugen kann. So können Festfeuersteine nach doloma-, magnesia- und aluminabasiert – mit oder ohne organischen Kohlenstoff produziert – unterschieden werden. Die acht wichtigsten Typen sind gebrannter Magnesit, Magnesia-Carbon mit Antioxidationsmittel, Magnesia-Carbon ohne Antioxidationsmittel, gebrannter Dolomit, Doloma-Carbon, gebrannter Bauxit, gebrannter Andalusit und gebrannter Chamotte.
Die zweite Hauptaufgabe des Refrasort-Projekts bestand darin, die verschiedenen Materialien mechanisch sortenrein zu trennen. Die Forscher entwickelten ein System aus pneumatischen Schiebeeinrichtungen und der erwähnten Sensorik, das einen Gesamtdurchsatz von zehn Tonnen pro Stunde ermöglichte und in einer Demonstrationsanlage in Belgien erprobt wurde. Aus 30 Tonnen Testmaterial wurden jeweils etwa elf Tonnen gebrannter Magnesit und gebrannter Dolomit sortiert. Die übrigen acht Tonnen enthielten vor allem aluminiumbasierte Feuerfeststeine und einen Anteil nicht identifizierten Materials. Liesbeth Horckmans war mit dem Ergebnis zufrieden: „Wir haben das Konzept der Nutzung von LIBS zur Identifizierung als realisierbar belegt und wir haben gezeigt, dass ein großtechnischer Einsatz möglich ist, und dass die Resultate ausreichend gut zur Wiederverwendung geeignet sind.“
Auch nach Einschätzung von Knapp, Wotruba und Connemann ist es möglich, „aus bereits verwendeten Feuerfeststeinen eine Fraktion auszusortieren, die den Anforderungen an frische Rohstoffe für die Herstellung sehr nahekommt. Die jeweils elf Tonnen gebrannter Magnesit und Dolomit wurden im Rahmen des Forschungsprojektes als Füllstoff mit etwas geringeren Qualitätsanforderungen bei Endanwendern eingesetzt und konnten in diesen Anwendungen die Anforderungen voll erfüllen.“ Der gebrannte Magnesit habe die Anforderungen an Rohstoffe für die Herstellung von Feuerfeststeinen völlig, der gebrannte Dolomit mit leichten Einschränkungen erfüllt. Beide Fraktionen konnten wieder erfolgreich in der Industrie eingesetzt werden.
Noch einige Herausforderungen überwinden
Von der industriellen Wiederverwertung zeugt beispielsweise die Horn & Co Gruppe. Das Unternehmen lässt an mehreren Standorten, teilweise an den Entfallstellen, feuerfeste Ausbrüche manuell sortieren. Dort, wo die händische Separation der menschlichen Sensorik an ihre Grenzen stößt, erfolgt die Analytik der Materialbeschaffenheit mithilfe einer LIBS-Anlage. „Nicht minder wichtig ist unser aufwändiges System der Qualitätssicherung, welches nach jedem Produktionsschritt prüft, ob das Produkt innerhalb der vereinbarten Spezifikation liegt.“
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes zeigen, dass das Recycling von Feuerfeststeinen auch für hochwertige Anwendungen prinzipiell möglich ist. Allerdings hat ein Forschungsprojekt der RHI Magnesita noch vor kurzem nachgewiesen, dass MgO-C Steine mit Aluminium aufgrund einer rissbildenden Reaktion des Aluminiums zu Aluminiumcarbid nicht hergestellt werden können. Und auch Knapp, Wotruba und Connemann räumen ein: „Für die industrielle Umsetzung sind immer noch einige Herausforderungen zu überwinden, und Akzeptanz muss noch erarbeitet werden.“
Foto: Wikimedia
(EU-Recycling 03/2019, Seite 36)