Einwegkunststofffond verabschiedet: Hoheitlich statt privatwirtschaftlich organisiert

Am 2. März 2023 hat der Bundestag mit der Einführung eines Einwegkunststofffonds eine Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik beschlossen, die ab 2025 zu zahlen ist und sich nach dem Volumen der im Vorjahr in Verkehr gebrachten und vom Gesetz eingeschlossenen Produkte richtet. Sie gilt als der letzte Baustein zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie. Der ursprüngliche Referentenentwurf vom März 2022 stieß bei der betroffenen Wirtschaft auf wenig Gegenliebe.

Große Unsicherheit herrschte angesichts des damaligen Referentenentwurfs vom 23. März 2022 darüber, wer im Sinne einer erweiterten Herstellerverantwortung als Verursacher zur Verantwortung gezogen werden soll. Denn der Herstellerbegriff im Sinne des Artikel 3 Absatz 7 der Richtlinie (EU) 2019/904 schließt laut Interessengemeinschaft Tabakwirtschaft nicht nur die unmittelbar an der Produktion beteiligten Personen ein, sondern auch sämtliche Personen, die das Produkt anschließend in Verkehr bringen. Der Handelsverband berief sich jedoch auf den Wortlaut des deutschen Verpackungsgesetzes, wonach „die Verpackung erstmalig dem Markt zur Verfügung gestellt wird, wenn sie mit Ware befüllt ist. Erst dann handelt es sich um eine Verpackung im Sinne der gesetzlichen Definition zu Verkaufs- und Serviceverpackungen.“

Hersteller oder Vertreiber?
Der Fachverband Faltschachtel-Industrie gab zu bedenken, dass „das Produzieren und das erste Inverkehrbringen von unbefüllten Einwegkunststoffartikeln nicht durch die Hersteller-Definition der EWKRL (Einwegkunststoffrichtlinie) abgedeckt“ ist und folglich nicht auf seine Branche zutrifft. Der Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel führte an, dass seine Mitgliedsunternehmen keine Angaben ihrer Kunden erhalten, in welchem Zeitraum welche generellen Mengen und welche Exportmengen befüllter Verpackungen die Vertreiber in Verkehr gebracht haben. Damit – ergänzte die Arbeitsgemeinschaft für Servicepackungen Pro-S-Pack – könne der Produzent seine Meldepflicht nicht erfüllen. Und der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie argumentierte, „es liege nicht in der Hand der Hersteller, ob ein Verbraucher eine Verpackung fallen lässt oder ordnungsgemäß entsorgt, sodass die Kausalität einer Kostenübernahme für Hersteller nicht gegeben ist“. Oder wie es Pro-S-Pack ausdrückte: Verbraucherinnen und Verbraucher sind für das Litterung verantwortlich. „Die Verpackung wirft sich nicht selbst weg.“

Was gehört zum Litter?
Uneinigkeit bestand auch in der Frage, welche Produkte überhaupt als Littering-Materialien in Betracht kommen. Die Alba Group gab sich hinsichtlich Eingrenzung gelassen: „Angesichts der Tatsache, dass es sich nur um wenige Einwegkunststoff-Produkte wie To-go-Lebensmittelverpackungen, Getränkebehälter und -becher, Feuchttücher, Luftballons und Tabakprodukte mit Filter handelt, ist die Abgabenlösung pragmatisch und nachvollziehbar: Es geht um einen klar eingegrenzten Produktbereich.“

Demgegenüber verwundert die Zahl der Organisationen, die sich um Ausnahmeregelungen bemühten. Beispielsweise würden laut Bundesverband der Zigarrenindustrie Zigarren und Zigarillos als reine Genussartikel „selten bis kaum auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen etc. hastig geraucht und entweder verbotswidrig der Umwelt oder den öffentlichen Sammelsystemen zugefügt werden und somit öffentliche Kosten verursachen“. Der Deutsche Zigarettenverband bestand seinerseits darauf, dass seine Abfallprodukte unbedingt nach Gewicht und nicht auch nach Volumen oder Stückzahl bemessen werden. Der Deutsche Fleischer-Verband vertrat die Auffassung, dass die Bedruckung der Deckel von Feinkostsalaten durch Unternehmen nicht dazu führen könne, dass diese Unternehmen als Hersteller der Verpackung dienen. HDF Kino, AG Kino-Gilde und der Bundesverband kommunale Filmarbeit wiesen darauf hin, dass benutzte Getränkebecher und Popcorntüten nach der Vorstellung im Kinosaal zurückgelassen oder im Foyer in Abfallbehältern entsorgt und damit keine Produkte achtlos in der Umwelt entsorgt würden: Ein klassisches Littering sei daher nicht gegeben.

