Klimaziele stellen die Stahlindustrie vor Herausforderungen

Der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) stellte am 18. Januar in Berlin die Ergebnisse seiner Studie „Klimapfade der Industrie“ vor, die mögliche Wege zur Erfüllung einer langfristigen Treibhausgasminderung volkswirtschaftlich untersuchte.

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung der langfristigen Klimaziele die Stahlindustrie vor massive technische und wirtschaftliche Herausforderungen stellt und erhebliche Risiken mit sich trägt. Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, erklärte bei der Vorstellung der Studie: „Weitreichende Vorkehrungen zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, wie etwa eine ausreichende kostenfreie Zuteilung von Emissionszertifikaten und Belastungsbegrenzungen bei den Strom- und Energiekosten, sind unerlässliche Voraussetzungen, um drastische Verluste der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und Produktionsverlagerungen zu vermeiden.“

Nur unter diesen Annahmen und Voraussetzungen komme sie zu dem Ergebnis, dass in Deutschland ein Klimaziel von 80 Prozent erreicht werden könne, stellte Kerkhoff klar: „Für den Klimaschutz wäre nichts gewonnen, wenn der Stahl stattdessen in anderen Ländern mit höheren Emissionen produziert würde.“

Die heute zur Verfügung stehenden Verfahren zur Stahlproduktion seien bei den CO2-Emissionen bereits am technischen Minimum. Laut der Studie kann die Stahlindustrie in den nächsten Jahrzehnten daher nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Erfüllung des 80-Prozent-Zieles leisten, der zudem mit massiven Mehrkosten gegenüber den internationalen Wettbewerbern verbunden wäre. Da sich die entsprechenden Maßnahmen betriebswirtschaftlich nicht rechneten, wäre ein solches Ziel nur mit erheblichen staatlichen Investitionsanreizen zu erreichen.

„Umfassende Förderung nötig“

Für eine Treibhausgasminderung um sogar 95 Prozent bis 2050 wird in der Analyse eine Abscheidung und Speicherung des Kohlendioxids (CCS) angenommen. Die Vermeidung der Emissionen auf diesem Weg würde die Stahlindustrie jedoch 4,5 Milliarden Euro im Jahr kosten, was im globalen Wettbewerb nicht tragbar wäre. Zudem sei unrealistisch, dass in Deutschland auf absehbare Zeit die erforderliche Akzeptanz für CCS überhaupt erlangt werden könnte.

Andere neue Verfahren, mit denen entweder das Entstehen von CO2 im Stahlherstellungsprozess vermieden oder zwangsläufig anfallendes CO2 abgetrennt und genutzt werden kann, seien in der Stahlindustrie derzeit Gegenstand von Forschung und Entwicklung. Sie würden der Studie zufolge einen zusätzlichen Strombedarf von 130 bis 300 Terawattstunden im Jahr mit sich bringen. Dies entspräche einem Drittel bis mehr als der Hälfte des heutigen gesamten Stromverbrauchs in Deutschland.

Wenn solche Verfahren die Reife für eine großtechnische Umsetzung erlangen sollten, müssten zudem erhebliche Investitionen erfolgen, die mindestens in der Größenordnung des heute investierten Anlagenparks liegen dürften. Die Branche bezweifelt, dass gegenwärtig ein derart tiefgreifender Umbruch aus dem betriebswirtschaftlichen Investitionsbudget der Unternehmen finanziert werden könnte. Es bedürfe daher einer umfassenden finanziellen Förderung von Forschung, Entwicklung und Umsetzung im industriellen Maßstab.

Foto: pixbay

(EU-Recycling 02/2018, Seite 4)