Gewerbeabfall-Vorbehandlungsanlagen sind in ihrer Existenz bedroht
Die Bundesvereinigung Umwelt-Audit e.V. wendet sich seit Dezember 2020 an verschiedene Behörden wie EU-Kommission, das Bundesumweltministerium, Landesumweltministerien sowie Vollzugsbehörden wegen der fehlenden Überwachung der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV).
Investitionen im zweistelligen Millionenbereich wurden getätigt, um den Anforderungen an die entsprechende Vorbehandlung von Gewerbeabfällen gerecht zu werden und Sortier- beziehungsweise Recyclingquoten einzuhalten. Zahlreiche Vorbehandlungsanlagen sind nun in ihrer Existenz bedroht, weil nicht getrennt gehaltene Abfälle von den Abfallerzeugern direkt in Verbrennungsanlagen gefahren werden.
„Wie eine Art Staubsauger“
Bereits seit längerer Zeit wird die Forderung erhoben, Anlagenstandorte als auch Abfallerzeuger stärker zu überwachen. Die von insgesamt elf Bundesländern veröffentlichten Anlagenstandorte zur Vorbehandlung von Gewerbeabfällen wurden nun von den Experten der Bundesvereinigung unter die Lupe genommen. Ein Betroffener äußerte sich dazu: „Die Listen enthalten zahlreiche Unternehmen, die nach unserer Kenntnis keine Behandlungsaggregate besitzen. Wir fordern deshalb die zuständigen Behörden auf, eine umfassende Überwachung der Anlagenstandorte vorzunehmen und sie dann gegebenenfalls von den Listen zu streichen.“ In diesem Sinne werden nun die zuständigen regionalen Überwachungsbehörden angesprochen, um gemäß Umweltinformationsgesetz Auskunft einzuholen und damit den Druck auf mehr Vollzug und auf die Unternehmen zur Einhaltung der Vorgaben zu erhöhen.
„Die Müllheizkraftwerke wirken derzeit wie eine Art Staubsauger für unsortierte Gewerbeabfälle. Mit Dumpingpreisen werde die Gewerbeabfallsortieranlage regelmäßig preislich unterboten, sodass unsortierte Abfälle immer wieder den Weg in die Verbrennung finden“, sagte einer der Mitglieder der Initiative der Bundesvereinigung Umwelt-Audit. Der Preisunterschied betrage derzeit etwa 35 bis 55 Euro pro Tonne je nach Region.
Möglicherweise ein Straftatbestand
Seitens der MVA-Betreiber gehe man auf Nachfrage derzeit davon aus, dass sie nicht Adressat der Gewerbeabfallverordnung seien; jedoch sind alle Besitzer von Gewerbeabfällen von der Verordnung betroffen. Stephan Jäger, zuständiger Rechtsanwalt der Initiative, äußerte sich dazu: „Wer anderen dabei hilft, eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Paragrafen 13 Gewerbeabfallverordnung auszuüben, kann dem Grunde nach eine Beihilfe begehen. Unserer Auffassung nach ist zudem die nicht fachgerechte Handhabung von Abfällen entgegen den Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung möglicherweise auch ein Straftatbestand des Paragrafen 326 Absatz 1 StGB im Sinne einer wesentlichen Abweichung von einem vorgeschriebenen oder zugelassenen Verfahren.“
Aus Sicht des Rechtsexperten müssen nun die zuständigen Behörden für MVA, Abfallerzeuger und Vorbehandler hinsichtlich Unterlaufen der Gewerbeabfallverordnung und Auskunftsersuchen gemäß Umweltinformationsgesetz angeschrieben werden.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 04/2023, Seite 5, Foto: O. Kürth)