Keine Ausnahme für Pfandgut
Der Milchindustrie-Verband schloss Joghurtbecher vom Littering aus, da beim Verkauf kein Löffel mitgeliefert wird, um das Erzeugnis an Ort und Stelle zu verzehren, weshalb der Becher vielmehr im Büro oder zuhause entsorgt werde. Auch seien Einzelportionen-Milch für Kaffee oder Tee zur Verdünnung von Flüssigkeiten gedacht und daher kein Getränkebehälter. Für Pro-S-Pack war insbesondere bei Papierverpackungen im Detail unklar, welche Kunststoffanteile dazu führen, dass Papierverpackungen unter das anstehende Gesetz fallen. Die fehlende Ausnahme für bepfandete Getränkeverpackungen bemängelte nicht nur der Handelsverband. Die Rücknahmequote von circa 98 Prozent für Einweggetränke-Verpackungen zeige, dass diese Produkte ganz überwiegend keinen Anteil an der öffentlichen Abfallsammlung haben. Deshalb: „Eine Kostenbeteiligung an den Entsorgungskosten ist unverhältnismäßig.“ Und der Bund deutscher Baumschulen wollte einfach nur, dass für seine Mitgliedsbetriebe der Schwellenwert zur Veranschlagung von 50 Kilogramm Einwegkunststoffprodukten jährlich auf 200 angehoben wird.

Wieviel Bürokratie?
Über die Höhe der auf die Wirtschaft zukommenden Kosten gab es unterschiedliche Auffassungen. Der Referenten-Entwurf gibt vor, dass durch das Gesetz für die Wirtschaft ein zusätzlicher jährlicher Erfüllungsaufwand entsteht „in Höhe von ca. 1.143.000 Euro und ein einmaliger Umstellungsaufwand in Höhe von rund 121.000 Euro, davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten ca. 120.000 Euro (einmaliger Umstellungsaufwand) beziehungsweise ca. 1.118.000 Euro (jährlicher Erfüllungsaufwand)“.

Demgegenüber – war der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) überzeugt – könne „mitnichten davon gesprochen werden, dass es nicht zu einer übermäßigen bürokratischen Belastung der betroffenen Unternehmen kommen wird. Das Gegenteil ist der Fall.“ Die Interseroh Dienstleistungs GmbH stellte fest, dass über den Finanzierungsaufwand – Stand April 2022 – „noch völlige Unklarheit herrscht“ und dass mit Kosten „in hoher dreistelliger Millionenhöhe“ zu rechnen sein werde. Hinzu kämen laut der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie zusätzliche Strukturen, Melde- und Registrierungspflichten, „die zu zusätzlicher bürokratischer Komplexität und Aufwand führen und der Zielsetzung der Bundesregierung, Bürokratieentlastung zu bewirken, zuwiderlaufen“.

Auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) warnte vor dem Aufwand, der für Meldungen, Registrierungen, Abgabenbescheide und Rechtsmittel in Gang gesetzt werde und der im Vergleich zu den Einnahmen „unverhältnismäßig“ erscheine. Außerdem sei „die Zahl der von dem Entwurf betroffenen Unternehmen deutlich größer als die geschätzten 5.000 Unternehmen“, gab die Industriegemeinschaft Kunststoffverpackungen zu bedenken: Betroffen seien sämtliche Inverkehrbringer wie Imbisse, Bäckereien, Metzgereien oder andere, die mit besonderen mit Ware befüllten Verpackungen erstmalig auf den Markt gehen.

Wie wird das Geld verteilt?
Wozu die einzusammelnden Gelder in den Kommunen eingesetzt werden sollen, war bei den stellungnehmenden Verbänden offen. Aus Sicht der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke müsste zunächst geklärt werden, wie belastend Littering für die Kommunen ist, wie die Littering-Ausgaben von anderen kommunalen Reinigungskosten abzugrenzen sind und wie verhindert werden kann, dass Kommunen besonders hohe Kosten für die Abfallbeseitigung produzieren. Andererseits – so der BDI – würden „kaum nachvollziehbare und öffentlich zugängige Daten zu Abfallmengen und Reinigungskosten“ vorliegen; „die Dokumentation der Kommunen zu Leistungen, Kosten und gesammelten Abfallmengen ist in sich verschieden und zudem teilweise nicht öffentlich zugängig“. Für manuell aufgenommene Abfälle seien überdies höhere Reinigungskosten zu erwarten.

