Digitaler Wertstoffhandel: Plattformen lösen zentrale Herausforderungen der Branche
Der Wertstoffhandel ist bislang analog organisiert. Geschäfte zwischen Wertstoffhändlern und -verwertern erfolgen noch immer meist über Telefon, Printausschreibung oder persönlichen Kontakt.
Das ist schlichtweg ineffizient und angesichts digitaler Möglichkeiten nicht mehr zeitgemäß, meint Matthias Spanic, CEO der scrappel GmbH. Es brauche nicht unbedingt den Einsatz hochtrabender Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz oder Blockchain. Vielmehr gehe es darum, grundlegende Probleme der Marktteilnehmer mithilfe digitaler Lösungen endlich aus dem Weg zu räumen.
Kernproblem: Informationsdefizit
Das wohl zentralste Problem im Wertstoffhandel beruht auf Informationsdefiziten. Der Markt ist sowohl für Anbieter als auch Käufer unübersichtlich: Angebote werden kaum zentral gebündelt dargestellt, was die Wahl des passenden Handelspartners erheblich einschränkt. Meist vertrauen Marktteilnehmer auf langjährig gewachsene Strukturen und handeln nur mit den lokalen Partnern, die sie bereits kennen. Nicht selten hat das zur Folge, dass geeignete und möglicherweise bessere Angebote erst gar nicht in Betracht gezogen werden – obwohl beide Seiten bessere Preise erzielen könnten.
Abhilfe schaffen digitale Plattformen. Moderne Lösungen bündeln Angebot und Nachfrage digital an einem Ort und führen Käufer und Verkäufer zusammen. So genießen beide Parteien enorme Vorteile: Verkäufer erhalten besseren Marktzugang und können ihr Geschäft breiter aufstellen. Käufer dagegen können ihre Beschaffung besser steuern. Indem digitale Angebote regionale Beschränkungen aufheben und Informationssilos verringern, kurbeln sie den Wettbewerb an und öffnen lokale Märkte für überregionale Teilnehmer. Und davon gibt es gerade im Wertstoffhandel mit Metallschrott viele: In Deutschland sind über 50.000 Unternehmen in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau sowie der Bau- und Handwerksbranche aktiv. Außerdem nehmen rund 20.000 metallverarbeitende Unternehmen wie Stahlproduzenten, Schmelzbetriebe und Gießereien am Markt teil. Entsorgungsunternehmen, Schrottpressen und Abbruchunternehmen machen gemeinsam weitere 6.000 Betriebe aus. Schon allein diese Fülle an unterschiedlichen Akteuren zeigt, dass nur übergreifende Lösungen den Markt transparent abbilden können.
Plattformlösungen nutzen
Allerdings ist fehlendes Vertrauen in die Sicherheit digitaler Angebote oft ein Faktor, der Unternehmen von der Nutzung solcher Plattformlösungen abhält. Vertrauen ist essentiell für funktionierende Geschäftsbeziehungen – ob diese nun online oder offline stattfinden. Gerade wenn kaum Informationen über den potenziellen Handelspartner vorliegen, herrscht oft Skepsis. Dabei gibt es heutzutage keinen Grund mehr, vor der Online-Variante zurückzuschrecken: Bei modernen Plattformlösungen existieren inzwischen genügend Wege, um ausreichend Sicherheit für Prozesse und Transaktionen zu gewährleisten. Im Falle des Marktplatzes scrappel beispielsweise muss sich die vertretungsberechtigte Person eines Unternehmens über die Identitätsüberprüfungsplattform IDnow verifizieren, damit sie und weitere Mitarbeiter die Handelsplattform nutzen können. Somit wird sichergestellt, dass keine unberechtigten Personen im Namen eines Unternehmens agieren. Zudem können Zahlungen per Lastschrift zum vereinbarten Zeitpunkt oder über ein zwischengelagertes Treuhandkonto erfolgen, was zusätzlichen Schutz bietet. Alternativ können Rechnungen an den Partner Euler Hermes verkauft werden, wodurch der Verkäufer das Geld sofort erhält und das Risiko eines Zahlungsausfalls gänzlich eliminiert wird. Sicherheitsbedenken werden so aus dem Weg geräumt, während die Bündelung aller Aktivitäten auf einer Plattform besseren Überblick verschafft und damit die Abwicklung einst komplexer Entscheidungs- und Kaufprozesse um ein Vielfaches vereinfacht. Dazu zählt auch die digitale Verwaltung der Dokumente rund um den Handelsprozess sowie die Koordination der Logistik.
Mehrwert durch vereinfachte Planung und Logistik
Haben sich Käufer und Verkäufer einmal auf einen Handel geeinigt, geht es an die Koordination. Diese raubt oft viel Zeit, wenn sie per Telefon oder E-Mail abgewickelt wird. Angenommen, eine Gießerei in Düsseldorf findet die benötigte Menge Eisenschrott zu einem hervorragenden Preis in Frankfurt – doch beide Parteien verfügen nicht über die nötigen Transportkapazitäten. In diesem Fall verhindert die Suche nach einem externen Dienstleister den schnellen Geschäftsabschluss.
Hier bieten Plattformen einen Mehrwert, wenn sie neben der Handelsabwicklung zusätzliche Dienstleistungen vermitteln – so zum Beispiel den Kontakt zu Transportunternehmen. Diese profitieren ebenfalls und können ihre Leistungen anbieten, um Leerfahrten zu reduzieren. Die Handelspartner selbst sparen so durch die Zusammenführung aller Aktivitäten an einem Ort Zeit und Geld. Vor allem dann, wenn der Zugriff sowohl über das Handy als auch den PC möglich ist. Damit wird die Handelsplattform zum One-Stop-Shop.
Mit Transparenz und Sicherheit
Die traditionell analoge Wertstoffhandel-Branche ist auf dem besten Wege, ihre digitale Transformation zu vollziehen – und das ist ein Schritt in die richtige Richtung: Gut konzipiert, gewährleisten moderne Lösungen allen Beteiligten nicht nur mehr Transparenz, sondern auch eine größere Preissicherheit, flexiblere und schnellere Abwicklungssysteme und ein größeres Kundenspektrum. In Anbetracht dieser Vorteile gilt es, Hürden auf dem Weg zur Digitalisierung des Wertstoffhandels abzubauen. Das haben sich auch die Branchenverbände auf die Fahne geschrieben. Sicherheitsbedenken und andere Vorbehalte müssen aktiv adressiert werden, damit alle Akteure von einer Akzeptanzsteigerung für digitale Lösungen profitieren können.
Autor: Matthias Spanic, CEO scrappel GmbH
Foto: pixabay
(EU-Recycling 04/2019, Seite 16)