Batterierecycling – „grün“ und hocheffizient

Elektromobilität wird alltäglich. Das wirft Fragen nach einem effizienten Batterierecycling auf – sowohl aus ökologischen als auch aus wettbewerbsbezogenen Gründen. Wie kann Europa hier zum fortschrittlichen Leitmarkt werden?

Die vor kurzem veröffentlichte Studie „Recycling von Lithium-Ionen-Batterien: Chancen und Herausforderungen für den Maschinen- und Anlagenbau“ des Fraunhofer ISI im Auftrag der Impuls-Stiftung des VDMA prognostiziert das Wachstum eines zukünftigen europäischen Batterierecyclingmarktes und quantifiziert die Effekte für den Maschinen- und Anlagenbau. Grundlage für die Prognosen sind Batteriemarktmodelle des Fraunhofer ISI und Interviews mit Experten aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Recyclingindustrie, Fahrzeugherstellung sowie Forschung und Entwicklung.

Große Chancen, sich dauerhaft zu positionieren
Durch die steigende Verbreitung batterieelektrischer Fahrzeuge entwickelt sich in Europa ein enormer Markt für Batteriezellen, wobei in der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 von etwa 2,5 Megatonnen neuer Batterien auszugehen ist. Dies führt zu Fragen nach dem ökologischen Fußabdruck von Fahrzeugbatterien, aber ebenso zur Rohstoffsicherheit und -verfügbarkeit und damit verbunden der Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Industrien. Ein lokales Batterierecycling und die Rückführung der Rohstoffe ist in diesem Kontext ein wichtiger Baustein für eine europä­ische Kreislaufwirtschaft. Besonders für Deutschland als traditionellem Maschinenbaustandort ist nicht nur die Entwicklung entlang der direkten Batterie-Wertschöpfungskette von großer Bedeutung.

Henrik Schunk, Vize-Präsident des VDMA und Vorsitzender des Kuratoriums der Impuls-Stiftung, sieht in den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ein großes Marktpotenzial: „Deutsche und europäische Maschinen- und Anlagenbauer sind bereits heute als Entwicklungspartner und Zulieferer für die wachsende Recyclingindustrie aktiv. Gerade bei den jetzt in Europa entstehenden Pilotanlagen gibt es große Chancen, sich dauerhaft zu positionieren. Hier ist die Zusammenarbeit mit lokalen Anlagenzulieferern entscheidend.“ Die Studienergebnisse zeigen: In Europa könnte das Volumen an zu recycelnden Lithium-Ionen-Altbatterien und Batteriekomponenten ab dem Jahr 2030 etwa 230 Kilotonnen pro Jahr und ab 2040 etwa 1.500 Kilotonnen pro Jahr ausmachen. Diese bereits um mögliche Fahrzeug- und Batterieexporte bereinigten Zahlen bedeuten ein Wachstum der Recyclingindustrie von über 30 Prozent per anno in den nächsten Jahren. Der Rücklauf von Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen spielt mittelfristig die Hauptrolle.

„Um derartige Recyclingmengen bewältigen zu können, müssen die Recyclingkapazitäten, die heute in Europa noch im niedrigen zweistelligen Kilotonnen-Bereich pro Jahr liegen, deutlich ausgebaut werden. Dafür wird in Europa Anlagentechnik benötigt, die je nach Geschwindigkeit des Marktwachstums und des globalen Anteils europäischer Recyclingkapazitäten Investitionen in Höhe von etwa 6,6 Milliarden Euro bis 2040 erfordern“, erläutert Dr. Christoph Neef, der am Fraunhofer ISI zur Batterie-Thematik forscht und die Studie koordiniert hat. Dies entspricht für das Jahr 2040 einer europäischen Marktgröße von etwa 810 Millionen Euro für neue Anlagentechnik.

Abb.: Fraunhofer ISI

Die guten Voraussetzungen des deutschen und europäischen Maschinen- und Anlagenbaus könnten dabei helfen, neue und effiziente Verfahren auf den Markt zu bringen. Diese braucht es nicht zuletzt im Hinblick auf die jüngsten Regulierungsvorschläge der EU-Kommission: Zukünftige Recyclingprozesse und Anlagen sollen nicht nur ein sachgemäßes Recycling von Batteriekomponenten, sondern auch hohe Rückgewinnungsquoten wichtiger Batterierohstoffe garantieren. Gerade für Lithium stellt dies heute noch eine Herausforderung dar.

Gelingt der Aufbau einer europäischen Recyclingindustrie mit hocheffizienter Prozess- und Anlagentechnik, so könnten gemäß der Studie bis zum Jahr 2040 Rezyklate mehr als 40 Prozent der Kobalt- und über 15 Prozent der Lithium-, Nickel- und Kupfer-Bedarfe der Batterieproduktion in Europa decken. „Ein effizientes Batterierecycling könnte entscheidend dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck von Batterien insgesamt zu reduzieren und langfristig die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu vermindern“, ist Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer, überzeugt.

Keine Zeit zu verlieren
Christoph Neef vom Fraunhofer ISI verweist zudem auf die Beschäftigungspotenziale des wachsenden Batterierecycling-Marktes, gerade auch in der Zulieferindustrie des Maschinen- und Anlagenbaus: „Für die Belieferung der europäischen Recyclingindustrie sehen wir im Maschinen- und Anlagenbau ein globales Potenzial von circa 570 Arbeitsplätzen bis 2030; bis 2040 könnten sogar 3.800 Arbeitsplätze entstehen.“ Damit könnte es sich für den europäischen Maschinen- und Anlagenbau laut Neef lohnen, die bestehende Wettbewerbsposition auszubauen, um von den Beschäftigungspotenzialen dieses wachsenden Marktes zu profitieren.

Da in Asien und besonders in China bereits eine große Batterierecyclingindustrie existiert, gilt es in Deutschland und Europa keine Zeit zu verlieren: Zum einen sollte schnell Klarheit bezüglich der geplanten Batterieregulierung bestehen. Zum anderen müssen entsprechende Anlagen aufgebaut und in Recyclingtechnologien investiert werden. Gerade im europäischen Regulierungsrahmen bestünde eine wichtige Chance, weil dieser den ökologischen Fußabdruck von Batterien, regionale Gegebenheiten wie Energiequellen und Energiemix sowie Logistikaufwand berücksichtigt. Dies könnte dabei helfen, dass sich Europa zu einem Leitmarkt für ein „grünes“ und hocheffizientes Batterierecycling und für die dazugehörigen Technologien entwickelt.

www.vdma.org
www.isi.fraunhofer.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 02/2022, Seite 30, Foto: BHS-Sonthofen)