Corona und die Folgen für die Stahl-verarbeitende Industrie

Die Covid-19-Pandemie und mehrere Lockdowns haben im vergangenen Jahr die Produktivität der Stahl-verarbeitenden Industrie massiv beeinflusst – mit Werksschließungen, dauerhaften und/oder zeitweiligen Kapazitätseinbußen und Unterbrechungen der Lieferketten. Was das für die einzelnen Sektoren der Branche im Jahr 2021 bedeutet, hat der europäische Stahlverband Eurofer in einem Report dargestellt.

Die neue Pandemie-Welle mit Lockdowns seit dem vierten Quartal 2020 führte zu Unsicherheit, gesunkenem Vertrauen und schwindenden Wachstumsperspektiven, auch wenn sie die industriellen Aktivitäten nicht beeinträchtigte. Doch werden ökonomisches Wachstum und Welthandel bis zum zweiten Quartal 2021 labil bleiben, mit Rückwirkungen auf Export-orientierte Sektoren, insbesondere die Automobilbranche. Das deutlich abgeschwächte Vertrauensniveau der europäischen Unternehmen dürfte auch auf Investitionen Einfluss haben. Das wahrscheinlich im Baubereich weniger negative Produktionswachstum als in anderen Sektoren könnte den Abwärtstrend in anderen Stahl-verwendenden Bereichen dämpfen. Insgesamt werden die Produktionsmengen der Stahl-einsetzenden Sektoren im Jahr 2020 um elf Prozent zurückgegangen sein, um sich im darauffolgenden Jahr um 7,4 Prozent zu erholen und 2022 moderat um 4,1 Prozent anzuziehen. Der tatsächliche Stahlverbrauch – empfindlich getroffen von der Covid-Pandemie und der Stilllegung wirtschaftlicher Tätigkeiten – wird 2020 um elf Prozent gefallen sein, im laufenden Jahr gemeinsam mit der Entwicklung der Stahlnachfrage um 7,5 beziehungsweise 9,3 Prozent gesunden und 2022 um 2,9 Prozent zulegen.
Bauindustrie geringer betroffen

Für die Bauindustrie wird im Hinblick auf erwartbare Produktionsaktivität eine geringere Rezession als in anderen Stahl-verarbeitenden Bereichen vorausgesehen. Der Wohnungsbau-Markt und teilweise auch private Nichtwohnungsbau-Sektoren waren 2020 am meisten vom Stopp in der Baufertigung betroffen. Selbst nach der Abschaffung der Lockdown-Maßnahmen sind – wegen steigender Büro-Leerstände aufgrund von Homeoffice und der unsicheren und zögerliche Erholung der Fertigungsindustrie – verzögerte Investitionsentscheidungen mit sehr wenigen Vorteilen für neue Nichtwohnungsbau-Vorhaben wahrscheinlich.

Im Gegensatz dazu dürfte sich die Rolle des Bauwesens als einer Wachstumsmaschine für das Baugewerbe spätestens ab der Hälfte des Jahres 2021 verstärken und einen tieferen Fall des Sektors verhindern. Unter den jetzigen, dürftigen ökonomischen Umständen haben viele EU-Regierungen verlautbart, dass sie Nachdruck auf den Abschluss öffentlicher Bau- und Infrastruktur-Projekte legen werden. Die Produktion des Bausektors wird im vergangenen Jahr auf ein Minus von 5,7 Prozent taxiert, während sie im laufenden Jahr mit 4,3 Prozent und 2022 mit vier Prozent wieder in die Gänge kommt bzw. kommen soll.

Automobilindustrie im Stillstand
Die Automobilindustrie kam in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 fast vollständig zum Stillstand; mit wenigen Ausnahmen wurde die Produktion in ganz Europa eingestellt. Trotz angefahrener Produktion im vierten Quartal 2020 erweist sich der Aufschwung als zerbrechlich und unsicher. Selbst unter der Annahme, dass im zweiten Quartal 2021 das Vertrauen wieder hergestellt und sich die Produktionsbedingungen normalisiert haben, wird es Zeit brauchen, bis das Leistungsniveau von 2019 wieder erreicht ist; auch wird die Konsumenten-Nachfrage nach neuen Fahrzeugen erst einmal sehr schwach ausfallen. Falls 2021 die Produktion das Normalmaß wieder erlangt und die WLTP-Verzerrungen überstanden sind, könnten neue – vor allem elektrische – Fahrzeuge helfen.

