Neue Lederalternative: Ohne Plastik, vegan und biologisch abbaubar

Für viele Produkte wie Kleidung, Schuhe, Accessoires, aber auch die Innenausstattung von Autos sind Leder oder Kunstleder unverzichtbar. Die Revoltech GmbH hat eine neue Lederalternative entwickelt, die auf tierische Produkte sowie problematische Chemikalien und fossile Rohstoffe verzichtet. Erster Erfolg des Darmstätter Startups: eine Zusammenarbeit mit dem VW-Konzern.

Von der Zusammenarbeit mit dem VW-Konzern erhofft sich das Revoltech-Team um Montgomery Wagner, Lucas Fuhrmann und Lukas Schell (v.l.) eine Optimierung ihrer Leder­alternative für den Innenraum von Autos

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat die Weiterentwicklung des Materials mit rund 125.000 Euro gefördert. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde stellt die Trümpfe des jungen Unternehmens heraus: „Neben dem ressourcen- und umweltschonenden Ansatz setzen die drei Gründer von Revoltech größtenteils auf etablierte Fertigungstechnologien aus verschiedenen Branchen, unter anderem aus der Papierherstellung. Das führt zur schnellen Skalierbarkeit der Produktion – mit positiven Effekten für mehr Umweltschutz.“ Unter dem Projektnamen Lovr (kurz für leather-like, oil-free, vegan, residue-based, auf Deutsch etwa: lederähnlich, erdölfrei, vegan und reststoffbasiert) besteht die Leder­alternative laut Firmenangaben vollständig auf pflanzlichen Reststoffen und verzichtet auf tierische Bestandteile und erdölbasierte Kunststoffe, wie sie in konventionellem Kunstleder üblich sind.

Hanffasern sind optimal
Das mittlerweile 14-köpfige Team von Revoltech nutzt nach eigenen Worten Hanfstroh – ein Nebenprodukt der landwirtschaftlichen Hanfproduktion, das laut Produktionsleiter Dr.-Ing. Lukas Schell bisher kaum verwertet wird. Schell weiter: „Hanf wächst schnell, benötigt kaum Wasser oder Pestizide und verbessert die Bodenqualität.“ Bereits im Juli 2021 wurde das Herstellungsverfahren zum Patent angemeldet. Dennoch basiert ein Großteil des Produktionsprozesses auf bestehenden Technologien, die für Lovr angepasst wurden. Das reduziert Entwicklungskosten und ermöglicht eine nahtlose Integration in bestehende Produktionsketten.

Aus Hanffasern fertigt Revoltech hochwertige Lederalternativen. Die Fasern selbst stammen aus Reststoffen der Landwirtschaft

Ziel von Revoltech ist es, eine hochwertige Lederalternative mit vergleichbarer Haptik und Qualität zu schaffen – jedoch ohne die negativen ökologischen Auswirkungen herkömmlicher Lederproduktion. Hauptmotivation ist Schell zufolge eine echte Kreislaufwirtschaft: „Die industrielle Verarbeitung von Tierhäuten benötigt große Mengen Wasser und kommt oft nicht ohne gesundheits- oder umweltschädliche Chemikalien aus – genau wie fast alle Kunstleder, die auf Erdöl basieren. Das alles vermeiden wir bewusst.“ Dank der Nutzung regionaler Hanfreststoffe und weiterer natürlicher Komponenten ist das Produkt laut Schell biologisch abbaubar – falls das Material am Ende der Nutzbarkeit im Abfall landen sollte.

Qualitätsschub und Einstieg in die Autoindustrie
Produktionsleiter Lukas Schell erklärt das Verfahren von Revoltech: „Wir verwenden regional produzierten Hanf, extrahieren die Fasern aus dem Hanfstroh und kombinieren sie mit pflanzlichen Bindemitteln sowie natürlichen Farb- und Füllstoffen.“ Die Mischung wird anschließend getrocknet, gepresst und als Rollenware verarbeitet.

„Durch die DBU-Förderung konnten wir die Qualität unserer Lederalternative deutlich steigern – in Farbe, Textur und Veredelung“, sagt Schell. So lasse sich das Material nun in unterschiedlichen Stärken und mit verschiedenen Oberflächen herstellen, beispielsweise geprägt oder geschliffen. An der abschließenden Industrialisierung und Marktreife dieser Verfahren arbeitet Revoltech in entsprechenden Anschlussprojekten. Ein strategisch wichtiger Schritt in den Markt ist für Schell die Kooperation mit dem Volkswagen-Konzern. Ziel sei es, Revoltechs Kunstlederalternative für verschiedene Anwendungen im Fahrzeuginnenraum zu optimieren – etwa als Ersatz für Kunststoff-Schaumfolien auf dem Armaturenbrett oder an der Innenseite der Türen. Aber auch für die Anwendung in anderen Branchen sieht Schell großes Potenzial: „Besonders weit sind wir bei Schuheinlegesohlen und Accessoires wie Uhrenarmbändern.“ Grundsätzlich könne das Material gemeinsam mit Indus­triepartnern für zahlreiche Einsatzbereiche angepasst werden.

revoltech.com

(Erschienen im EU-Recycling Magazin 07/2025, Seite 18, Fotos: Revoltech GmbH)