Kundenkommunikation: Wie viel Papier sollte es heute noch sein?

Trotz Digitalisierung allerorts stützt sich die Kundenkommunikation in sehr vielen Unternehmen nach wie vor zu einem erheblichen Teil auf Papier zwischen Prospektbeilage, Jahreskatalog und Postwurfsendung. Mittlerweile wird das Thema jedoch immer kritischer gesehen und kann sich durchaus zu einem Bumerang entwickeln. Kopfloses Digitalisieren ist dennoch der falsche Weg.

Es war aus Sicht der Papier-, Druck- und Recycling-Industrien eine der aufsehenerregendsten Meldungen des Sommers: Der Kölner Supermarkt-Gigant Rewe stellte zum 1. Juli 2023 nach 80 Jahren seine Papierprospekte ein – primär aufgrund der positiven Nachhaltigkeitseffekte. So rechnete Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender der Rewe-Group, vor, dadurch würden unter anderem jährlich 73.000 Tonnen Papiermüll und 380 Millionen Kilowattstunden Energie eingespart.

Damit beschreitet das Unternehmen einen Weg, den vor ihm unter anderem schon Ikea und Obi gingen. Ebenso jedoch ein Weg, der trotz aller positiven Umwelteffekte von vielen kritisch gesehen wird – allen voran vielen Adressaten der einstigen Prospekte. Stellt sich deshalb die Frage: Wie viel Papier sollte es heute in der Kundenkommunikation sein?

Papierbasierte Werbung: Hassliebe der Deutschen
Es gibt viele Möglichkeiten, auf Papier Kundenkommunikation zu betreiben – und das seit langer Zeit. So existiert beispielsweise die Postwurfsendung in Deutschland bereits seit 1925. Der Versandhauskatalog datiert sogar auf das Jahr 1872, respektive 1886 für den deutschen Raum.

Das bedeutet sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht, dass Papierwerbung in die Jahre gekommen ist. Schon seit langem steht dabei vor allem derjenige Teil in der Kritik, der ungefragt beim Kunden landet:

  • Generelles Überfüllen von Briefkästen.
  • Grundsätzliche Unerwünschtheit bei manchen Personen.
  • Mitunter schwierige Unterscheidung zwischen redaktionellem und werblichem Inhalt – oder dringend erwarteten Sendungen.
  • Hohes persönliches Abfallaufkommen. Insbesondere in Kommunen bzw. Wohnanlagen mit limitiertem Raum in Papiermülltonnen.
  • Teilweise sehr hohe Streuverluste, die sich insbesondere in Zeiten knapper Marketing-Budgets vielfach nicht wirklich rechnen.

Zu diesen schon lange bestehenden Kritikpunkten kommt seit einigen Jahren verstärkt die oft fragwürdige Nachhaltigkeit hinzu. Selbst nicht außergewöhnlich umweltbewegte Personen kritisieren den aus ihrer Sicht überflüssigen Papierverbrauch – insgesamt betrachtet, nicht nur auf den Füllungsgrad der eigenen Papiermülltonne bezogen.

Hinzu kommen andere Faktoren, die mit der Herstellung und Auslieferung zusammenhängen. Seien es etwa das Abholzen von Wäldern, der Wasserverbrauch bei der Papierherstellung, der Fußabdruck von Druckfarben oder der Energieverbrauch des gesamten Transportprozederes.

Just weil sich immer mehr Menschen stark für den Themenkomplex Umwelt, Natur und Klima interessieren, kann Papierwerbung daher heutzutage bei immer mehr Personen das Gegenteil des Gewünschten erreichen.

Auf der anderen Seite zeigt jedoch insbesondere die Kritik an der Einstellung von Prospektbeilagen und Papierkatalogen ebenso, wie viele Deutsche sich nach wie vor mit papiernen Werbeträgern verbunden fühlen – teils aus Sentimentalität, häufiger jedoch aufgrund der einfachen und niedrigschwelligen praktischen Nutzbarkeit.

So gaben bei einer repräsentativen Erhebung von 2020 immerhin 94 Prozent der Befragten an, gedruckte Prospekte zu lesen – wohingegen „nur“ 75 Prozent Online- oder App-Prospekte lasen. Selbst junge, eher digitale Menschen lasen Druckprospekte zu immerhin 89 Prozent. Nicht zuletzt hängt das an der Nutzungsart: Ein Prospekt kann in Ruhe aufgeschlagen und durchgeblättert werden. Es lassen sich auf einfachste Weise Einkaufsmarkierungen per Stift eintragen. All das ist auf elektronischem Weg deutlich komplexer.