Dennoch wird die Nachfrage nach ihnen auf großen Märkten wie USA, China und Türkei eine Herausforderung für europäische Autohändler darstellen. Voraussichtlich dürfte 2020 die Produktivität des Fahrzeugsektors mit einem Minus von 19,5 Prozent im Vergleich zu allen anderen Stahl-verwendenden Sektoren die am meisten betroffene sein, sich aber 2021 mit 15,9 Prozent und einem moderaten Wachstum von 4,8 Prozent in 2022 wieder erholen.

Maschinenbau auf der Investitions-Bremse
Im Maschinenbau bewirkten anhaltend geringer Konjunkturoptimismus, Handelsstreitigkeiten, schwache Nachfrage auf den einheimischen Märkten, politische Unsicherheiten und eine allgemeine Schwäche des Maschinenbau-Sektors eine Unterbrechung bei Investment-Entscheidungen. Die meisten Unternehmen in nachgelagerten Bereichen halten sich bei Ausgaben für neue Maschinen zurück und setzen stattdessen auf Instandhaltung, Beseitigung von Engpässen und Aufrüstung ihres Maschinenparks.

Mit einer Verbesserung der Produktionsbedingungen wird nicht vor dem zweiten Quartal 2021 gerechnet; andererseits könnten einfache Kreditkonditionen und finanzielle Unterstützung aus der Politik hilfreich sein. Nach einem Produktionsverlust von 11,5 Prozent in 2020 brechen für den Maschinenbau im Jahr 2021 mit sieben Prozent und 2022 mit 4,5 Prozent Zuwachs wieder bessere Zeiten an.

Stahlrohre mit Absatzschwierigkeiten
Der Covid-19-Ausbruch traf auch die Stahlrohr-Industrie schwer. Falls jedoch die Pandemie im dritten Quartal 2021 der Vergangenheit angehören sollte, könnte das Jahr als eine gemäßigte Erholungsphase angesehen werden. Tatsächlich ist aber die Nachfrage nach geschweißten Stahlrohren im Öl- und Gas-Bereich sehr schwach; die meisten regionalen Projekte, bei denen solche Rohre benötigt werden, wurden gestoppt. Der gegenwärtige Zusammenbruch der globalen Öl-Nachfrage und der Ölpreise verschärft die Situation zusätzlich.

Für 2021 könnte die Nachfrage aus dem Bausektor einen Lichtblick bringen, während kaum Bedarf aus der Fahrzeug- oder Maschinen-Branche besteht. Der Druck von Importen auf den Markt wird weiterhin hoch bleiben. Die Stahlrohr-Produktion dürfte 2020 im dritten darauffolgenden Jahr sinken, und zwar mit einem Minus von 15,2 Prozent in 2020 noch wesentlich schneller als in 2019 mit minus 0,3 Prozent. Für das laufende Jahr wird eine Erholung um 8,4 Prozent vorhergesagt, für das kommende eine von 5,1 Prozent.

Für Haushaltsgeräte Besserung erwartet
Die Produktionstätigkeit im Sektor der europäischen Elektro-Haushaltsgeräte stieg im dritten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 Prozent. Die Produktivität für 2020 wird mit minus 3,6 Prozent erwartet, aber in den folgenden beiden Jahren eine Besserung um 4,8 Prozent und 3,5 Prozent prognostiziert.

Der vollständige Report „Economic and steel market outlook 2021-2022“ steht unter www.eurofer.eu/assets/publications/economic-market-outlook/economic-and-steel-market-outlook-2021-2022-first-quarter/EUROFER_ECO_REPORT_Q1_2021-22_HR.pdf zur Verfügung.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 06/2021, Seite: 36, Foto: WikiImages / pixabay.com)

 

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