Das zukünftige ZRE (Zentrum für Ressourcen und Energie) in Hamburg

Am Standort der ehemaligen MVA Stellinger Moor im Stadtteil Bahrenfeld entsteht ein modernes Abfallbehandlungszentrum mit fünf Teilanlagen zur stofflichen und thermischen Verwertung von Hausmüll, Bio- und Grünabfällen: das Zentrum für Ressourcen und Energie, kurz ZRE. Seine Inbetriebnahme ist im März 2023 geplant.

Wie die Stadtreinigung Hamburg als kommunale Betreibergesellschaft über das Projekt informiert, soll das neue Zentrum der Entsorgungssicherheit der in der Region Nord-West gesammelten Abfälle dienen und zum Ausbau des Hamburger Wärmenetzes beitragen. Mit dem Bau der Anlage (fünf Teilanlagen) wird voraussichtlich Ende 2019 begonnen. Durch die Kombination unterschiedlicher Verfahren – Sortierung, Vergärung, thermische Behandlung – an einem Standort ließe sich unter Vermeidung von Zwischentransporten eine deutliche Erhöhung der Recyclingquote erreichen. Die erzeugte Energie soll jahreszeitlich bedingt in das städtische Fernwärme-, Gas- und Elektroverteilnetz eingespeist werden.

Vorbehandlung und Sortierung

Gelände der ehemaligen MVA Stellinger Moor. Auf dem gelb umrandeten Anlagenareal wird das ZRE gebaut

Die geplante Sortieranlage (Teilanlage 1) setzt sich aus mehreren Einheiten zusammen: Bunker, mechanische Vorbehandlung und Vergärung der Feinfraktion. In der mechanischen Vorbehandlung können zukünftig rund 140.000 Tonnen Hausmüll und Papierkorbabfall im Jahr verarbeitet werden. Das Material wird vorzerkleinert, in verschiedene Fraktionen und nach Wertstoffen aufgetrennt. Die organikhaltige Feinfraktion wird einer Vergärung, die wertstoffentfrachtete Grobfraktion einem EBS-Heizkraftwerk zugeführt. Die Zerkleinerungseinheit besteht aus zwei Schreddern; den Maschinen nachgeschaltet sind ebenfalls zwei Siebtrommeln. Die Siebung erfolgt je nach Bedarf bei 50 bis 60 und bei 250 Millimetern. Die Grobfraktion >250 Millimeter gelangt zurück auf ein Plattenband und erneut in den Prozess der Vorzerkleinerung.

Von der Mittelfraktion >50 bis 60 Millimeter werden im Betrieb Metalle, Hartkunststoffe und PPK abgetrennt. Der heizwertreiche Rest bildet den Ersatzbrennstoff (EBS), der in der Teilanlage 5 verwertet wird. Die Fraktion aus Papier, Pappe und Kartonage (PPK) setzt sich aus einer Schwer- und einer Leichtfraktion zusammen. Die leichte PPK-Fraktion ist mutmaßlich deutlich weniger verunreinigt und wird daher möglichst stofflich verwertet. Die schwere PPK-Fraktion wird der Hausmüllvergärung zugeführt.

Die Hartkunststoffe sowie die leichte PPK-Fraktion werden zu Ballen verpresst. Der Feinfraktion <50 bis 60 Millimeter werden Fe- und NE-Metalle entzogen. Im Anschluss wird sie gesiebt (auf etwa 20-Millimeter-Größe), wobei die gröbere Teilfraktion einer kombinierten Kunststoff- und Inertstoffabtrennung (Glas und Keramik-Porzellan-Steine / KPS-Fraktion) zugeführt wird. Aus der in der ersten Stufe abgetrennten Produktfraktion werden in einer zweiten Stufe die Störstoffe (KPS und Kunststoffe) abgetrennt und so eine verwertbare Glasfraktion erzeugt. Die inertstoffentfrachtete Feinfraktion geht dann in den Vorlagebunker der Hausmüllvergärung.

Vergärung und Kompostierung

Biogasaufbereitungsanlage auf dem Dach der Bioabfallaufbereitungshalle der Teilanlage 2

In der Vergärungs- und Kompostieranlage für bis zu 45.000 Tonnen Bio- und Grünabfälle im Jahr (Teilanlage 2) wird das Material zunächst auf eine Korngröße von 60 Millimetern gesiebt, wobei 80 Prozent des Bioabfalls als Unterkorn (Feinfraktion) für die Vergärung abgetrennt und zwischengelagert werden. Auf dem Förderweg zum Zwischenbunker trennt ein Magnetabscheider enthaltene Eisenmetalle ab. Aus dem Zwischenbunker wird die Vergärung beschickt, für die ein kontinuierlicher Fermenter vorgesehen ist. Neben Biogas für die weitere Biogasaufbereitung wird auch Gärrest produziert und in feste und flüssige Bestandteile separiert – mittels Presse und Dekanter. Die festen Bestandteile gehen in die Kompostierung. Der flüssige Gärrest wird zum Teil dem Input vor der Vergärung zugemischt. Die überschüssigen flüssigen Gärreste werden entweder in der Landwirtschaft verwertet, extern entsorgt oder der Hausmüllvergärung (Teilanlage 1) zugeführt.

