Die Ausweitung des Pfandsystems wird zum Recycling-Problem
Im Verpackungsbereich scheint es einen Trend zu PET zu geben. Neben den PET-Getränkeflaschen findet PET immer mehr auch in anderen Verpackungstypen Anwendung wie PET-Schalen und PET-Flaschen für Nicht-Getränkeanwendungen.
Der Vorteil von PET liegt eindeutig darin begründet, dass es dafür etablierte Verfahren gibt, die zu einem Rezyklat führen, das für den direkten Lebensmittelkontakt geeignet ist. Eine Maßnahme, die als umweltpolitische Errungenschaft gedacht war, erweist sich nach sechs Monaten jedoch als recyclingfeindliche Maßnahme, stellt bvse-Vizepräsident Herbert Snell fest.
Die Ausweitung des seit 2003 bestehenden Pfandsystems für Getränkeverpackungen wird von dem Kunststoff-Recyclingexperten als Problem angesehen. Schon in den letzten Jahren habe sich die Zusammensetzung der Sammelware zunehmend verschlechtert, und seit sechs Monaten zeichne sich ein echtes Problem ab. Herbert Snell: „Seit Anfang dieses Jahres sind nun auch Verpackungen für Milch in das Pfandsystem integriert. Die sind wirklich nicht kompatibel, weil nun neue Kunststoffsorten in das Pfandsystem gelangen, wie HDPE (Polyethylen hoher Dichte), PS (Polystyrol) und opake (undurchsichtige) PET-Verpackungen. Diese neuen Kunststoffsorten im Sammelstrom behindern jedoch das bisher erfolgreiche PET-Recycling massiv.“
Zusätzliche Belastungen
Aus wirtschaftlichen Gründen könnten diese unterschiedlichen Kunststoffe bei der Rücknahme im Einzelhandel nach der Erfassung im Rücknahmeautomaten nicht getrennt gehalten werden. Dem Recycler werde so ein Gemenge aus LDPE, dem Sammelsack aus dem Rücknahmeautomaten, einem steigenden Anteil an Metallverpackungen, Aluminium und Eisen sowie einer farblichen Mischung aus PET-Flaschen bereitgestellt. Diese Mischung müsse erst aufwändig sortiert werden, bevor das PET recycelt werden kann. Snell: „Allen muss bewusst sein, dass jede Sortierung zu erheblichen Materialverlusten führt.“
Gegen die Sammlung beispielsweise von PS sei grundsätzlich nichts einzuwenden, weil das Material gut verwertet werden könne. Auch der erneute Einsatz im direkten Lebensmittelkontakt sei denkbar. Jedoch fehle es an einer systematischen Trennung der Pfandgebinde. Das Gegenteil sei der Fall, wie Snell erläutert: „Es kommt im Handel zu Vermischungen bei den Pfandgebinden, anstatt diese bereits im Automaten zu trennen. PS macht inzwischen 0,3 bis 0,5 Prozent des Pfandstroms aus. Das hört sich wenig an. Wer vom Fach ist, weiß jedoch, dass dies zu einer nachhaltigen Verunreinigung des PET führt.“
Opake, also undurchsichtige PET-Getränkeflaschen, sind im Trend und eine neue Fraktion, die getrennt von klaren Flaschen erfasst werden muss. Das geschehe aber nicht, weshalb sich der hierdurch entstehende Materialmix negativ auf das Recycling transparenter Getränkeflaschen auswirke. Zu guter Letzt beeinflussten die HDPE-Milchflaschen den im PET-Recycling zurückgewonnen Strom aus den Verschlusskappen, da die HDPE-Hohlkörper sich in den Verarbeitungseigenschaften von den Verschlusskappen auf den PET-Flaschen unterscheiden. Der so entstandene Materialmix verändere die Eigenschaften der zurückgewonnenen Rezyklate.
bvse-Vizepräsident Herbert Snell: „All diese Neuerungen schaffen zusätzliche Belastungen bei der Sortierung und beim Recycling, für die die Inverkehrbringer nicht einstehen. Die zusätzlichen Belastungen umfassen dabei erhöhte Sortierkosten, Platzbedarf für eine weitere Kunststofffraktion bis hin zu technischen Änderungen beim Recycling, die teilweise neue Genehmigungsanträge erforderlich machen. Diese Belastungen können nicht einseitig den Kunststoffrecyclingunternehmen aufgebürdet werden. Hier müssen alle wirtschaftlich Beteiligten mit ins Boot.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 08/2024, Seite 9, Foto: bvse)