In NRW werden Verbrennungskapazitäten für gefährliche Abfälle knapp

Nordrhein-Westfalen benötigt dringend den Neubau beziehungsweise die Erweiterung bestehender Sonderabfall­anlagen, damit ein drohender Kapazitätsengpass zur Beseitigung gefährlicher Abfälle in der Verbrennung abgewendet werden kann.

Dafür sprachen sich die Teilnehmer des diesjährigen bvse-Forums Sonderabfallentsorgung in Leipzig mehrheitlich aus. In Nordrhein-Westfalen fallen deutschlandweit die meisten gefährlichen Abfälle an. Das Bundesland hat hier das größte Behandlungsvolumen: Rund 7,06 Millionen Tonnen gefährliche Abfälle wurden in 2017 in unterschiedlichen Prozessen behandelt. Das Aufkommen an Sonderabfällen ist abhängig von der produzierenden Industrie und damit proportional zum Wirtschaftswachstum. Darüber hinaus stammt ein nicht unerheblicher Mengenanteil aus Sanierungen, Rückbau und Umweltschutz.

Für das Aufkommen gefährlicher Abfälle prognostiziert Dr. Bärbel Birn­stengel, Prognos AG, aufgrund der Arbeiten zum Teilplan „Aufkommen und Behandlung gefährlicher Abfälle in Nordrhein-Westfalen“ für den Zeitraum 2020 bis 2030 eine Fortsetzung der positiven Wirtschaftsentwicklung. Hierdurch sowie aus Gründen einer strengen Chemikalienpolitik wird das Aufkommen an Sonderabfällen weiter ansteigen. In NRW sorgen die privatwirtschaftlich organisierten Sonderabfallverwerter dafür, dass die gefährlichen Abfälle, die die Wirtschaft erzeugt, fach- und sachgerecht entsorgt werden. Darüber hinaus wird das Ressourcenpotenzial dieser Abfälle soweit wie möglich genutzt. Das bedeutet, dass die verwertbaren Anteile für die Kreislaufwirtschaft aufbereitet und die verbleibenden Schadstoffe beseitigt werden müssen. Dabei werden die Herausforderungen schwieriger: Mit fortschreitender Technisierung entstehen neue Abfallarten, die in ihrer Zusammensetzung komplexer werden. Überdies kann die Zusammensetzung der Sonderabfälle innerhalb einer Schlüsselnummer stark variieren.

Anmeldefristen von bis zu acht Wochen

„Mit unseren Behandlungsanlagen holen wir bereits aus den anfallenden Abfallströmen alles heraus, was an stofflichem Potenzial derzeit technisch und wirtschaftlich machbar ist – nichtsdestotrotz müssen wir immer noch einen Teil in die Verbrennung absteuern. Derzeit erleben wir jedoch, dass gefährliche Abfälle in Nordrhein-Westfalen nicht oder nur bei stetig steigenden Kosten für Verbrennung und Logistik angenommen werden“, berichtet Gerhard Zimmermann, stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands Sonderabfallwirtschaft. „Für die thermische Behandlung sind Anmeldefristen von sechs bis acht Wochen an der Tagesordnung. Die Preiserhöhungen resultieren aus knappen Verbrennungskapazitäten.“

Die Angst vor einer Verschlimmerung dieser angespannten Entsorgungssituation nimmt den Erfahrungen nach zu, denn spätestens, wenn in naher Zukunft auch die Kohlekraftwerke aus der Verbrennung von Abfällen aussteigen, fehlen über eine Million Tonnen an Mitverbrennungskapazitäten. Langwierige Genehmigungsverfahren und Kosten von rund 160 Millionen Euro für eine Verbrennungsanlage mit einer Kapazität von 120.000 Jahrestonnen machen den Bau einer privatwirtschaftlichen Anlage für mittelständische Entsorger zu einer nicht stemmbaren Investition. Die mittelständischen Entsorger von gefährlichen Abfällen appellieren deshalb in Nordrhein-Westfalen an die Politik, Maßnahmen zu ergreifen, um einen sich abzeichnenden Engpass bei der Entsorgung zu verhindern. Eine Möglichkeit für die zeitnahe Erweiterung der Verbrennungskapazitäten ist der Ausbau der AGR – Abfallentsorgungs-Gesellschaft Ruhrgebiet mbH.

Foto: Erdwich Zerkleinerungssysteme GmbH

(EU-Recycling 06/2019, Seite 5)

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