Aus der Grobfraktion werden mittels Sternsieb Kunst- und Störstoffe abgetrennt. Das Produkt dient als Strukturmaterial für die Kompostierung der Gärreste. Feste Gärreste und Strukturmaterial werden vermischt und den Rotteboxen zugeführt. Die Nachrotte soll den Kompost auf einen Rottegrad von II bis III (Frischkompost) stabilisieren. Der erzeugte Frischkompost wird noch einmal nachbehandelt, um die Anforderungen an eine hochwertige Verwertung erfüllen zu können.

Biomethan von Erdgasqualität

Die Biogasaufbereitungsanlage (Teilanlage 3) bereitet Biogas aus der Hausmüllvergärung (Teilanlage 1) und Bioabfall (Teilanlage 2) zu Biomethan von Erdgasqualität auf, das in das Hamburger Erdgasnetz eingespeist wird. Das Biomasseheizkraftwerk (Teilanlage 4) mit einer Feuerungswärmeleistung von 47 Megawatt für Gärreste, weitere heizwertarme Biomassen und auch Altholz wird einen Trockner vorschalten, um zum Beispiel auch Straßenlaub zur Energiegewinnung einsetzen zu können.

Als Feuerungstechnik ist eine Rostfeuerung oder eine stationäre Wirbelschichtfeuerung vorgesehen. Die Abluftqualität verbessert der Einsatz einer katalytischen Abgasentstickung (SCR). Die Abgase werden so gereinigt, dass sie in jedem Fall den Anforderungen der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung genügen und teilweise sogar geringere Emissionswerte erreichen, versichert die Stadtreinigung Hamburg.

EBS für Strom und Fernwärme

Als Teilanlage 5 ist ein Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk mit einer Feuerungswärmeleistung von 47 Megawatt geplant. Neben den in der Teilanlage 1 gewonnenen Ersatzbrennstoffen (etwa 52.000 Tonnen pro Jahr) mit hohem Heizwert sowie der kunststoffreichen Störstoffe aus Teilanlage 2 (rund 3.000 Tonnen pro Jahr) werden voraussichtlich auch EBS-Drittmengen zur Erzeugung von Strom, Prozesswärme und Fernwärme eingesetzt.

Schnitt durch die Heizkraftwerke, im Vordergrund das EBS-HKW (Teilanlage 5)

Die Anlage soll insgesamt etwa 100.000 Ersatzbrennstoffe im Jahr energetisch verwerten. Die EBS gelangen über ein Förderband aus der Abfallsortierung (Teilanlage 1) und über Abkippstellen in einen Bunker. Von dort wird der Kessel mit einer automatischen Krananlage beschickt. Als Feuerungssystem steht eine Rostfeuerung fest. Für eine stationäre Wirbelschichtfeuerung sind die Heizwerte des Brennstoffes zu hoch und für eine zirkulierende Wirbelschichtfeuerung die Feuerungswärmeleistung zu niedrig.

Die Fernwärmeabgabe an externe Netze liegt bei berechneten 70 Megawatt – jeweils 35 Megawatt maximale Wärmeauskopplung bei Biomasse-Heizkraftwerk und Ersatzbrennstoff-Heizkraftwerk. Im ZRE gibt es mit den beiden Heizkraftwerken zudem zwei Erzeugungsanlagen für elektrischen Strom, die jeweils eine maximale elektrische Leistung von elf Megawatt (bei minimaler Wärmeabgabe) bis knapp unter 4,4 Megawatt (maximale Wärmeabgabe) bei einem elektrischen Eigenbedarf von etwa 1,8 Megawatt je Linie erzeugen. Zusätzlich wird am Standort von einem Eigenbedarf an elektrischer Energie von etwa zwei Megawatt ausgegangen.

Die beiden Vergärungsanlagen im zukünftigen ZRE – Zentrum für Ressourcen und Energie können insgesamt pro Stunde etwa 1.800 Kubikmeter Biogas erzeugen, davon etwa 1.450 Kubikmeter durch die Restabfallvergärung und etwa 350 Kubikmeter pro Stunde durch die Bioabfallvergärung.

Der Artikel basiert auf den Fachbeitrag „Langfristige Gewährleistung der Entsorgungssicherheit in der Freien und Hansestadt Hamburg – Zentrum für Ressourcen und Energie“ von Heinz-Gerd Aschhoff, Jens Niestroj, Ronja Grumbrecht und Rüdiger Siechau, erschienen in: Energie aus Abfall, Band 15, hrsg. v. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Alexander Gosten, Thomé-Kozmiensky Verlag 2018, ISBN: 978-3-944310-39-8.

Foto/Illustrationen: Stadtreinigung Hamburg

(EU-Recycling 02/2019, Seite 12)