Allerdings: Wir sprechen hierbei explizit von Prospekten. Diese Zustimmungsraten lassen sich definitiv nicht auf alle papiernen Werbeträger umlegen. Aus diesem Grund ist es definitiv angebracht, seine Kommunikation auf den Prüfstand zu stellen.

Wo papierne Werbematerialien weiterhin sinnvoll sind
Wann sollte ein Unternehmen weiterhin oder sogar ganz neu auf physische Werbeträger aus Papier setzen, nicht die digitale Alternative? Dafür gibt es diverse Bedingungen. Primär die folgenden:

  • Die Kommunikation richtet sich generell an Menschen in einem höheren Alter. Zwar sind selbst die Senioren mittlerweile sehr digital. Dennoch sind sie in der Breite nach wie vor klassischen Medien deutlich stärker zugetan.
  • Es handelt sich um Werbung, die in gedruckter Form einfach besser funktioniert bzw. nutzbar ist als beispielsweise als PDF oder blätterbares ePaper. Das gilt besonders für den sehr professionellen und wirksamen Träger namens Kundenmagazin. Ebenso kann es sich auf Kataloge erstrecken; besonders, wenn sich darin extrem viele Produkte befinden, die sich auf digitalen Endgeräten viel schwieriger finden lassen würden.
  • Der Werbeträger soll physisch nutzbaren Mehrwert bieten. Denken wir an beigefügte Lesezeichen, Etiketten, Duftproben, aber ebenso beispielsweise auszuschneidende Vorlagen, bei denen Maßstabstreue relevant ist – etwa Schablonen.
  • Aufgrund der Regionalität und allgemeinen Zielgruppenstruktur wäre die Gefahr groß, dass eine digitale Alternative seltener gesehen und somit weniger wirksam wäre.

Nicht zuletzt sollte sogar stets das Thema Nachhaltigkeit auf den Prüfstand gestellt und sorgsam durchgerechnet werden. Der Wegfall eines Werbeträgers aus Papier spart zwar fraglos das Grundmaterial, dazu Farben, Energie und Wasser ein. Wenn jedoch beispielsweise neue Server angeschafft und betrieben werden müssen, um den digitalen Newsletter nutzbar zu machen, kann der reale verkleinerte Fußabdruck mitunter deutlich geringer ausfallen.

Ferner gibt es sehr viele Optionen, um einen papiernen Werbeträger insgesamt nachhaltiger zu machen. Dies beginnt bei Papier- und Druckfarbensorten mit einem kleineren Fußabdruck und endet bei nachhaltigen Versandmethoden noch längst nicht.

Einige Dinge gelten dabei jedoch ganz grundsätzlich:

  1. Die Alternativen sollten nicht zulasten der Wertigkeit gehen. Wenn etwa ein Kundenmagazin als wertiges „Hochglanzprodukt“ bekannt war, kann es durch den Umstieg auf dünnes Papier und ähnliche Alternativen massiv an Wirkung verlieren.
  2. Sowohl die Umstellung als auch die Gründe dafür – und warum nicht die digitale Variante genutzt wird – sollten der Zielgruppe detailliert kommuniziert werden. Keinesfalls sollte die Änderung einfach so erfolgen.
  3. Speziell bei etablierten, nur einem bestimmten Kreis (etwa Neu- und Bestandskunden) gereichten Medien sollte mitunter dem Kunden eine Wahl gelassen werden, ob er weiterhin die Papierform möchte oder eine digitale Ausgabe bevorzugt.

Gerade letzteres ist eine im Höchstmaß interessante Herangehensweise für sehr vieles zwischen Katalog und Newsletter: Soll der Kunde es entscheiden. Dadurch ist es stets möglich, sich auf (s)eine klare Aussage verlassen zu können, anstatt mit einer womöglich falschen Entscheidung einen Teil der Zielgruppe zu brüskieren.

Zusammengefasst
Papierbasierte Kundenkommunikation steht in einer Ära, in der Nachhaltigkeit für sehr viele Menschen im Fokus liegt, stärker in der Kritik als in früheren Epochen. Grundsätzlich sollte deshalb jedes Unternehmen seine bisherigen Methoden auf den Prüfstand stellen.

Allerdings bedeutet das keinesfalls, grundsätzlich jedes papierne Werbemittel einstampfen und durch ein digitales Pendant ersetzen zu müssen. Das gilt nicht nur gegenüber traditioneller denkenden Zielgruppenmitgliedern, sondern hängt ebenso mit gewünschter Anmutung und Nutzungsart zusammen. Vieles kann heute in der Tat bruchfrei digitalisiert werden – jedoch nicht alles.

Autorin: Saskia Laubach, Foto: stock.adobe.com/Monet (07.11.2023)