Folglich wären Kontrollmechanismen und Dokumentationen vonnöten, um zu überprüfen, ob und in welchem Umfang die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die entsprechenden Leistungen auch tatsächlich erbracht haben, forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Eine finanzielle Beteiligung der Hersteller setze die Offenlegung tatsächlich angefallener Abfallmengen und spezifische Kosten für die Geltendmachung von Kostenerstattungen zwingend voraus. Ein Punktesystem, nach dem die Auszahlung der Fondsmittel zu erfolgen hat, sei nach Ansicht von Plastics Europe für die Gewährleistung effizienter Kosten nicht hinreichend. Glaubt man der Darstellung der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz in Berlin, so sind Daten „grundsätzlich nach unterschiedlichen Stoffen, nicht aber einzeln ausweisbar, da die Einwegkunststoffprodukte meist in einem Prozess eingesammelt und gereinigt werden“. Deshalb seien Stichproben notwendig, um in den einzelnen Abfallfraktionen die Anteile der jeweiligen Einwegkunststoffprodukte zu ermitteln und anschließend anteilig die Kosten zuzuordnen.

Wer sitzt in der Kommission?
Eine Kluft bestand auch zwischen den unterschiedlichen Meinungen zur Besetzung der zwölfköpfigen Einwegkunststoffkommission. Laut Referenten-Entwurf berät sie „durch Empfehlungen sowohl bei der Festlegung der Abgabesätze und der Auszahlungskriterien als auch bei der jährlichen Festlegung des Gesamtauszahlungsbetrages und bei allen Entscheidungen zur Einordnung als Einwegkunststoffprodukt“.

Vorgesehen waren sechs Vertreter der Hersteller, zwei Vertreter kommunaler Spitzenverbände und jeweils ein Vertreter der kommunalen Entsorgungswirtschaft, der Umweltverbände, der Verbraucherverbände sowie der sonstigen nicht personell vertretenen Anspruchsberechtigten der Kommission. Dem Land Berlin war ein kommunaler Vertreter zu wenig, etliche Verbände hätten gerne einen eigenen Repräsentanten im Gremium gehabt. Die Deutsche Umwelthilfe merkte eine Unterrepräsentierung von Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden an. Und der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie kritisierte, dass acht verschiedene Produktarten mit unterschiedlichen Kostentragungspflichten betroffen, aber die Hersteller nur durch sechs Repräsentanten vertreten sind.

BMUV und UBA sind keine Akteure
Wie dem auch sei: Wesentlich bedenklicher wurde seitens der Wirtschaft gesehen, dass der Gesetzesentwurf lediglich eine Anhörung der Betroffenen zu Abgabesätzen und Punktewerten vorsieht. Das – so die Interessengemeinschaft Tabakwirtschaft – widerspreche den Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/904: „Eine Festlegung der Abgabesätze zwischen den betroffenen Akteuren setzt voraus, dass die Beteiligung der Anspruchsberechtigten und der Hersteller über eine bloße Anhörung sowie – im Falle der einzusetzenden Kommission – über die bloße Beratung hinaus erfolgen muss.“ Die Vorgabe müsse lauten, dass sowohl Herkunft der Kosten wie auch die Methode der Kostenberechnung transparent und unter Beteiligung der Hersteller zu geschehen haben. Oder wie es der Industrieverband Papier- und Folienverpackung ausdrückte: „Betroffene Akteure im Sinne der Richtlinie sind zum einen die kostenpflichtigen Hersteller, zum anderen die empfangsberechtigten Kommunen. Weder das BMUV noch das UBA sind betroffener Akteur im Sinne der Richtlinie.“

