Kreislauffähiges Produktdesign für Kühl- und Gefriergeräte

Im Projekt „Circular by Design“ wird ein kreislauffähiges Produktdesign für Kühl-/Gefriergeräte simuliert, das sowohl energie- als auch ressourceneffizient ist. Dazu werden verschiedene Szenarien mit dem Fokus auf Repair und Reuse sowie möglichst geschlossene Recyclingpfade entwickelt.

Die Zusammenführung der Ressourceneffizienzanalyse mit dem technologieorientierten „Design for Recycling“-Modell soll künftig die Vorhersage eines für eine vollständige Kreislaufführung geeigneten Produktdesigns erlauben. Vorgestellt wurde das Projekt auf der Recy & DepoTech 2020. Die Montanuniversität Leoben veranstaltete die Konferenz vom 18. bis 20. November Corona-bedingt online.

Beim Design neuer Produkte wird die Kreislauf- und Recyclingfähigkeit am Produkt-Lebenszyklusende bisher kaum mitgedacht. Das Projekt „Circular by Design“ untersucht, welche Materialeffizienzpotenziale im Hinblick auf die Rückgewinnung der enthaltenen Rohstoffe – bezüglich des konstruktiven Produktdesigns und der Materialauswahl – vorhanden sind. Ausgehend von einem auf Energieeffizienz ausgerichteten Kühl-Gefriergerätes gilt es anhand der Quantifizierung der tatsächlichen Verluste herauszufinden, an welchen Stellen die Rohstoffe verloren gehen, wie diese Verluste durch ein geeignetes Produktdesign reduziert und Rohstoffe langfristig im Kreislauf gehalten werden können.

Foto: Dr. Jürgen Kroll

Prozess-Simulation auf drei Ebenen
Der Recyclingprozess eines Kühlgerätes wird mittels Prozess-Simulation auf Mikroebene abgebildet: Es gibt ein virtuelles Produkt „Kühlgerät“, das in einem virtuellen Recyclingprozess aufbereitet wird. Der Recyclingprozess beinhaltet sowohl die physikalische Erstbehandlung für Kühlgeräte (Zerkleinerung und Vorsortierung) als auch die weitere Aufbereitung der Stoffströme (z. B. metallurgische Aufbereitung). Die Prozess-Simulation benötigt als Eingabe detaillierte Produkt- und Materialinformationen des Kühlgerätes und liefert als Ergebnis Aussagen über die Recyclingfähigkeit des Kühlgerätes – quantifiziert durch Indikatoren für Material-Rückgewinnung, Umweltauswirkungen und Ressourcenverbrauch. Auf Basis dieses Schemas kann die Recyclingfähigkeit verschiedener Kühlgeräte-Designs auf Mikroebene verglichen und das nachhaltigste „Design for Recycling“ identifiziert werden.

Verwendet wird zunächst ein vom Hersteller und Projektpartner Liebherr bereitgestelltes Kühl- und -Gefriergerät für den Haushalt. Im weiteren Projektverlauf werden an dieser Stelle verschiedene Designszenarien durchlaufen, indem Informationen zu neuen, im Projektkontext erarbeiteten Kühlgeräte-Designs eingesetzt werden. Die Informationen zur Kühlgeräte-Zusammensetzung werden dabei auf drei Ebenen erfasst: Bauteil-, Material- und Elementzusammensetzung.

Jedes Bauteil besteht aus einem oder mehreren Materialien. Ein Beispiel, Zusammensetzung des Hebelgriffs: Aluminium-Legierung 6061 (36 %), Zink-Legierung (32 %), POM (17 %), ABS (10 %), verzinkter Stahl (5 %). Jedes Material hat wiederum eine spezifische chemische Elementzusammensetzung, beispielsweise die Aluminium-Legierung 6061: Al (97,4 %), Mg (0,8 %), Si (0,6 %), Fe (0,5 %) und Cu (0,2 %). Die Detailebene der Elementzusammensetzung ist dabei die Basis für die Ermittlung der Element-Rückgewinnungsraten.

 

„Circular by Design“ startete im Juni 2019 und wird im Rahmen der Fördermaßnahme „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)“ gefördert.
Projektpartner sind: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf/ Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH, Folkwang Universität der Künste, Liebherr-Hausgeräte Ochsenhausen GmbH, BEC Becker Elektrorecycling Chemnitz GmbH, EKM Entsorgungsdienste Kreis Mittelsachsen.

 

Was die Aufbereitung beeinflusst
Der virtuelle Recyclingprozess setzt sich aus zwei Stufen zusammen: Physikalische Erstbehandlung (Zerkleinerung und Vorsortierung) und weitere Aufbereitung (z. B. pyrometallurgische Behandlung). Die kombinierte Betrachtung beider Stufen ist von hoher Bedeutung, da der Trennerfolg der physikalischen Erstbehandlung (als Ergebnis aus Aufschlussverhältnissen nach der Zerkleinerung und Sortiereffizienz) über die Qualität (Sortenreinheit) der intermediären Recycling-Stoffströme entscheidet, was wiederum die Materialrückgewinnung in der weiteren (metallurgischen) Aufbereitung wesentlich beeinflusst.

Der Recyclingprozess wird deshalb mithilfe von Prozess-Simulationen virtuell durch Flowsheets abgebildet, in denen alle notwendigen Prozessschritte integriert sind und bei denen jeweils an jedem Schritt detaillierte Informationen über die Materialzusammensetzung und -qualität (Verbindungen und Verunreinigungen) existieren. Die Prozess-Simulation erfordert in jedem Prozessschritt die Verteilung der Stoffe (auf Detailebene der Materialien und/oder Bauteile) auf die jeweiligen Output-Stoffströme. Dadurch ist eine geschlossene Massenbilanz im Simulationsmodell stets sichergestellt.

Als Software kommt unter anderem HSC Chemsitry (Outotec) zum Einsatz. Ebenso wie die Recyclingphase müssen die Material- und Energieströme sowie die damit verbundenen ökologischen Wirkungen in der Herstellungs- und Nutzungsphase ermittelt werden. Diese Auswertung erfolgt anhand klassischer Methoden der Lebenszyklusanalyse mittels der Software OpenLCA in Kombination mit der ecoinvent Datenbank.

Das Projekt „Circular by Design“ befasst sich auch mit Zielkonflikten, die sich aus den unterschiedlichen Anforderungen im Bereich Brandschutz, Lebensmittelsicherheit oder Recyclingfähigkeit ergeben können. Zudem sollen Erfolgs- beziehungsweise Hemmnis-Faktoren für einzelne Akteure entlang der gesamte Wertschöpfungskette im Hinblick auf zirkuläres Design und von Produkt-Dienstleistungssystemen identifiziert werden.

www.hzdr.de

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 01/2021, Seite 44, Foto: Dr. Jürgen Kroll)