Abfallwirtschaft in Polen: Das Land steht weiter vor großen Aufgaben

Polen muss weiter kräftig in seine Abfallwirtschaft investieren, um seine Deponien zu entlasten und wilde Ablagerungen einzudämmen. Auch bei der Verwertung von Elektroaltgeräten bleibt der Handlungsbedarf groß.

Die Europäische Union kofinanziert einen Teil der Projekte. Dennoch sanken laut Glowny Urzad Statystyczny (GUS, Statistisches Hauptamt) die Investitionen (ohne Kleinbetriebe) in die Abfallwirtschaft (einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen) 2018 gegenüber dem Vorjahr um nominal 7,2 Prozent auf rund 196 Millionen Euro.

Die Stadtreinigungsbetriebe liefern den Gemeindemüll kostenpflichtig bei den zahlreichen kommunalen oder privaten Müllverarbeitungsanlagen ab. Viele dieser „Regionalna Instalacja Przetwarzania Odpadow Komunalnych“ (kurz: RIPOK, Regionale Anlage zur Verarbeitung Kommunaler Abfälle) wurden mit EU-Mitteln errichtet. Sie haben mitunter noch freie Kapazitäten. Für die Anlagen gelten bestimmte Umweltauflagen. Dazu müssen sie weiter ausgebaut und modernisiert werden. Ab 2020 müssen außerdem zehn Prozent der Fahrzeuge der Stadtreinigungsbetriebe mit Elektroantrieb ausgestattet sein. Das eröffnet auch deutschen Technologienanbietern gute Absatzchancen. Die Firma Ekorum (www.ekorum.pl) organisiert jährlich im Frühjahr ein RIPOK-Treffen, auf dem Investitionsmaßnahmen diskutiert werden. Die Anzahl der begonnenen Projekte im polnischen Abfallsektor sank 2018 weiter auf 383 (2017: 392). Die Umsätze der Abfallwirtschaft einschließlich Wiedergewinnung von Rohstoffen betrugen 2018 laut GUS 3.930,3 Millionen Euro (ohne Kleinbetriebe). Das entsprach einem realen Zuwachs gegenüber 2017 um 7,3 Prozent (3.593,4 Millionen Euro). Die Umsätze sämtlicher Branchenfirmen summierten sich 2017 (2016) auf 5.044,4 (4.410,4) Millionen Euro.

Strengere Regelungen für Verpackungsabfälle

Bis Juli 2020 müssen die Mitgliedstaaten die EU-Richtlinien zur Kreislaufwirtschaft umsetzen. Bereits seit Anfang 2019 gelten in Polen strengere Regelungen für Verpackungsabfälle. Eine Unterscheidung in Wiedergewinnung und Recycling gibt es nur noch für Abfälle, die nicht aus Siedlungen stammen. Hier betragen die vorgegebenen Quoten 2019 bei Verpackungen aus mehreren Materialien 46 beziehungsweise 38 Prozent und bei Verpackungen von gefährlichen Inhalten 49 beziehungsweise 30 Prozent. Haushaltsabfall aus Aluminium, Papier/Pappe sowie Glas ist 2019 zu mindestens 53 Prozent zu recyceln und solcher aus Kunststoff zu 42 Prozent. Die Quoten werden künftig weiter erhöht.

Seit dem 1. Juli 2017 sind fünf verschiedenfarbige Behälter für Papier/Pappe, Metall/Kunststoffe, Bioabfälle, Gartenpflanzen und Glas sowie ein schwarzer für den Restmüll aufzustellen. Eine Fristverschiebung wird Stadtreinigungsbetrieben bei laufenden Verträgen eingeräumt, jedoch höchstens bis zum 30. Juni 2021. Im Jahr 2017 (2016) entstanden in Polen laut GUS insgesamt 126 (140) Millionen Tonnen Abfälle, darunter 114 (128) Millionen Tonnen Nicht-Gemeindemüll. Davon stammte mit 62 Millionen Tonnen der größte Teil von Bergbau und Förderung, gefolgt von der Industrie (26 Millionen Tonnen), dem Energiesektor (17 Millionen Tonnen), der Wasser- und Abfallwirtschaft (fünf Millionen Tonnen), dem Baugewerbe (drei Millionen Tonnen) und anderen. Das (offizielle) Aufkommen kommunaler Abfälle betrug laut GUS 2017 rund 11,969 (2016: 11,656) Millionen Tonnen. Pro Kopf der Bevölkerung entstanden 311 (303) Kilogramm Abfall.

Von den 2017 (2016) entstandenen 5,7 (5,6) Millionen Tonnen an Verpackungsabfällen, für die eine Pflicht zur Wiedergewinnung bestand, wurden laut GUS 62,0 (61,4) Prozent tatsächlich wiedergewonnen und 57,7 (57,5) Prozent recycelt. Während der Recyclinganteil bei Verpackungen aus Blech und Stahl 2017 mit etwa 88 Prozent besonders hoch lag, überstieg er bei Plastikverpackungen kaum ein Drittel. Bei Papier und Pappe betrug er 82 Prozent, bei Aluminium 69 Prozent, bei Glas 62 Prozent und bei Holz/Textilien 32 Prozent. Relativ hoch ist noch die auf Deponien abgelagerte Menge an Siedlungsmüll, die bis 2021 auf 35 Prozent weiter zu senken ist. Ende 2017 (2016) waren laut GUS noch 301 (320) legale Deponien in Betrieb. Hinzu kamen 1.661 wilde Müllhalden und zahlreiche weitere illegale Abladeplätze. Die Regierung sagte dieser Grauzone den Kampf an und löste 2017 rund 13.000 vor allem städtische Abladeplätze auf.