Bis zu 32 neue Stellen
Auch die Kosten stießen auf Widerspruch. Dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie erschienen die Ausgaben für bis zu 32 neue Stellen „als zu hoch gegriffen“. Der BDE wünschte, dass die Realisierung effektiv, bürokratiearm und im Sinne des einheitlichen EU-Binnenmarkts erfolgt, hatte aber wenig Verständnis dafür, dass dies „mit einem zusätzlichen erheblichen Verwaltungsaufbau in der Größenordnung der Zentralen Stelle verbunden ist“. Das Brandenburgische Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz bat um eine Überprüfung des „Personaltableaus“, um sicherzustellen, dass die Finanzmittel für die eigentlichen Entsorgungsleistungen „nicht vorschnell durch hohe Verwaltungskosten aufgebraucht werden“. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag kommentierte kurz und knapp: „Die damit verbundenen Bürokratiekosten sollte der Normenkontrollrat prüfen.“

Eine Unzahl von Streitigkeiten?
Überhaupt traf die Ansiedlung des Einwegkunststofffonds beim Bundesumweltamt bei den meisten Unternehmen und Verbänden auf Ablehnung. Der BDE beispielsweise wies darauf hin, dass die im Entwurf vorgeschlagene Sonderabgabe mit dem im Grundgesetz verankerten Konnexitätsprinzip ins Gehege kommen könnte. Das Prinzip lege fest, dass die Kosten für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe von derjenigen öffentlichen Einheit zu tragen sind, die darüber entscheidet, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang diese Aufgabe zu erfüllen ist. Kurz gesagt: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“. Und – so der BDE – Abfallbewirtschaftung sowie die Durchführung von Reinigungsaufgaben seien hoheitliche Landesaufgaben beziehungsweise würden den Kommunen zugeschrieben. Insofern seien Konflikte und „eine Unzahl an verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Streitigkeiten zu befürchten“. Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) sah in diesem Fall nicht nur einen deutlichen Anstieg der Bürokratiekosten durch die bis zu 32 neu zu schaffenden Stellen im UBA voraus, sondern auch, dass Deutschland „mit diesem staatlichen Verteilmechanismus auch einen Sonderweg innerhalb der EU beschreiten“ würde.

Privatwirtschaftliche Lösung favorisiert
Die IK war ferner der Meinung, dass mit dem jetzigen Gesetzesentwurf „eigentlich eine privatwirtschaftliche Lösung im Rahmen der Produktverantwortung der Hersteller abzielende europäischen Vorgaben“ durch einen öffentlich-rechtlichen Fonds und Abgabenbescheide durch das Umweltbundesamt (UBA) umgesetzt werden soll. In dieser Form sei das Ergebnis – so der Industrieverband Papier- und Folienverpackung – nicht geeignet, die europäischen Vorgaben richtlinienkonform, verfassungsgemäß und effizient umzusetzen. Insofern waren sich unter anderem BDI und Interseroh einig, dass „aller Erfahrung nach ein privatwirtschaftliches Organisationsmodell nicht nur schlanker und kosteneffizienter ist, sondern auch den vielen Bedenken hinsichtlich der finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Sonderabgabe und möglichen langwierigen Klageverfahren vor Gerichten Rechnung tragen würde.“

Über Duale Systeme abwickeln
Statt für eine UBA-Lösung wurden aus den Reihen der Verbände Vorschläge laut, den Einwegkunststofffonds mit einem Zusatzbeitrag über die Dualen Systeme abzuwickeln, bei denen eine deutliche Mehrheit der Hersteller bereits regelmäßig ihre Verpackungen meldet und bezahlt. Das – meinte der BDE – würde außerdem Doppelbelastungen für Verwender bereits beteiligungspflichtiger Verkaufsverpackungen ausschließen. Denn die Systeme hätten mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern sogenannte Nebenentgelt-Vereinbarungen geschlossen, die eine Vergütung pro Einwohner und Jahr für die Reinigung öffentlicher Stellplätze und die lokale Verbraucheraufklärung enthalten. Darum hätte es der Bundesverband der Zigarrenindustrie „sehr begrüßt, wenn man dem Entschließungsantrag des Bundestages Rechnung getragen hätte und einen solchen Fonds bei der Zentralen Stelle des Verpackungsregisters angesiedelt hätte. Dort ist schon entsprechende Expertise vorhanden und man hätte dort sicherlich eine wesentlich wirtschaftlichere Lösung gefunden als jetzt bei der Neueinrichtung des Fonds beim Umweltbundesamt.“

