Materialdatenbanken zur Charakterisierung von Werkstoffen

Bei der Entwicklung neuer Kunststoffprodukte gewinnen Materialdatenbanken an Bedeutung. Auf dem Gebiet der Schwingfestigkeits-Charakterisierung von Kunststoffen hat sich Fraunhofer LBF eine profunde Expertise erarbeitet und inzwischen über 6.000 geprüfte thermoplastische Proben in einer Datenbank gespeichert.

Daraus lassen sich grundlegende Zusammenhänge ableiten: zum Beispiel die Einflüsse von Geometrie, Umwelt, Alterung, Belastungsart, lokaler Faserorientierung, Füllgehalt oder Materialtyp auf die Schwingfestigkeit. Das kann den Aufwand für die Charakterisierung von Werkstoffen deutlich reduzieren und die Entwicklungszeit verkürzen. Darüber hinaus lassen sich mithilfe einer solchen Datenbank Annahmen, die bei der statistischen Auswertung von Schwingfestigkeitsversuchen getroffen werden, validieren.

Während der Schwingfestigkeitsversuche ermitteln Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF aus der aufgezeichneten Kraft- und Verformungsantwort unter zyklischer Belastung den Steifigkeitsabfall, die Kriecheigenschaften und die Dämpfungszunahme. Mittels bildgebender Verfahren können sie das Anrissverhalten und die Rissausbreitung während der zyklischen Prüfung bestimmen. Darüber hinaus lässt sich mithilfe von thermografischen Untersuchungen die hysteretische Erwärmung der Probe über die Lebensdauer untersuchen.

Mit seiner langjährigen Erfahrung unterstützt das Fraunhofer LBF Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen und liefert zuverlässige Materialkennwerte für die Auslegung von Bauteilen und Bemessungskonzepte. Das bestätigt Dr. Matthias De Monte von der Robert Bosch GmbH: „Aufgrund der niedrigen Prüffrequenzen im Vergleich zu metallischen Werkstoffen muss die Anzahl der Versuche für die Ermüdungscharakterisierung von faserverstärkten Thermoplasten stark reduziert werden. Dank der systematischen Speicherung der Rohdaten, der entsprechenden Metadaten und deren intelligenter Kombination mit einer Bosch-internen Datenbank von Simulationsergebnissen kann der Aufwand für die Charakterisierung von weiteren Werkstoffen deutlich reduziert werden.“

Verwendetes Material besser beschreiben

Mit der Datenbank des Fraunhofer LBF können für verschiedene Materialtypen mit ausreichend statistischer Absicherung Einheitswöhlerlinien für unterschiedliche Prüf- und Anforderungszenarien abgeleitet werden. Durch die umfangreiche Versuchsausstattung und Datenauswertungsmethoden haben die Wissenschaftler des Instituts die Möglichkeit, über die Bruchschwingspielzahl hinaus Kennwerte hinsichtlich des Steifigkeitsabfalles, die Kriecheigenschaften, die Dämpfungszunahme sowie das Anrissverhalten und die Rissausbreitung zu ermitteln.

„Mit Hilfe dieser Materialkennwerte kann ein besserer Zusammenhang zwischen Materialverhalten, Schädigungsmechanismen und der Materialermüdung abgeleitet werden, um das verwendete Material besser beschreiben zu können“, erklärt Dominik Spancken, am Fraunhofer LBF zuständig für die Digitalisierung von Schwingfestigkeitswerten. Der Einfluss von Temperatur, Konditionierungszustand, Formzahl oder Umgebungsmedium lassen sich abschätzen. Diese Faktoren sind bei der Bauteilauslegung ein wichtiger Indikator dafür, ob das jeweilige Material für den Anwendungsfall eingesetzt werden kann. „Dabei ist es unzulässig, auf einen detaillierten Nachweisversuch, der den realen Anwendungsfall bestätigt, zu verzichten. Selbst kleinste Änderungen an der Additivierung der Kunststoffe oder an den Herstellparametern haben einen direkten Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften unter zyklischer Belastung“, betont Spancken.

www.lbf.fraunhofer.de

Foto: pixabay

(EU-Recycling 10/2018, Seite 13)

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