Kreislaufführung von Verpackungen: Substitutionsquoten – die vielleicht bessere Ermittlungsmethode

Mittels Verwertungsquoten lässt sich der Zustand einer tatsächlichen Kreislaufführung von Verpackungen nicht ausreichend feststellen. Wie hoch der wieder nutzbare Rezyklat-Output aus Aufbereitungsverfahren sein kann und wie viel primäre Rohstoffe durch Sekundärmaterial substituiert werden, ist nicht abzuschätzen. Substitutionsquoten hingegen ermöglichen, den Zustand von Materialkreisläufen zu quantifizieren und zu vergleichen.

Im Rahmen einer Abschlussarbeit am Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der TU Dresden wurden Substitutionsquoten beispielhaft für einige Stoffströme ermittelt: Kunststoffe im Allgemeinen, Kunststoffverpackungen, PPK-Verpackungen, PET in Getränkeflaschen und Glasverpackungen. Die Datenlage stellte sich allerdings als nicht optimal dar.

Substitutionsquoten machen Angaben darüber, welche Menge an Rezyklaten der Substitution von Primärmaterial potenziell zur Verfügung steht und wie viel davon tatsächlich als Sekundärmaterial genutzt wird. Berücksichtigt werden Verluste, die während des Recyclings zu erwarten sind. Bei Verwertungsquoten verhält sich das anders: „Aufbereitungs- und Verwertungsverluste werden nicht beachtet und ausschließlich die verschiedenen Abfallmengen, nämlich die angefallene Abfallmenge und die Volumina, die einer werkstofflichen Verwertung zugeführt werden, miteinander ins Verhältnis gesetzt. Dies ist als Grund für die relativ hohen Prozentsätze der Verwertungsquoten anzusehen. Des Weiteren ist auffällig, dass die Differenz zwischen potenzieller Substitutionsquote und Verwertungsquote sehr verschieden ausfällt.“

Die Qualität bestimmt über den Einsatz
Differenziert wird zwischen potenzieller und realer Substitutionsquote: Die potenzielle Substitutionsquote bemisst sich nach der technischen Leistungsfähigkeit von Entsorgungs- und Aufbereitungsstrukturen und kann sich mit fortschreitender technischer Entwicklung beziehungsweise einem verbesserten Sammelverhalten der Abfallströme erhöhen. Die reale Substitutionsquote – gegenwärtiger Erreichungsgrad einer Kreislaufführung – gibt prozentual die tatsächlich in der Industrie eingesetzte Menge an Rezyklaten an, die als Sekundärrohstoffe genutzt werden, bezogen auf den gesamtwirtschaftlichen Materialeinsatz. Hohe potenzielle Substitutionsquoten bedingen aber nicht automatisch hohe reale Substitutionsquoten: „Viel mehr ist davon auszugehen, dass die Qualität des gewonnenen Rezyklates über die tatsächliche Einsatzquote, also die reale Substitutionsquote, bestimmt.“

Nach den Ergebnissen der Abschluss­arbeit beträgt die werkstoffliche Verwertungsquote für Kunststoffverpackungen weniger als 50 Prozent. Die Differenz zwischen Verwertungsquote und potenzieller Substitutionsquote ist verhältnismäßig gering und zu etwa gleichen Teilen den Exporten zur Verwertung und den technischen Aufbereitungs- und Verwertungsverlusten zuzuschreiben. Die reale Substitutionsquote ist gegenüber der potenziellen Substitutionsquote deutlich reduziert. Das heißt, dass in Deutschland weniger Rezyklate aus Kunststoffverpackungen wieder zur Herstellung von Kunststoffverpackungen eingesetzt werden, als theoretisch möglich wäre. Bei PET-Getränkeflaschen hingegen ist die werkstoffliche Verwertungsquote sehr hoch, was sich durch die Bepfandung der meisten Getränkeflaschen erklären lässt. Die Untersuchung stellt eine hohe potenzielle Substitutionsquote fest. Entlang der Prozesskette zeigen sich nur geringe Verluste.

Aufbereitungs- und Verwertungsverluste kommen zustande, „weil die zur Berechnung verwendeten Daten sich ausschließlich auf den Netto-PET-Anteil der Getränkeflaschen beziehen. Somit wurden, anders als bei den anderen betrachteten Materialströmen, stoffgruppenfremde Materialen wie zum Beispiel Etiketten und Verschlüsse, in den Mengenangaben nicht berücksichtigt. Die große Differenz zwischen realer und potenzieller Substitutionsquote ist an dieser Stelle hauptsächlich auf die Nutzung von PET-Recyclingmaterial in der Produktion von Fremdprodukten zurückzuführen. Das heißt, dass nur ein relativ geringer Anteil der potenziellen Rezyklatmenge im Bottle-to-Bottle-Kreislauf verbleibt und als reale Rezyklatmenge der Herstellung neuer PET-Getränkeflaschen zur Verfügung steht. Etwa 65 Prozent der PET-Rezyklatmenge wird genutzt, um Folien, Non-Food-Flaschen oder Fasern für Kleidung herzustellen.“

Abschließend konnten folgende Aussagen getroffen werden:

  • Es kommt zu Verlusten innerhalb der Prozesskette.
  • Bei keinem der betrachteten Stoffkreisläufe liegt eine geschlossene Kreislaufführung vor.
  • Die Materialkreisläufe zu PPK- und Glasverpackungen kommen einem Kreisschluss deutlich näher als die der betrachteten Kunststoffströme.
  • Das Steigerungspotenzial des Rezy­klateinsatzes ist bei PET in Getränkeflaschen mit Abstand am höchsten.
  • Bei PPK- und Glasverpackungen scheint es nahezu kein Steigerungspotenzial zu geben.

Was zu Fehleinschätzungen führen kann
Wie die Untersuchung einräumt, „geben die prozentualen Angaben der Substitutionsquoten allein keinen Aufschluss darüber, an welcher Stelle der Prozesskette es zu den ausschlaggebenden Verlusten kommt oder wo genau die Potenziale zur Steigerung des Rezyklateinsatzes liegen“. Damit kann mit Substitutionsquoten allein nicht ausgesagt werden, wie effizient ein Stoff in Deutschland wirklich recycelt und anschließend wiederverwendet wird, sondern nur wie viel Sekundärmaterial dieses Stoffes in Produkten enthalten ist. Bei großen Importmengen kann das zu Fehleinschätzungen hinsichtlich des Kreisschlusses eines Stoffkreislaufs führen. Mit Hilfe der erarbeiteten Prozesskette können solche potenziellen Fehler vergleichsweise schnell erkannt und in der Interpretation der Quoten berücksichtigt werden.

Der Artikel basiert auf den Beitrag „Ermittlung von Substitutionsquoten durch Recyclingmaterial für verschiedene Verpackungsmaterialien mit besonderer Berücksichtigung der Kunststoffe“ von Roman Maletz, Nina Perschau und Christina Dornack, erschienen in: Recycling und Rohstoffe – Band 11, hrsg. v. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Daniel Goldmann, TK Verlag, ISBN 978-3-944310-40-4.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2021, Seite 28, Foto: Meaw_stocker / stock.adobe.com)

 

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