Recycling von feinkörnigem Bauschutt – Fraunhofer-Projekt „BauCycle“ abgeschlossen

Die Thematik ist aber noch lange nicht ausgeschöpft: Auch künftig werden die Wissenschaftler an der Funktionalisierung von zementfreien Baustoffen sowie der Erhöhung des Rezyklatanteils bei der Herstellung von Porenbeton und an innovativen Bauprodukten arbeiten.

Durch den Abriss von Gebäuden fallen jährlich circa 54 Millionen Tonnen an Bauschutt an. Bei dessen mechanischer Aufbereitung entstehen rund fünf Millionen Tonnen an Feinfraktionen, die kleiner als zwei Millimeter sind. Aufgrund deren heterogener Zusammensetzung wird diese Menge nahezu ausnahmslos deponiert. Dieses Vorgehen besteht bis heute. Gleichzeitig sind die Ressourcen der heimischen Steinbrüche bereits nahezu erschöpft und neue Abbauflächen knapp. Ziel des Fraunhofer-Projekts „BauCycle“ war es, durch eine ganzheitliche Recyclingstrategie ein nachhaltigeres Bauen zu ermöglichen. Die Wissenschaftler testeten dabei neue Methoden zur Sortierung von Bauschutt, prüften Anwendungsoptionen und entwickelten ein Produkt aus dem recycelten Material. Nach dem erfolgreichen Projektabschluss wurde „BauCycle“ von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB e.V. zum Sieger in der Kategorie „Forschung“ gekürt.

Bauproduktmuster und Rezepturen

Optical Computing zum Sortieren der Bauschuttfeinfraktion (Foto: Fraunhofer IML)

Zunächst beschäftigte sich das Projektteam mit der Entwicklung eines Verfahrens zur optischen Sortierung von Bauschutt, um dessen Hauptbestandteile Beton, Ziegel, Kalksandstein und Gips voneinander zu trennen. Dabei wurde die mineralische Zusammensetzung des Bauschutts mittels einer Hyperspektralkamera spektroskopisch nach chemischen Kriterien analysiert und als Sortierparameter genutzt. In den jeweiligen Stoffgruppen konnte eine Reinheit von 99,5 Prozent erzielt werden.

Parallel dazu arbeiteten die Wissenschaftler an Bauproduktmustern und -rezepturen, zum Beispiel für Porenbetonsteine, bei denen 30 Massen-Prozent des Primärrohstoffs Sand durch das gewonnene, feinkörnige Bauschuttmaterial ersetzt werden konnten. Auch zementfreie Baustoffe erstellte das Team auf Basis von Bauschutt. Sie entwickelten einen Akustikputz mit 60 Massen-Prozent Rezyklat-Anteil für die Innenanwendungen, der eine vergleichbare akustische Qualität wie die marktüblichen Produkte aufweist. Die entwickelten Produktmuster wurden einer orientierenden Nachhaltigkeitsbewertung unterzogen und waren im Januar auf der Messe Bau 2019 in München zu sehen. Im letzten Schritt des Projekts fertigte die Forschergruppe einen Demonstrator für eine Marktplattform an, über die Bauschuttfraktionen gehandelt werden können und in welcher verschiedene Quellen und Senken von Primär- und Sekundärrohstoffen intelligent vernetzt sind.

Anschlussprojekte – weitere Verwertungswege

Porenbeton aus Ziegel (hinten), Porenbeton aus Kalksandstein (vorne) – Foto: Fraunhofer IBP

Mit Abschluss des Projekts ist die Thematik aber noch lange nicht ausgeschöpft. Auch künftig werden die Wissenschaftler – basierend auf den Ergebnissen des „BauCycle“-Projekts – an der Funktionalisierung von zementfreien Baustoffen sowie der Erhöhung des Rezyklat-Anteils bei der Herstellung von Porenbeton und an innovativen Bauprodukten arbeiten. Außerdem forschen sie weiterhin an der Herstellung von zementfreien und korrosionsbeständigen Bauprodukten. Zudem sollen weitere potentielle Verwertungswege für die Bauschutt-Feinfraktionen gefunden werden. Die Forscher wollen auch zukünftig die sensorbasierten Sortiersystemen optimieren, um beispielsweise Inspektionsaufgaben abseits der Bauschuttthematik erfolgreich umzusetzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung, Nutzung und Fusion problemspezifischer Spektralbereiche sowie der Anwendung von sogenanntem „Hyperspectral Imaging“ für eine materialerkennende Bildverarbeitung. Darüber hinaus setzen die Fraunhofer-Mitarbeiter die entwickelten Methoden zur Simulation volatiler Stoffstromnetzwerke ein. Die Grundlagen der Marktplattform sollen Kunden aus verschiedenen Bereichen in vorwärts- und rückwärts-gerichteten Wertschöpfungsketten maßgeschneiderte Lösungen zur Effizienzsteigerung in der Logistik für eine echte Kreislaufwirtschaft anbieten.

Das Projekt wurde im Rahmen des Fraunhofer-internen Programms zur marktorientierten Vorlaufforschung „MAVO“ gefördert.

www.ibp.fraunhofer.de

(EU-Recycling 09/2019, Seite 34, Foto: Fraunhofer Umsicht)