Rücknahme von Elektroaltgeräten steigt

Bei der Wiederverwertung von Elektro(nik)altgeräten bleibt der Handlungsbedarf groß. Künftig werden auch verstärkt ausgediente Batterien und Akkumulatoren zu bearbeiten sein. Im Jahr 2017 wurden laut GUS rund 607.000 Tonnen neuer Elektrogeräte auf den polnischen Markt gebracht, nach 583.100 Tonnen in 2016. Gleichzeitig wurden 246.000 (2016: 232.600) Tonnen ausrangierter Geräte eingesammelt, um sie einer Verwertung zuzuführen. Diese stammten mit 227.000 (214.700) Tonnen fast ausschließlich von Privathaushalten. Pro Kopf der Bevölkerung wurden 6,4 Kilogramm Altgeräte von den zuständigen Stellen zurückgenommen.

Die führende Gesellschaft im Bereich Recycling und Handel mit wiedergewonnenen Rohstoffen, Elemental Holding S.A., nimmt sich des wachsenden Elektroschrotts an. Sie baut eine Fabrik zur Verarbeitung von ausgedienten elektrischen und elektronischen Geräten mit einem Schwerpunkt auf Kühlausrüstungen mit einer Jahreskapazität von rund 30.000 Tonnen. Dazu unterzeichnete sie 2018 Absichtserklärungen mit drei großen inländischen Recyclingfirmen. Demnach liegt der Verarbeitungsbedarf bei mehr als 40.000 Tonnen.

Neue MVA-Projekte mit Hindernissen

Sieben Müllverbrennungsanlagen (MVA) sind landesweit in Betrieb: in Warschau, Krakow (Krakau), Bydgoszcz, Konin, Bialystok, Poznan sowie Szczecin (Stettin); und für weitere ist Platz. Die Stadt Olsztyn (Allenstein) plant den Bau einer MVA als Public-private-Partnership (PPP) für rund 11,7 Millionen Euro. Allerdings gibt es gegen die Anlage Widerstände auf politischer Ebene.

Das für die Abfallbehandlung in Warschau zuständige städtische Reinigungsunternehmen Miejskie Przedsiebiorstwo Oczyszczania w Warszawie (MPO, www.mpo.com.pl) will die MVA der Hauptstadt von einer Jahreskapazität von 40.000 auf 300.000 Tonnen erweitern. Gegen die Auswahl der chinesischen Shanghai Electric Power Construction (SEPC) protestierte der unterlegene Bieter CNIM/PORR erfolgreich. Da dieses Konsortium den Zuschlag dennoch nicht erhielt, rechnen Beobachter mit einer neuen Ausschreibung. Zwischen Gdansk (Danzig) und Kolbudy baut das italienisch-französische Konsortium Astaldi/Termomeccanica Ecologia/TIRU die MVA „Hafen der sauberen Energie“ (Port Czystej Energii, www.portczystejenergii.pl), die ab 2021 Strom und Wärme erzeugen soll. Der Narodowy Fundusz Ochrony Srodowiska i Gospodarki Wodnej (NFOSiGW, Nationaler Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft) fördert das 200-Millionen-Projekt mit rund 85 Millionen Euro. Jährlich sollen dort 160.000 Tonnen Siedlungsmüll aus Gdansk und Umgebung verbrannt werden.

Führend auf dem Markt

Insgesamt 7.889 Firmen befassten sich 2018 mit dem Einsammeln von Abfällen und 6.539 mit deren Verarbeitung. Siedlungsmüll sammelten 1.461, oft Gemeinden gehörende, Stadtreinigungsbetriebe ein. Führend auf dem Markt sind weiterhin Remondis, Suez und Alba Polska. Vor allem mit Abfallverarbeitung und Wiedergewinnung von Rohstoffen befassen sich Eneris Surowce (Rohstoffe) und Eneris Recycling, Stena Recycling aus Schweden, die deutsche Gruppe Tönsmeier sowie die auch im Ausland aktive polnische Elemental Holding.

Altglas verwertet zum Beispiel die Krynicki Recykling S.A. Neue Technologien zur Abfallbehandlung entwickelt die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Bioelek­tra Group in Szczecin. MVA-Technik stellen in Polen unter anderem Rafako, Winderickx und Energetyka i Recycling Odpadow her. Sortieranlagen produzieren beispielsweise Horstmann, Roczniak Recycling System, Sutco Polska und Falubaz Polska, Pressen und andere kleinere Geräte unter anderem Stalco, Avermann, ARTechnic, HSM Polska, Inter-Hydro, Pressor Polska und Orwak Polska. Müllbehälter und -container liefert Sulo. Gesetzliche Änderungen werden diskutiert, und die Abfall­entsorgung verteuert sich merklich. Gemeinden dürfen voraussichtlich weiter freihändig von ihnen kontrollierten Müllabfuhrbetrieben Aufträge erteilen, ohne Berücksichtigung der Vorschriften für öffentliche Aufträge. Die Bedingungen dafür werden aber verschärft. Bereits erteilte Genehmigungen für das Einsammeln und Behandeln von Abfällen müssen um Brandschutznachweise ergänzt werden.

Generell folgt die Ausschreibungspraxis für Bauarbeiten, Dienstleistungen und Lieferungen den EU-Richtlinien und erfolgt zunehmend elektronisch. Zuständig ist das Amt Urzad Zamowien Publicznych (UZP, www.uzp.gov.pl). Besondere Hürden für deutsche Unternehmen existieren nicht.

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Verfasserin: Beatrice Repetzki, Quelle: Germany Trade & Invest

(EU-Recycling 06/2019, Seite 20)

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