Nachhaltige Holzverwendung – über das Recycling hinaus

Die diesjährige Statustagung der Charta für Holz 2.0 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatte unter anderem die zirkuläre Bioökonomie und Kaskadennutzung in der Forst- und Holzwirtschaft zum Thema. Vorgestellt wurden realisierbare Strategien zum Werterhalt von Ressourcen, die weit über das Recycling hinausreichen.

Das Thünen-Institut präsentierte hierzu eine im Kontext der Charta erarbeitete, umfassende wissenschaftliche Einordung. Zudem standen Eckpunktepapiere und Empfehlungen zu Aspekten der holzbasierten Bioökonomie sowie zu Zielkonflikten auf dem Weg zur nachhaltigen Transformation im Fokus, die in verschiedenen Arbeitsgruppen der Charta für Holz entwickelt wurden. Nach einführender Vorstellung wurden die Themen in interaktiven Themen-Cafés zusammen mit den Teilnehmenden engagiert diskutiert.

Die Verfasser des Thünen-Reports 109 „Zirkuläre Bioökonomie in der Forst- und Holzwirtschaft für eine nachhaltige Entwicklung“ wollen mit ihrem Bericht ein gemeinsames Verständnis aller Interessengruppen über die komplexen Zusammenhänge und Zielkonflikte beim Übergang zur zirkulären Bioökonomie schaffen. Nachhaltige Entwicklung betreffe Beschaffung, Design, Produktion, Vertrieb, Nutzung und Verbrauch von Ressourcen „von der lokalen bis zur globalen Ebene und von heute bis in die Zukunft“, heißt es in dem Bericht. „Dieses Bewusstsein für die globale Wertschöpfungskette von forstbasierten Produkten einschließlich des gesamten Ökosystems Wald […] kann nur durch Zusammenarbeit aller beteiligten Partner erreicht werden.“

Rahmenbedingungen nicht ausreichend definiert
Für die Umsetzung einer zirkulären Wertschöpfung listet der Report unter anderem in der Kaskadennutzung realisierbare Strategien zum Wert­erhalt von Ressourcen auf, die weit über das Recycling hinausreichen. Förderlich auf die Kaskadennutzung kann sich beispielsweise der Verzicht auf abfallerzeugende Materialien und Verfahren auswirken. Außerdem geben die Autoren Empfehlungen zur politischen Koordinierung des Wandels. Neben dem kulturellen Wandel weg von der Abfallbewirtschaftung hin zur Abfallvermeidung sei etwa eine harmonisierte internationale Gesetzgebung zur Wiederverwendung von Altholz erforderlich. Das Themen-Café hat gezeigt, dass die Notwendigkeit und die Vorteile eines zirkulären Denkens in der Branche als herausfordernde, aber auch zwingende Aufgaben wahrgenommen werden. Gleichzeitig zeigte sich aber auch Zurückhaltung hinsichtlich der kurzfristigen und konkreten Umsetzbarkeit, da die Rahmenbedingungen noch nicht ausreichend definiert sind und Unsicherheiten über Kosten und Auswirkungen bestehen.

Szenarien zur Politikfolgenabschätzung erarbeiten
Die Charta-Arbeitsgruppe „Material- und Energieeffizienz“ stellte das Eckpunktepapier „Zielkonflikte rund um den Rohstoff Holz und seine Verwendungen angesichts des Transformationsbedarfs“ vor. Das Transformationspotenzial von Holz werde zu einer zunehmenden Nachfrage nach dem Rohstoff führen, während die Rohholzverfügbarkeit in Deutschland begrenzt sei, heißt es in dem Papier. Diskutiert werden Ursachen wie die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald, der notwendige Waldumbau sowie der gesellschaftliche Wunsch für den Erhalt und die Sicherung von Natur und Umwelt, der sich in politischen Strategien äußert. Durch Einschränkungen in der Waldbewirtschaftung werde die Rohstoffverfügbarkeit zusätzlich „in relevantem Ausmaß verknappt“. Der Bedarf nach dem Rohstoff Holz sei nicht nur in etablierten Sektoren wie dem Holzbau gegeben, sondern auch durch neue Verwertungspfade wie Bioraffinerien oder im Zuge der Wärmewende. Lösungsansätze sehen die Verfasser unter anderem in einer Biomassestrategie zur Aufdeckung von Zielkonflikten und Schaffung einer Datenbasis für politische Entscheidungen. Das zirkuläre Wirtschaften müsse ausgebaut und Sekundärrohstoffmärkte europäisch entwickelt werden. Ökobilanzierung und Nachhaltigkeitsbewertung müssten mit der Holzverwendung einhergehen. Die Teilnehmenden des Themen-Cafés sahen unter anderem die widersprüchlichen Vorgaben auf den unterschiedlichen Politikfeldern und -ebenen hinsichtlich der Erwartungen an den Wald kritisch. Notwendig sei es, dass Szenarien zur Politikfolgenabschätzung erarbeitet werden. Dazu gehöre auch die Verbesserung der bisherigen Datenbasis.

