Druckluftcontainer mit drehzahlgeregelten Kompressoren von Atlas Copco
Seit gut einem Jahr versorgen drei drehzahlgeregelte Schraubenkompressoren von Atlas Copco die Wertstoffsortieranlage der Böhme GmbH in Neukühschwitz bei Rehau mit Druckluft. Aufgrund der rauen Umgebungsbedingungen entschied man sich dort für eine Containerlösung. Sie schützt die Maschinen, minimiert Ausfallzeiten und stellt die benötigte Druckluftqualität sicher.
Dass das Thema Recycling für Stefan Böhme mehr als ein Job ist, bemerkt der Besucher bereits, bevor er dessen Unternehmen mit 115 Mitarbeitern im oberfränkischen Rehau betritt. Ein Steg führt über einen kleinen Teich bis zum Eingang des Bürogebäudes. Die Bohlen sehen zwar aus wie Holz, sind aber aus Recyclingkunststoff gefertigt. „Die Paneele stellt ein Unternehmen in Hessen aus unserer Mischkunststoff-Fraktion her“, berichtet der Betreiber der zweitgrößten und im letzten Jahr erweiterten Wertstoffsortieranlage Bayerns stolz: „Auch für Bootsstege ist das Material aufgrund seiner Haltbarkeit sehr gefragt.“
Mit steigendem Automatisierungsgrad ist auch der Druckluftbedarf bei Böhme stetig gestiegen. Ende 2017 kamen die vier vorhandenen Kompressoren, die in einem offenen Container untergebracht waren, endgültig an ihre Grenzen. „Wir wollten mal wieder neue Aggregate in die Sortieranlage einbinden. Dabei stellte sich die Frage nach einer passenden Druckluftversorgung“, berichtet Lars Hillebrand, Assistent der Geschäftsführung und für den Aufbau der neuen Druckluftstation verantwortlich. „Unsere Kompressoren waren schon sehr verschlissen und liefen am Limit. Redundanz hatten wir keine, sodass wir die Produktion bei Störungen nur noch teilweise aufrechterhalten konnten.“
Der ausschlaggebende Punkt
Auf der Suche nach möglichen Lösungen und Herstellern stieß Hillebrand auf die Kompressoren von Atlas Copco. „Der Zeitplan für die Umsetzung war ambitioniert“, erinnert sich Sevket Suzan, technischer Berater bei Atlas Copco. „Schon im April 2018 sollte die Anlage von der neuen Druckluftstation versorgt werden.“ Da war es hilfreich, dass das Institut für Energie und Umwelt (BFE) parallel bereits eine Druckluftverbrauchsmessung vorgenommen hatte.
„Nach der Erweiterung der Sortieranlage wurde ein Druckluftbedarf von 28 Kubikmetern pro Minute bei einem Betriebsüberdruck zwischen 7 und 8 bar erwartet“, erklärt Suzan. „Daraufhin schlugen wir eine Anlage mit drei Kompressoren vor, die jederzeit 30 Kubikmeter pro Minute liefern kann – auch wenn eine der Maschinen ausfällt.“ Wegen der hohen Bedarfsschwankungen fiel die Wahl auf den Einsatz drehzahlgeregelter Kompressoren. „So können wir exakt die Druckluftmenge erzeugen, die in der Sortieranlage benötigt wird“, begründet Hillebrand die Entscheidung. „Das war dann auch der ausschlaggebende Punkt, der uns vom Atlas-Copco-Konzept und den energetischen Vorteilen der Kompressoren überzeugt hat.“
Bei den drei Maschinen der neuen Druckluftstation handelt es sich um öleingespritzte Schraubenkompressoren vom Typ GA 75 VSD+, wovon einer als Redundanz dient. „Trotz der Reservemaschine können wir damit einen Grundlastwechsel generieren, weil die drei Maschinen gleich groß sind. Auf diese Weise lasten wir sie gleichmäßig aus“, erläutert Suzan. Die GA-VSD+-Kompressoren sind mit einer Drehzahlregelung der neuesten Generation und besonders energiesparenden Permanentmagnetmotoren ausgestattet. Mit ihnen lassen sich im Vergleich zu einer schlecht ausgelasteten Drucklufterzeugung mit Last-Leerlauf-Regelung Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent erzielen. Im Vergleich zur Vorgängergeneration sind die Maschinen noch einmal um neun Prozent effizienter.
„Bayerisch-Sibirien“ stellt hohe Anforderungen
Die erzeugte Druckluft gelangt in eine Sammelleitung und durchläuft mehrere Aufbereitungsstufen. Wegen der extrem kalten Winter lag ein besonderes Augenmerk auf der Drucklufttrocknung. „In der warmen Jahreszeit erzeugen wir kältegetrocknete Druckluft mit einem Taupunkt von drei Grad Celsius“, sagt Hillebrand. „In den Wintermonaten ist diese Gegend hier jedoch als Bayerisch-Sibirien bekannt, und da wir Außenleitungen haben, besteht immer die Gefahr, dass Wasser kondensiert. Um dem vorzubeugen, haben wir zwei Adsorptionstrockner mit im Konzept.“ Die Druckluft durchläuft dann sowohl den drehzahlgeregelten Kältetrockner vom Typ FD 760 VSD als auch einen warmregenerierenden Adsorptionstrockner BD 550+ von Atlas Copco. Sie enthält dadurch deutlich weniger Feuchtigkeit: In dem Fall liegt der Drucktaupunkt bei minus 40 Grad Celsius.
