Mit Statistischer Entropie Recyclingergebnisse qualitativ bewerten

Die Berechnung von Recyclingergebnissen erfolgt bislang rein quantitativ und schließt dadurch die erreichten Qualitäten beziehungsweise Reinheiten der Rezyklate aus. Auf der Recy & DepoTech 2020 stellte Caroline Roithner von der Technischen Universität Wien einen neuen Ansatz zur quantitativen und qualitativen Bewertung von Recyclingleistungen vor, der auf Statistischer Entropie (SE) basiert.

Mit SE lässt sich der Effekt einer Bearbeitung eines Stoffstroms beschreiben, bei dem eine maximale Stoffkonzentrierung (100 Prozent) beziehungsweise eine minimale Entropie (0) erwünscht sind. Beim Recycling entspricht das einer möglichst hohen Rezyklatreinheit beziehungsweise einer möglichst geringen Belastung durch Stör- oder Schadstoffe. Zur Berechnung ist die Erfassung zweier unterschiedlicher Massebilanzen nötig: die der Gesamtleistung eines Prozesses (quantitativ) und die des Zielmaterials (qualitativ).

Die Gesamtleistung ergibt eine Recyclingquote, die sich aus Outputmasse geteilt durch Inputmasse errechnet. Die Berechnung des Zielmaterials nach dem Recyclingprozess dient hingegen der qualitativen Bilanzierung. Das Endergebnis im Vergleich beider Massebilanzen wird als „Recyclingeffektivität“ (RE) bezeichnet, die bei 100-prozentigem Recyclingerfolg als Bestergebnis gewertet beziehungsweise mit einem niedrigen Entropiewert nach der Formel „1 – SE“ interpretiert wird.

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Die Vorgehensweise – Zwei Szenarien
Am Beispiel zweier fiktiver Szenarien zum Recycling von Kunststoffen und PET als Zielmaterial wird die Vorgehensweise deutlich. Im ersten Fall separiert ein Recyclingvorgang (1) 100 Tonnen Input in 70 Tonnen Kunststoffe und 30 Tonnen Rest, erzielt also eine Recyclingquote von 70 Prozent. Diese Quote erreicht auch der zweite Recyclingprozess (2). Bei Betrachtung des Zielmaterials PET stellt sich jedoch heraus, dass aus verwertbaren 60 Tonnen bei Recyclingprozess (1) nur 54 Tonnen PET gewonnen wurden, während sich bei Recyclingprozess (2) insgesamt 58 Tonnen und damit eine höhere PET-Konzentrierung erzielen ließ. Somit dürfen sich Recyclingergebnisse mit konventioneller Berechnung hinsichtlich ihrer Quote gleichen, sich aber nach Einbezug des SE-Ansatzes in der Recyclingeffektivität unterscheiden – 0.23 gegenüber 0.46.

Im anderen Fall erzielt der zweite Recyclingprozess mit 80 zu 20 Tonnen zwar einen höheren verwertbaren Kunststoff-Output als der erste mit 70 zu 30 Tonnen. Zieht man jedoch die Ziel­materialbilanzen hinzu, erweist sich der erste Recyclingprozess bei verwertbaren 60 Tonnen mit 54 Tonnen PET und sechs Tonnen Reststoffen effektiver als der andere mit 58 zu zwei Tonnen. Unterscheiden sie sich bei konventioneller Berechnung der Recyclingquote mit 70 zu 80 Prozent, so sind sie hinsichtlich Recyclingeffektivität mit 0.23 identisch.

Laut Caroline Roithner ermöglichen solche Zielmaterialbilanzen neben rein quantitativen Bewertungen von Recyclingprozessen auch qualitative Einschätzungen, die ansonsten wesentliche Unterschiede in den Qualitäten der Prozessoutputs unberücksichtigt lassen würden. „Der RE-Indikator könnte daher eine zusätzliche, qualitative Bewertungsgrundlage für Recyclingleistungen darstellen und so fundierte Vergleiche zwischen unterschiedlichen Recyclingprozessen beziehungsweise EU-Mitgliedstaaten ermöglichen.“ Die Berechnung der Recyclingeffektivität eigne sich aber auch im kleinen Maßstab, wie beispielsweise zur Bewertung von Prozessumstellungen.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2021, Seite 36, Foto: kyrychukvitaliy / stock.adobe.com)