Potenziale noch nicht ausgeschöpft
Ein Thesenpapier „Holzbasierte Bioökonomie“ mit Empfehlungen an Politik und Gesellschaft wurde von der Charta-Arbeitsgruppe „Potenziale von Holz in der Bioökonomie“ zur Diskussion gestellt. Die Verfasser sehen die Potenziale einer holzbasierten Bioökonomie „bei weitem noch nicht ausgeschöpft“. Die holzbasierte Bioökonomie werde die bisherigen Wertschöpfungsketten verändern und die Rohstoff-Nachfrage weiter steigern. Kritisch gesehen wird, dass Wirtschaft, Gesellschaft und Politik die Bedeutung von Holz als wichtiger Ressource für die Rohstoffwende noch nicht hinreichend wahrnehmen. Im Themen-Café wurde die Empfehlung begrüßt und insbesondere der Fokus auf die Bedeutung von kleinen und mittleren Unternehmen und Start-ups gelegt, die bezüglich der Innovationsfähigkeit wesentliche Beiträge zur Weiterentwicklung der Bioökonomie leisten würden. Dazu seien aber gerade in Zeiten der Transformation verlässliche politische Strategien und rechtliche Rahmenbedingen notwendig.

Lösungsansätze zum Fachkräftemangel
Auf der Arbeitstagung des Clusters Forst und Holz stand am Folgetag der Austausch zwischen Vertretern der bundesweiten Cluster-Initiativen und Landesbeiräten Holz im Fokus. Vorgestellt und in Workshops diskutiert wurden hier konkrete Herausforderungen und Potenziale der notwendigen zukünftigen Weiterentwicklung des Clusters zu den Themen Holzbauinitiativen in Bund und Ländern, junge Netzwerke und Berufsbilder beziehungsweise Fachkräftemangel.

Der Statustagung hatte sich die Arbeitstagung des Clusters Forst und Holz angeschlossen – ein Format, das vorrangig dem Austausch und der Vernetzung der verschiedenen Initiativen und Beiräte auf Länderebene gilt und auf dem unter anderem die Holzbauinitiativen auf Bundes- und Landesebene vorgestellt sowie der Fachkräftemangel und der Austausch mit Nachwuchskräften im Cluster thematisiert wurden. Drei Wokshops diskutierten diese Themen und entwickelten weitere Maßnahmen. Die Holzbauinitiative der Bundesregierung wird begrüßt; sie unterstützt die Programme in den Bundesländern. Die Akteure wünschen sich hier jedoch eine stärkere Vereinheitlichung der Holzbau-freundlichen (rechtlichen und politischen) Vorgaben sowie eine bessere finanzielle Ausgestaltung für Anreizsysteme für nachhaltiges Bauen. Sie betonen auch die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, den nachhaltigen Holzbau mit voranzutreiben.

Als Lösungsansätze zum Fachkräftemangel im Cluster Forst und Holz wurden im Workshop unter anderem die Vereinfachung der Vorgaben zu einem Quereinstieg, die familienfreundlicheren Arbeitsbedingungen, die gezielte Ansprache von Frauen und die entsprechende Berufsorientierung in allgemeinbildenden Schulen bereits ab der fünften Klasse gesehen. Um die Einbindung der „jungen Netzwerke“ im Cluster zu unterstützen, sollten nach Meinung der Teilnehmenden der Austausch zwischen den Netzwerken systematischer erfolgen und diese transparenter agieren – auch um mehr Interessenten zu gewinnen. Hierzu wurde ein Netzwerktreffen des gesamten Clusters Forst und Holz empfohlen, welches sich speziell an die Nachwuchskräfte richtet. Von den Teilnehmenden wurde der hohe Stellenwert der Cluster-Arbeitstagung als Plattform für den überregionalen, bundesweiten Austausch bestätigt und vorgeschlagen, die Cluster-Arbeitstagung im jährlichen Rhythmus stattfinden zu lassen.

Empfehlung zur Ökobilanzierung
In der Sitzung der Charta für Holz 2.0-Steuerungsgruppe im Vorfeld der Tagungen hatte die Charta-Arbeitsgruppe „Bauen mit Holz in Stadt und Land“ eine Empfehlung zur Ökobilanzierung bei der Vergabe des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG) präsentiert. Zur Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor sei es erforderlich, alle CO2-Einsparpotentiale zu nutzen, sowohl bei den baulichen als auch bei den betrieblichen Emissionen. Um die notwendige, klimapolitische Lenkungswirkung zu erreichen, ist es aus Sicht der AG erforderlich, Optimierungen an den bestehenden Bilanzregeln vorzunehmen: Statt der Zusammenführung in einem Wert sollten zwei getrennt einzuhaltende Teilwerte ausgewiesen werden, die zwischen baulichen und betrieblichen Werten unterscheiden und jeweils einen definierten Wert unterschreiten müssen. Die AG betont, dass im Rahmen der Technologieoffenheit die Möglichkeiten, wie diese Werte unterschritten werden, nicht vorgegeben werden sollten.

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 10/2023, Seite 6, Foto: O. Kürth)