Hersteller von Wegwerfartikeln sollen Stadtreinigung anteilig bezahlen

Das Bundesumweltministerium (BMU) will die Kommunen bei den Kosten für die Stadtreinigung entlasten und kündigte mit dem VKU ein gemeinsames Vorgehen an – basierend auf der EU-Einweg-Kunststoffrichtlinie.

Demnach sind Hersteller von Einweg- artikeln künftig an Reinigungs- und Entsorgungskosten im öffentlichen Raum zu beteiligen. Diese erweiterte Herstellerverantwortung soll für Fast-Food-Verpackungen, Getränkebecher, leichte Kunststofftragetaschen sowie Zigarettenfilter gelten. Das BMU will im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Rechtsgrundlage für eine spätere Verordnung zur Kostenbeteiligung von Herstellern typischer Wegwerfartikel schaffen. Wie hoch ihr Anteil an den öffentlichen Abfallbehältern auf den Straßen und Parks ist, will der VKU wiederum in einer deutschlandweiten Untersuchung ermitteln.

Menge nimmt zu

VKU-Präsident Michael Ebling: „Die Kosten der Stadtreinigung werden bisher über Straßenreinigungsgebühren und die kommunalen Haushalte finanziert. Hier brauchen wir mehr Verursachungsgerechtigkeit. Dank der neuen Vorgaben aus Europa müssen sich die Hersteller bald an den Folgen ihrer umweltschädigenden Ex-und-Hopp-Geschäftsmodelle finanziell beteiligen. Außerdem entstehen so für alle Akteure neue Anreize für abfallarme Alternativen umzusteigen.“

Die VKU-Mitgliedsunternehmen beobachten, dass die Menge der Einweg-Verpackungen zunimmt. Bei der Abfallentsorgung sollen die Kommunen entlastet werden. Die Hersteller von Fast-Food-Verpackungen, Getränkebechern, leichten Kunststofftragetaschen und Zigarettenfiltern sollen sowohl die Kosten für die öffentliche Sammlung dieser Produkte als auch anteilsmäßig die Kosten für die Bereitstellung der Abfallbehälter und die Entsorgung tragen. Die Höhe der Finanzierungsbeiträge müsse sich unter anderem am Aufwand für Reinigung und Entsorgung bemessen. Ebling: „Das zu berechnen, ist komplex. Wir starten daher mit einer deutschlandweiten, breit angelegten Untersuchung. Dabei ermitteln wir, welche Abfälle sich in Abfallbehältern und auf der Straße befinden und wie hoch der Anteil an Einweg-Produkten ist. Mithilfe dieser Daten kann sich auch der Gesetzgeber ein realistisches Bild vom ökonomischen Aufwand verschaffen. Die Herstellerverantwortung auf den Bereich der Stadtsauberkeit auszuweiten, ist ein notwendiger Paradigmenwechsel, den der VKU begrüßt.“

Angaben zu Bioplastik irreführend

BMU und VKU warnen zudem vor vermeintlich biologisch abbaubaren Verpackungen. Viele Hersteller würden ihre Produkte oder Verpackungen als „Bioplastik“ oder „kompostierbar“ labeln und suggerieren, dass diese biologisch abbaubar seien wie Äpfel. Viele Menschen entsorgten diese dann im Bioabfall. Produkte aus Bioplastik seien häufig eine Mogelpackung. Sie verrotteten weder in der Biotonne noch in den Kompostieranlagen und schon gar nicht in der Umwelt. Am Ende müssten sie sogar über den Restmüll entsorgt werden. In der EU setzt sich Deutschland dafür ein, dass nur Kunststoffe, die hundertprozentig biologisch abgebaut werden, auch als solche bezeichnet werden dürfen.

Ebling: „Die Angaben zu angeblichem ‚Bioplastik’ sind oft hochgradig irreführend: Die meisten der Produkte sind weder recycelbar noch richtig kompostierbar. Dennoch landen viele davon im Bioabfall, was wiederum den Nutzen der Bioabfallsammlung gefährdet. Es ist gut, dass das Bundesumweltministerium Schritte unternimmt, um hier mehr Transparenz zu schaffen, etwa mit der Unterstützung der Kampagne ‚Aktion Biotonne Deutschland‘.“ Bioabfälle sollten dagegen unbedingt in der Biotonne entsorgt werden, damit die Kommunen sie zur Kompost- und Energiegewinnung nutzen können.

Ein fehlleitendes Signal

Die AGVU hält die Ausweitung der bestehenden Herstellerverantwortung auf den Aufwand der öffentlichen Reinigung für ein fehlleitendes Signal. Carl Dominik Klepper, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V., unterstreicht: „Der Bürger darf nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden, verfügbare Abfallsammelbehälter zu nutzen. Es ist weder gerecht noch zielführend, wenn den Bürgern auf einmal signalisiert wird, dass die Hersteller für ein Liegenlassen von gebrauchten Verpackungen in Straßen und Parks aufkommen werden. Verbrauchersensibilisierung geht anders.“

Wichtig sei, dass die Kommunen den Bürger intensiver aufklären, sodass Abfälle gar nicht erst in der Landschaft landen. Dafür würden die dualen Systeme den Kommunen seit Jahrzehnten jährlich circa 21 Millionen Euro an sogenannten kommunalen Nebenentgelten zahlen, deren Zweckentfremdung dringend entgegenzutreten sei. Zudem sei grundsätzlich anzuerkennen, dass die Hersteller mit enormem Finanzeinsatz ein aufwändiges Rücknahme- und Verwertungssystem für Verpackungen aus privaten Haushalten betreiben, das auch ökologisch immer erfolgreicher werde. Bereits heute zahlten die Hersteller für das Recycling jeder einzelnen in Verkehr gebrachten Verpackung. Das Littering-Problem in der Öffentlichkeit löse die Politik nicht mit neuen Hersteller-Abgaben, sondern nur, indem sie die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht nimmt. Die AGVU fordert eine unabhängige Erhebung zu den Anteilen von Einweg-Produkten und -Verpackungen in der öffentlichen Stadtreinigung. Erwartet wird zudem, dass die kommunalen Gebühren für die Straßenreinigung zukünftig sinken. Eine Doppelbelastung durch Herstellerabgaben einerseits und Abfallgebühren andererseits für dieselbe Aufgabe sei nicht akzeptabel.

(EU-Recycling 09/2019, Seite 4, Foto: Hans Braxmeier / Pixabay)

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