Flexible Kombination
„Wir haben das System so aufgebaut, dass wir Kompressoren und Trockner flexibel miteinander kombinieren können und so für alle Fälle gerüstet sind“, beschreibt Suzan die Lösung. „Dafür steht uns zur Sicherheit auch noch ein kaltregenerierender Trockner vom Typ CD 550+ zur Verfügung. Der würde zum Zuge kommen, wenn in den Wintermonaten der warmregenerierende Trockner ausfällt. Wird der Kältetrockner gewartet, können wir auch nur über den Adsorptionstrockner fahren.“
Beim warmregenerierenden Adsorptionstrockner handelt es sich um ein Gerät in der Ausführung „Zero Purge“. Das heißt, der Regenerationsprozess des Trockenmittels kommt komplett ohne Spülluft aus. „Wir eliminieren die Feuchtigkeit mittels Zusatzheizung aus dem Trockenbett“, erläutert Suzan das Prinzip. „Denn die elektrische Heizung ist hier effizienter als die Erzeugung von Spülluft über die Kompressoren. Beim kaltregenerierenden Trockner liegt der Spülluftbedarf je nach Temperatur und Volumenstrom bei 15 bis 30 Prozent der Kompressorleistung.“
Neue Optimizer-4.0-Steuerung
Neben den Trocknern umfasst die Druckluftaufbereitung zwei UD+-Filter von Atlas Copco, die Allzweck- und Hochleistungsfilter kombinieren, sowie zwei Staubfilter, die den Adsorptionstrocknern nachgeschaltet sind. Koordiniert wird die komplette Drucklufterzeugung über die neue Optimizer-4.0-Steuerung von Atlas Copco. „Wir können hier ein sehr enges Druckband von plus/minus 0,1 bar fahren, auch weil wir für das Konzept drehzahlgeregelte Maschinen ausgewählt haben“, erläutert Suzan. „Außerdem ist es ein Alleinstellungsmerkmal von Atlas Copco, dass wir den drehzahlgeregelten Kompressoren im Verbund nicht nur ein Anforderungssignal weitergeben und die Regelung der Maschine überlassen, sondern über den Optimizer 4.0 ganz klar vorgeben, mit welcher Drehzahl der Kompressor fahren soll. Damit stellen wir beim gleichzeitigen Betrieb der drehzahlgeregelten Maschinen sicher, dass diese im effizienten Bereich arbeiten.“
Die Druckluftstation ist in zwei parallel verbundenen 40-Fuß-High-Cube-Containern untergebracht. Drinnen herrscht eine fast hermetische Atmosphäre, da die benötigte Außenluft über Filtermatten gereinigt wird. „Der Container ist die beste Lösung, die wir hier umsetzen konnten“, betont Hillebrand. „Die Aggregate stehen sauber und trocken, und bei Bedarf kann ich die komplette Station verlegen. Wir haben hier eine hohe Staubbelastung, viel Dreck und Feuchtigkeit. Das ist natürlich Gift für die Maschinen.“
Visualisierung und Monitoring
Über den Optimizer 4.0 und die Software Smartview von Atlas Copco wird die Druckluftanlage visualisiert und die erzeugte Druckluftmenge dokumentiert. Im Gegensatz zum internetbasierten Datenüberwachungs-Service Smartlink des Herstellers müssen die Daten dafür das Unternehmen nicht verlassen. Sie werden allerdings auch nicht von den Druckluftexperten von Atlas Copco aufbereitet, sondern müssen intern analysiert und ausgewertet werden. „Aktuell sind wir dabei, die kompletten Verbrauchsdaten unserer Sortieranlage inklusive Druckluft zusammenzuführen“, berichtet Tamara Munzert, die bei Böhme für Energiemanagement, IT und Marketing zuständig ist. „Die notwendigen Messgeräte sind bereits eingebaut, sodass wir dann den Energieverbrauch bis zum kleinsten Gerät nachweisen können. Das ist die Voraussetzung für unser Energieaudit gemäß EN 16247.“
BAFA förderte die Druckluftstation
Der Einsatz der GA-VSD+-Kompressoren hat sich für Böhme in doppelter Hinsicht gelohnt. Zum einen ist der Stromverbrauch merklich gesunken; zum anderen wurden Maschinen, Steuerung und Installation der Anlage mit 30 Prozent vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert. „Zum Stromverbrauch haben wir zwar noch keinen Langzeitwert, aber der wird sich durch die drehzahlgeregelten Maschinen definitiv verbessern“, ist sich Hillebrand sicher.
Bei der Investition sei es aber nicht nur um Energieeffizienz gegangen, sondern vor allem um Zuverlässigkeit und einen störungsfreien Betrieb. „Durch die volle Redundanz haben wir nun keine Ausfallzeiten mehr, die auf die Druckluft zurückzuführen wären“, zieht Hillebrand Bilanz. „Und die saubere Containerlösung hat darüber hinaus den Wartungsaufwand minimiert.“ Als nächster Schritt steht nun die Installation einer Wärmerückgewinnung für die Druckluftstation und ihre Einbindung ins bestehende Heizungssystem an.
www.atlascopco-kompressoren.de, www.entsorgen.de
(EU-Recycling 09/2019, Seite 42, Foto: Böhme GmbH)