Transparent und kosteneffizient umsetzen
Ihre ablehnende Haltung der Industrie hatten bereits im April 2022 Markenverband, Handelsverband sowie fünf Wirtschaftsverbände in einem Kurzgutachten zur Frage der „Zulässigkeit der Erhebung einer Sonderabgabe und der Verwendung des Abgabeaufkommens“ vorgelegt, das nach Meinung des Auftraggebers „die Vorgaben der EWKRL vollumfänglich, transparent und kosteneffizient umgesetzt hätte“. Darin wurde ein gemischt privatrechtlich-hoheitliches Umsetzungsmodell vorgeschlagen, das bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) angesiedelt wäre und als wesentliches Element einen Einwegkunststoff-Fonds als privatrechtliches, gesetzlich angeordnetes Sondervermögen enthalten würde. Das Gutachten kam außerdem zu dem Schluss, „dass kein über die Kostenanlastung der EWKRL hinausgehender Sachzweck der Sonderabgabe vorliegt und die Sonderabgabe bereits aus diesem Grunde verfassungsrechtlich unzulässig ist“.

Die UBA-Lösung
Die Würfel sind gefallen: Mit Bundestagsbeschluss vom 2. März sollen Unternehmen, die Einwegplastikprodukte herstellen, „eine jährliche Abgabe in einen zentralen Einwegkunststoff-Fonds einzahlen, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird“. Das Umweltbundesamt ist zuständig für die Einhaltung der Registrierungspflicht, die jährliche Meldepflicht und die Pflicht zur Zahlung der Einwegkunststoffabgabe. Die Höhe der Abgabesätze und die Auszahlungskriterien erfolgen auf Grundlage eines Punktesystems und werden durch Rechtsverordnung bestimmt. Die Abgabepflicht soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Hersteller haben die Abgabe erstmals im Frühjahr 2025 zu leisten; die Anspruchsberechtigen erhalten dann im Herbst 2025 aus dem Einwegkunststofffonds erstmals Auszahlungen für die erbrachten abfallwirtschaftlichen Leistungen.

Mangels hoheitlicher Struktur
Im jetzt aktuellen Gesetzentwurf vom 11. Januar 2023 wird begründet, warum der privatrechtlich-hoheitliches Lösung nicht zugestimmt wurde: Erstens sei – aufgrund der Sonderstellung von Tabakfilter(produkten) – keine geteilte Lösung möglich gewesen, da sonst sämtliche Synergieeffekte verloren gingen und in allen Bereichen doppelte Strukturen aufzubauen seien, was „aufgrund der hohen Anzahl an verpflichteten Herstellern und anspruchsberechtigten öffentlichen Stellen auch praktisch aus(scheide)“. Zweitens sei das privat-rechtliche Fondsmodell abgelehnt worden „mangels hoheitlicher Struktur“ für die rechtsverbindliche Festlegung von Abgabesätzen und Ausschüttungskriterien. Im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens zur Einbettung des neuen Fonds in die bestehende Finanzierungs- und Organisationstrukturen der ZSVR „wäre die rechtzeitige Erfüllung der EU-rechtlichen Verpflichtung nicht nur schwierig, sondern faktisch ausgeschlossen gewesen“.

Kosten schon jetzt gestiegen
Ob das am 2. März vom Bundestag beschlossene Gesetz einer Sonderabgabe für Produkte aus Einwegplastik die Bedenken der Wirtschaft ausräumen kann und für die gestellten Aufgaben tauglich ist, wird sich weisen. Zumindest haben sich die Kosten zwischen Referenten- und Gesetzesentwurf schon einmal drastisch erhöht: Der zusätzliche jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft stieg von circa 1.143.000 auf 12.835.000 Euro, der einmalige Umstellungsaufwand von rund 121.000 auf 1.146.000 Euro, davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten (einmalig) von etwa 120.000 auf 1.146.000 Euro beziehungsweise von circa 1.118.000 auf 12.786.000 Euro (jährlich). Außerdem stehen bereits Änderungen an: So ist unter anderem vorgesehen, das Gesetz auf Wunsch der Kommunen möglichst bald zu evaluieren und gegebenenfalls auf weitere Produkte auszuweiten. Schon jetzt werde man, anders als ursprünglich geplant, auch Hersteller von Plastikteilen für Feuerwerkskörper miteinbeziehen.

Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Januar 2023 steht unter dserver.bundestag.de/btd/20/051/2005164.pdf zum Download bereit.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2023, Seite 6, Foto: Aliaksandr Marko / stock.adobe.com)