Wie Jessica Roswall die Umwelt- und Kreislaufwirtschaftspolitik der EU gestalten will
Die Anhörungen zur Bestätigung der Mitglieder der EU-Kommission markierten für das Europäische Parlament eine entscheidende Phase, um die strategischen Ziele und Prioritäten der künftigen EU-Kommission zu überprüfen. Dabei wurde Jessika Roswall, designierte EU-Kommissarin für Umwelt, Wasserresilienz und Kreislaufwirtschaft, einer umfassenden Anhörung unterzogen. In ihrer Rolle wird Roswall maßgeblich die Umwelt- und Kreislaufwirtschaftspolitik der EU gestalten und neue Impulse für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft setzen.
Die schwedische Ministerin für EU-Angelegenheiten und Nordische Zusammenarbeit (Moderata samlingspartiet, EVP-Fraktion) wird auf Vorschlag von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem „wichtigen Schutz unserer Umwelt und der Sicherstellung einer nachhaltigen, intakten Wirtschaft“ betraut. Ihre Ernennung ist ein klares Zeichen für die wachsende Bedeutung einer nachhaltigen Umweltpolitik als Grundpfeiler der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit der Europäischen Union.
Umsetzung des Clean Industrial Deal
Zu den zentralen Initiativen unter Roswalls Leitung zählt die Umsetzung des Clean Industrial Deal, einer umfassenden Strategie zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit im Einklang mit Klimaneutralität und Ressourcenschutz. Gemeinsam mit dem Exekutivvizepräsidenten für Wohlstand und Industriestrategie wird Roswall die Ausarbeitung eines neuen Gesetzes zur Kreislaufwirtschaft vorantreiben, das darauf abzielt, eine starke Nachfrage nach Sekundärrohstoffen zu schaffen und einen Binnenmarkt für Abfälle zu etablieren – mit besonderem Augenmerk auf kritische Rohstoffe. In diesem Rahmen plant Roswall auch eine Aktualisierung der Bioökonomie-Strategie der EU, die den Binnenmarkt für nachhaltige Produkte weiter stärken soll. Die Förderung einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft ist dabei ein zentrales Anliegen, um natürliche Ressourcen effizienter zu nutzen und gleichzeitig die wirtschaftliche Stabilität der EU zu unterstützen.
Ein wichtiger Bestandteil ihrer Agenda ist die wachsende Menge an Elektroschrott, der in Zukunft verstärkt als wertvolle Quelle für Sekundärrohstoffe genutzt werden soll. Damit zielt Roswall darauf ab, die Industrie schrittweise von einem linearen zu einem zirkulären Wirtschaftsmodell zu transformieren. Dieser Ansatz soll die Abhängigkeit der EU von Primärrohstoffen verringern und zugleich Kosten einsparen, indem vermehrt auf recycelte Materialien gesetzt wird. Roswall sieht in der Kreislaufwirtschaft großes Potenzial, um die europäische Industrie unabhängiger von den globalen Rohstoffmärkten zu machen.
Nachfrage nach Sekundärrohstoffen steigern
Ein zentrales Hindernis, das Roswall in Angriff nehmen möchte, ist die derzeit geringe Nachfrage nach recycelten Materialien. Aufgrund der oft höheren Kosten für Sekundärrohstoffe im Vergleich zu Neuware ist der Markt für recycelte Materialien bislang nur schwach entwickelt. Um diesem Problem zu begegnen, plant Roswall gezielte Maßnahmen, um die Rahmenbedingungen für Sekundärrohstoffe innerhalb des europäischen Binnenmarktes zu verbessern. Dazu zählen eine stärkere Harmonisierung sowie eine Vereinfachung der Vorschriften.
Roswall betont, dass ihre Strategie keine einheitliche Lösung vorsieht, sondern spezifisch auf die Herausforderungen der unterschiedlichen Materialströme zugeschnitten sein wird. Die einzelnen Maßnahmen zur Verbesserung des Sekundärstoffmarktes werden daher den besonderen Anforderungen von Kunststoffen, Textilien, Metallen und weiteren Stoffströmen angepasst. Mit einer umfassenden Strategie strebt Jessika Roswall an, die EU als internationale Vorreiterin in Sachen Umwelt- und Kreislaufwirtschaftspolitik zu positionieren. Durch die Förderung der Ressourceneffizienz und den verstärkten Einsatz von Sekundärrohstoffen möchte sie langfristig sowohl die ökologische als auch die wirtschaftliche Resilienz der EU stärken.
(Erschienen im EU-Recycling Magazin 12/2024, Seite 5, Foto: Europäische Union)